Personen verschiedener Gruppen liegen zusammen auf dem Boden (Foto: picture alliance / Zoonar | benis arapovic)

Für wen künstliche Befruchtung möglich ist

Isabel Schaefer   30.05.2022 | 16:37 Uhr

Was gilt für Paare und Singles, was für Männer und Frauen, und ist eine künstliche Befruchtung auch für so genannte Co-Eltern möglich? Ein Überblick.


Frauen-Paare

Für Frauen-Paare führt der Weg zum Wunschkind oftmals über eine heterologe Insemination, das heißt die Eizelle einer der Partnerinnen wird mit einem Spendersamen künstlich befruchtet. Die erste Frage, die sich Frauen-Paare also stellen müssen, ist: Privatspender oder Samenbank?

Der Spendersamen kann von einem Spender aus dem sozialen Umfeld der zukünftigen Eltern kommen. Einen privaten Spender kann man auch über Samenspenderportale im Internet finden. Alternativ kann das Paar auf eine Samenbank im In- und Ausland zurückgreifen.

Ein Vorteil dieser Methode ist, dass der Samen aufbereitet und auf Krankheiten untersucht wurde. Ein Nachteil sind z. B. die hohen Kosten. Wichtig ist es auch, die rechtlichen Unterschiede zu kennen:

  • Mutter im biologischen wie im rechtlichen Sinn ist zunächst immer nur die Frau, die das Kind austrägt. Die Co-Mutter muss das Kind erst im Rahmen einer Stiefkindadoption adoptieren, um ebenfalls Mutter im Rechtssinn zu werden. Der Prozess kann mehrere Jahre dauern und wird durch ein Jugendamt geprüft und durchgeführt.

  • Ein privater Samenspender muss in die Stiefkindadoption einwilligen. Erst dann ist für die beiden Mütter die Rechtslage geklärt. Schon vor der Befruchtung kann der Samenspender eine vom Notar beurkundete Erklärung abgeben, dass er dies vorhat. Die Gefahr besteht trotzdem, dass er es sich noch einmal anders überlegt, solange die Stiefkindadoption noch nicht durch ist.

  • Bei einer Samenbank ist die rechtliche Lage von Anfang an geklärt: Ein Samenspender, der seinen Samen einer Samenbank zur Verfügung stellt, verzichtet umfassend auf seine Vaterschaftsrechte. Auch bei der Stiefkindadoption ist die Mitwirkung des Spenders von der Samenbank deshalb nicht erforderlich.

  • Es gibt in Deutschland das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Das heißt ein Kind, das durch eine Samenspende entstanden ist, hat ab dem 16. Lebensjahr das Recht, seinen Erzeuger zu kontaktieren. Deutsche Kinderwunschpraxen dürfen auch nur mit ausländischen Samenbanken zusammenarbeiten, bei denen garantiert wird, dass die Daten des Spenders übermittelt werden.

Wenn das Frauen-Paar sich für einen Spendersamen entschieden hat, stellt sich die zweite Frage: Eigen-Insemination (Bechermethode) oder künstliche Befruchtung?

Bei einem privaten Samenspender wird meist die Bechermethode genommen. Der Spendersamen wird in einem Behältnis (z. B. Urinbecher) gesammelt und dann mit einer nadellosen Spritze, Menstruationstasse o.ä. in die Scheide eingeführt. Eine Eigen-Semination geht auch mit Spendersamen, wenn die Samenbank bereit ist, den Samen nach Hause zu den Frauen zu schicken.

Das Frauen-Paar kann die Insemination auch in einem deutschen Kinderwunschzentrum von Ärztinnen und Ärzten durchführen lassen. Im Saarland ist das IVF Saar das größte auf künstliche Befruchtung spezialisierte Zentrum.

Noch vor wenigen Jahren mussten Frauen-Paare für die Insemination ins Ausland fahren. Mittlerweile können sie, genau wie heterosexuelle Paare auch, eine Befruchtung innerhalb des Körpers (zum Beispiel die intrauterine Insemination – IUI) oder außerhalb des Körpers (Befruchtung "im Reagenzglas", IVF oder ICSI) machen lassen (zu den Methoden).

Es ist in Deutschland übrigens nicht erlaubt, der einen Partnerin eine Eizelle zu entnehmen, die dann der anderen Partnerin mit Spendersamen befruchtet eingesetzt wird.

Eine große Ungleichbehandlung gibt es beim Thema Kosten.


