Ein Kind mit Helm auf dem Fahrrad, Blick auf den Rücken (Foto: IMAGO / Panthermedia)

Wenn Eltern den Weg für Kinderfotos ins Darknet ebnen

Kai Forst   24.07.2023 | 11:34 Uhr

Längst ist bekannt, dass pädokriminelle Täter über Instagram und Co. Kinderfotos abgreifen und sie ins Darknet bringen. Dennoch posten viele Eltern weiter unbedacht Bilder - und ermöglichen so, dass die Fotos ihrer Kinder in pädophilen Foren landen.

Die Ferienzeit ist angebrochen: Das bedeutet Meer, Strände, Berge und jede Menge Urlaubsfotos. Viele Menschen teilen ihre Erinnerungen auch in den Sozialen Medien - nicht nur in der Urlaubszeit. Man will zeigen, was man hat und die Welt am eigenen Elternglück teilhaben lassen.

Häufig sind Eltern dabei aber sehr unachtsam und veröffentlichen auf Instagram und Co. Schnappschüsse ihrer Kinder. Daran, dass diese Bilder im verstärkten Fokus von pädophilen Tätern stehen, denken zunächst nur die wenigsten.

Facebook und Insta als Quelle für Pädokriminelle

Dabei ist es hinreichend belegt, dass sich Pädokriminelle massenhaft Aufnahmen aus privaten Social-Media-Kanälen aneignen, um sie anschließend in Foren im sogenannten Darknet hochzuladen. Das belegte schon eine umfassende Recherche von Panorama und STRG F aus dem Jahr 2021.

Demnach stammt allein auf einer der größten illegalen Foto-Plattformen für Pädosexuelle mindestens jedes vierte Bild ursprünglich von Facebook oder Instagram. Und einmal im Netz, sind die Fotos dort für immer verfügbar.

Privatsphäre von Kindern wird missachtet

Auch die saarländische Polizei warnt vor dem so genannten „Sharenting“ – eine Wortschöpfung aus dem englischen „share“ (teilen) und dem „Parenting“ (erziehen). Häufig würde beim Teilen von Bildern und Videos der eigenen Kinder in sozialen Netzwerken die Privatsphäre des Kindes missachtet.

„Sind Aufnahmen verschickt oder ins Profil hochgeladen, haben Eltern nicht mehr in der Hand, was mit den Dateien geschieht. Auch in geschlossenen Gruppen geteilte Bilder sind nicht sicher davor, durch Screenshots anderweitig verbreitet zu werden“, sagt Polizeisprecher Falk Hasenberg.

Bilder als Grundlage für computeranimierte Kinderpornografie

Besonders perfide: Offenbar werden die Kinderfotos häufig auch nachträglich von den Pädokrimininellen bearbeitet und für die Verbreitung pornografischer Inhalte missbraucht. Noch konkreter in diesem Zusammenhang wird Julia Kaiser von der Landesmedienanstalt des Saarlandes.

„Durch Kinderbilder, die im Netz frei verfügbar sind, werden Tatgelegenheiten für Hersteller computeranimierter Kinderpornografie geschaffen. Aufnahmen bekleideter Kinder können so umgestaltet werden, dass sie leicht bekleidete oder gar nackte Kinder abbilden. So werden auch vermeintlich harmlose Bilder sexualisiert oder in einen sexuellen Kontext gestellt.“

Auch Cybermobbing noch immer ein Problem

Doch Kaiser warnt nicht nur vor pädophilen Tätern. Auch Cybermobbing ist nach wie vor ein großes Problem unter Kindern und Jugendlichen. Denn Fotos und Videos – auch von Eltern gepostet – können schnell Gespött von Mitschülern verursachen.

„Cybermobbing endet nicht nach der Schule oder der Arbeit.  Posts sind nur schwer zu kontrollieren , sobald sie online sind.  Inhalte, die man längst vergessen hat, können immer wieder an die Öffentlichkeit gelangen und es Opfern erschweren, darüber hinwegzukommen“, so Kaiser.

"Das Elternglück wird zur Schau gestellt"

Die Frage bleibt: Warum stellen viele Eltern trotz der inzwischen bekannten Risiken und Gefahren ihre Kinder öffentlich zur Schau? Stefan Behr, Vorsitzender des Deutschen Kinderschutzbundes im Saarland, hat dazu eine klare Meinung. In den meisten Fällen handele es sich um Gedankenlosigkeit und Unwissen.

"Natürlich möchten die Eltern ihren Kindern nicht schaden oder die Attraktivität des eigenen Social-Media-Kanals bewusst über das Wohl ihrer Kinder stellen. Aber genau das geschieht leider. Kinder werden in Situationen dargestellt und vorgeführt, in denen man sich selbst niemals öffentlich zeigen würde", sagt Behr.

Was im Familienkreis "vertraut, süß und niedlich" erscheinen mag, sei aber deshalb noch keineswegs für die breite Öffentlichkeit geeignet – im Gegenteil. "Durch die Aufnahmen werden das eigene Elternglück und die unbeschwerten Seiten des Familienalltags zur Schau gestellt, ohne dabei die Perspektive und die Interessen der Kinder zu berücksichtigen.

Kinder haben Recht am eigenen Bild

Dabei haben Kinder – unabhängig vom Alter – eigene Persönlichkeitsrechte und damit auch ein Recht am eigenen Bild. Das heißt, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst darüber entscheiden darf, ob ein Bild von ihm veröffentlicht wird oder nicht.

„Deswegen ist ab dem 14. Lebensjahr die Einwilligung des betroffenen Kindes notwendig, bevor ein Bild oder Video geteilt bzw. veröffentlicht wird. Bei Kindern, die jünger als 14 Jahre alt sind, tragen die Erziehungsberechtigten alleine die Verantwortung, ob das Bild veröffentlicht werden darf oder nicht", erklärt Julia Kaiser von der Landesmedienanstalt.

Tipps der Polizei

Damit es aber erst gar nicht so weit kommen kann, sollten Eltern einige Tipps beherzigen, bevor sie Fotos ihrer Kinder preisgeben – und dadurch die Kontrolle darüber verlieren. Die Polizei rät:

  • Beziehen Sie Ihre Kinder mit ein.
  • Vermeiden Sie personenbezogene Daten des Kindes preiszugeben
  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Sicherheits- bzw. Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Online-Netzwerken und Messengern
  • Posten Sie keine Fotos von Kindern in peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situation
  • Überlegen Sie, ob es für die Bildaussage des Fotos zwingend notwendig ist, das Gesicht des Kindes zu zeigen
  • Nehmen Sie Ihre Vorbildfunktion wahr.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 24.07.2023 berichtet.


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