Das Festival "Primeurs" 2011

  13.03.2012 | 16:39 Uhr

Das Festival "Primeurs" 2011

"Primeurs", das dreitägige Festival frankophoner Gegenwartsdramatik, fand vom 17. bis 19. November an verschiedenen Spielstätten in Saarbrücken statt. Hier finden Sie den SR2.de-Rückblick mit Bildern, Audios und Videos.

(19.11.2011) Bereits zum fünften Mal hat das Saarbrücker Festival PRIMEURS anregende Begegnungen mit jungen frankophonen Dramatikern und ihren Werken geboten.

SR 2 KulturRadio als Kooperationspartner

Bei "Primeurs – dem Festival frankophoner Gegenwrtsdramatik" handelt es sich um eine Kooperation von Saarländischem Staatstheater (SST), Le Carreau – Scène nationale de Forbach et de l’est mosellan, dem Institut Français und SR 2 KulturRadio. Mit freundlicher Unterstützung der Vertretung der Regierung von Québec.

Die Begründung der Publikumsjury 2011

Der Primeurs-Autorenpreis 2011 ging an Gustave Akakpo für seinen Text "Stein für Steinchen // À petites pierres".

Die Entscheidung für Gustave Akakpo fiel nach einer sehr kontroversen Diskussion innerhalb der Publikumsjury. Zwei weitere Stücke, die die Mitglieder der Jury überaus beeindruckt hatten, waren ebenfalls in der engeren Auswahl - so fiel die Wahl nicht leicht. Schließlich aber einigte man sich aus folgenden Gründen auf "Stein für Steinchen":

    Das Stück konfrontiert den Zuschauer mit einer ihm fremden Welt und Kultur. Der Autor zeigt uns am Beispiel des Schicksals eines jungen Mädchens die Problematik althergebrachter Traditionen auf. Die Dorfältesten – und unter ihnen sogar der Vater des jungen Mädchens – beschließen, das Mädchen zu steinigen, nachdem es sich mit einem Fremden eingelassen hat, obwohl es schon lange einem anderen Mann versprochen ist. Im Sinne des Patriarchats und der Tradition gilt zunächst allein das Mädchen für schuldig und nicht der Verführer. Die einzige Vergeltung ist die öffentliche Steinigung des Mädchens. Ziel ist die Rettung der Ehre des Mannes, in diesem Fall des Vaters und des zurückgestoßenen Verlobten.

Wie verkrustet diese Traditionen sind und welch große Angst vor Eingriffen von außen besteht, sieht man daran, dass die Steinigung rasch vor dem Eintreffen des großen Religionschefs erfolgen soll. Diese Einstellung und das Verhalten der Väter sind unserer europäischen Welt fremd und überaus brutal.

Der Autor hinterfragt festgefahrene Traditionen nicht nur durch die Präsentation dieses Geschehens, sondern auch durch die Ironisierung in Sprache und Handlung. Letztere erinnern an die Techniken Molières, mit der dieser dem Zuschauer einen Spiegel vorhielt. Wortspiele, Situationskomik einschließlich eines "Quiproquo" (Verwechslungsspiels?) amüsieren den Zuschauer, lassen ihn trotz der Dramatik zwischendurch lachen und somit aufatmen. Die poetische Sprache spricht den Zuschauer an und macht ihn an manchen Stellen zudem mit der afrikanischen Denkweise vertraut.

Wenngleich es sich hier um ein Ereignis fern ab von unserer Welt handelt, so lassen sich dennoch Parallelen zu unserer Welt ziehen. Vorurteile, verfestigte Einstellungen haben auch bei uns zum Teil unvorstellbare und brutale Reaktionen zur Folge.

Rita Beyer, 22. November 2011

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