Männer-Paare

Wollen Männer-Paare leibliche Kinder bekommen, brauchen sie eine Eizellenspende und eine Leihmutter, die das Kind austrägt. Beides ist in Deutschland verboten. Also müssen sie dafür ins Ausland.

Die gesetzliche Lage in Bezug auf die Leihmutterschaft ist in vielen Ländern nicht vollständig geklärt und ändert sich ständig. Für gleichgeschlechtliche Paare ist die Leihmutterschaft in vielen Ländern außerdem nicht möglich, während sie für heterosexuelle Paare erlaubt ist.

Alternative Wege für Männer-Paare, Eltern zu werden, sind die Aufnahme von Pflegekindern, die Adoption im In- und Ausland sowie die Mehrelternschaft (Co-Parenting) zusammen mit heterosexuellen oder lesbischen Frauen.

Marco und Philipp Groß beispielsweise haben sich für eine Adoption entschieden. Sie warten darauf, dass sie ihre Eignungsprüfung machen können.


Single-Frauen

Die Zahl der sogenannten „Solo-Mamas“ oder „Single Moms by choice“ steigt auch in Deutschland. Nachdem Single-Frauen früher oft den Weg ins Ausland wählen mussten, hat der Gesetzgeber nunmehr die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von Spendersamen auch für Single Frauen geschaffen. Trotz der rechtlichen Klarstellung zögern immer noch viele Kinderwunsch-Kliniken, Single-Frauen zu behandeln, so zum Beispiel auch das IVF Saar.

Frauen, die sich entschieden haben, alleine ein Kind zu bekommen, haben grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten wie Frauen-Paare. Sie können sich entweder für einen privaten Spender oder eine Samenbank entscheiden. Sie können eine Insemination selber durchführen oder sich für eine künstliche Befruchtung in einem Kinderwunsch-Zentrum entscheiden.

Beim Vertragsabschluss mit einer Klinik wird eine sogenannte Garantieperson benötigt, die den Behandlungsvertrag gemeinsam mit der Solo-Mama unterzeichnet. Hier will sich die Klinik absichern, dass, falls der schlimmste Fall eintreten sollte und die Mutter während der Geburt verstirbt, die Betreuung des Kindes sichergestellt ist.

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Single-Frauen mit Kinderwunsch nicht. Außerdem zahlen die Jugendämter ihnen keinen Unterhaltsvorschuss, wenn der Erzeuger eines Kindes ein unbekannter Spender ist (wenn die Schwangerschaft durch einen One-Night-Stand entstanden ist, wird allerdings Unterhaltsvorschuss gezahlt).

Seit 2013 gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem entschieden wurde, dass Kindern aus anonymer Samenspende kein Unterhaltsvorschuss zusteht.


Single-Männer

​​​​Single-Männer können sich ein Kind ebenso sehr herbeisehnen wie eine Single-Frau. Single-Frauen haben aber mehr Möglichkeiten in Deutschland. Sie können zur Samenbank gehen und sich für eine künstliche Befruchtung entscheiden. Doch was kann ein Single-Mann tun, der gerne Vater werden würde?

Wenn er über die finanziellen Mittel verfügt, kann ein Single-Mann, genauso wie Männer-Paare, den Weg der Leihmutterschaft gehen. Auch eine Adoption oder Pflegschaft ist für Single-Männer möglich, egal welche sexuelle Orientierung sie haben. Jedoch handelt es sich dabei um langwierige Prozesse.

Die Ämter wollen sichergehen, dass sie das Kind in einen für es passenden Haushalt vermitteln. Als alleinstehender Mann (wie auch als alleinstehende Frau) hat man im Adoptionsverfahren meist schlechtere Karten. Zwei Menschen sind, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, leichter dazu in der Lage, zeitlich wie auch finanziell für ein Kind zu sorgen.

Die leiblichen Eltern des Kindes haben bei der Vermittlung des Kindes außerdem ein Mitspracherecht. Sie können Wünsche angeben, in welche Art von Haushalt ihr Kind vermittelt werden darf. Sie können Alleinerziehende ausschließen.


Co-Elternschaft

Im Rahmen einer Co-Elternschaft stehen die Chancen besser: Ein (homo- oder heterosexueller) Single-Mann kann sich mit einer (homo- oder heterosexuellen) Single-Frau zusammentun und ohne romantische Beziehung eine Familie gründen.

Single-Männer und -Frauen können sich über Co-Parenting-Vereine kennenlernen und zusammenfinden. Wie weit die Co-Elternschaft geht, ob die Eltern z. B. zusammen wohnen wollen, ist individuell bzw. hängt vom Paar ab.


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