Keine Ermittlungen gegen Staatsanwalt wegen Asservatenvernichtung

Keine Ermittlungen gegen Staatsanwalt wegen Asservatenvernichtung

mit Informationen von Oliver Buchholz   01.02.2024 | 13:17 Uhr

Die umstrittene Vernichtung möglicher Beweismittel im Missbrauchsfall Dillinger wird für den damals zuständigen Staatsanwalt kein juristisches Nachspiel haben. Er hatte zuvor aber bereits persönliche Konsequenzen gezogen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken wird keine Ermittlungen gegen den Staatsanwalt einleiten, der im Sommer 2023 die Vernichtung von Kalendern, Briefen und Fotos des verstorbenen Priesters Edmund Dillinger angeordnet hat. Das teilte die Behörde am Donnerstag mit.

Man habe das Vorgehen mit Blick auf den Verdacht der Rechtsbeugung, der Sachbeschädigung, des Verwahrungsbruchs und der Urkundenunterdrückung untersucht und keinen Anfangsverdacht feststellen können.

Neffe hat Vernichtung nach eigener Aussage nicht zugestimmt

Die Generalstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Neffe Dillingers der Vernichtung telefonisch zugestimmt hat. Der Neffe hat auf SR-Anfrage allerdings noch einmal bekräftigt, dem nicht zugestimmt zu haben.

Außerdem hatte auch die Aufarbeitungskommission im Bistum Trier Briefe, Tagebücher, Fotos und Kalender einsehen wollen - aber auch hier sei die Vernichtung strafrechtlich nicht relevant, so die Generalstaatsanwaltschaft. Die Aufarbeitungskommission wollte aufklären, ob es noch unbekannte sexuelle Übergriffe im Umfeld des Priesters Edmund Dillinger gebe.

Vorermittlungen gegen Polizisten laufen noch

Der Staatsanwalt hatte bereits im Sommer Konsequenzen gezogen und wird auf eigenen Wunsch nicht mehr für Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch und Jugendschutz eingesetzt. Gegen den zuständigen Ermittlungsführer der Polizei laufen bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken noch die Vorermittlungen. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Nach der Vernichtung im Sommer 2023, die für viel Aufsehen gesorgt hatte, wurde der Umgang mit Asservaten überarbeitet. Die Vernichtung ist inzwischen nur mit einem schriftlichen Einverständnis der Besitzer beziehungsweise deren Nachfahren erlaubt.

Über dieses Thema hat auch die SR 3-Rundschau am 01.02.2024 berichtet.


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