Pfarrer Edmund Dillinger (Foto: privat)

Beweismaterial im Fall Dillinger vernichtet: Generalstaatsanwalt räumt Fehler ein

mit Informationen von Patrick Wiermer und Oliver Buchholz   14.07.2023 | 14:56 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat umfangreiche Beweismittel im Missbrauchsfall rund um den Priester Edmund Dillinger voreilig vernichtet. Während das Innenministerium bereits eine Untersuchung des Vorfalls angekündigt hat, hat sich der Generalstaatsanwalt mittlerweile entschuldigt.

Im Fall des inzwischen verstorbenen Priesters, der jahrzehntelang vor allem Jungen sexuell missbraucht haben soll, hatte der Neffe des Mannes am Donnerstag schwere Vorwürfe erhoben. Beweismaterial rund um den Fall sei verbrannt worden. Die Staatsanwaltschaft hat am Freitag nun auf eine SR-Anfrage geantwortet - und die Vorwürfe bestätigt.

Video [aktueller bericht, 14.07.2023, Länge: 1:47 Min.]
Generalstaatsanwalt entschuldigt sich für verbrannte Beweismittel

"Dies war nicht die richtige Maßnahme"

Dabei geht es um Tausende Fotos, vor allem von Reisen, außerdem um persönliche Dokumente, wie Briefe und Terminkalender. Dieses Material sei am 5. Juli verbrannt worden, teilte die Staatsanwaltschaft dem SR mit. Ein Fehler, wie Generalstaatsanwalt Manfred Kost nun einräumt.

"Dies war im vorliegenden Fall nicht die richtige Maßnahme, weil zu prüfen gewesen wäre, ob die Unterlagen noch für Vorgänge außerhalb der Strafverfolgung mit Blick auf Opferschutzinteressen und kircheninterne Aufklärungen oder gar bei neuen Ermittlungsansätzen zur Verfügung stehen sollten, auch wenn sich aktuell keine Verdachtsmomente ableiten ließen", so Kost. Kurz: Die Staatsanwaltschaft war also mit der Vernichtung zu voreilig. Der Generalstaatsanwalt bedauere dieses Vorgehen und entschuldigte sich.

Beweismaterial im Fall Dillinger vernichtet: Staatsanwaltschaft räumt Fehler ein
Audio [SR 3, (c) Patrick Wiermer, 14.07.2023, Länge: 00:52 Min.]
Beweismaterial im Fall Dillinger vernichtet: Staatsanwaltschaft räumt Fehler ein

Jost will Untersuchung einleiten

Die Behörde betont aber, dass es sich bei den vernichteten Beweismitteln um Unterlagen handelte, die keine erkennbaren Hinweise zu Missbrauchstaten liefern. Nicht vernichtet wurden zudem die Fotos, die unter anderem nackte Jugendliche zeigen. Diese befinden sich weiterhin bei der Staatsanwaltschaft in Mainz.

Innenminister Reinhold Jost (SPD) hatte am Vormittag bereits angekündigt, eine Untersuchung des Vorfalls einzuleiten. Es gehe dabei um das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden und um die Interessen des Opferschutzes.

Ermittlungen gegen Neffen eingestellt

Unterdessen sind die Ermittlungen gegen den Neffen des Priesters hingegen nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mainz eingestellt worden. Gegen ihn war wegen Besitzes von jugendpornografischem Material ermittelt worden. Der Mann hatte Ende 2022 rund 4400 Fotos und Diareihen im Haus seines Onkels gefunden, diese aber erst im April herausgegeben.

Wie die Staatsanwaltschaft nun mitteilt seien auf den Bildern keine sexuellen Handlungen an oder vor Kindern und Jugendlichen zu sehen. Lediglich zehn Bilder würden zwar Jugendliche ganz oder teilweise nackt zeigen, die geringe Zahl und das Interesse des Neffen an Aufklärung hätten aber dennoch zu einer Einstellung der Ermittlung geführt.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 14.07.2023 berichtet.


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