Eine obdachlose Person liegt mit Jacke und Decke vor einem leerstehenden Ladenlokal auf dem Gehweg (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Mehr Schutz für obdachlose Frauen: Saarland baut Hilfsangebote aus

  09.05.2025 | 16:34 Uhr

Im Saarland entstehen neue Hilfsangebote für wohnungslose Frauen – ein Ausbau, den die Landesregierung als dringend notwendig bezeichnet. Auch weitere Projekte zur Verbesserung der Wohnungslosenhilfe sind bereits in Planung.

Aktuell gibt es im Saarland 44 Notschlafplätze für obdachlose Menschen – 18 davon sind speziell für Frauen reserviert, so das Sozialministerium. Seit April 2024 seien mit der neu eingerichteten Frauen-Notschlafstelle ELLEFriede vier neue Plätze hinzu gekommen. In Merzig sei ein weiteres Angebot mit drei Übernachtungsplätzen geplant, das sich vorrangig an jüngere wohnungslose Frauen richte. Es soll im Laufe des Jahres eröffnet werden.

Diese Maßnahmen sind Teil eines umfassenderen 5-Punkte-Plans zur Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe, den das saarländische Sozialministerium 2023 vorgestellt hat. Im Fokus stehen dabei gezielte Angebote für besonders schutzbedürftige Gruppen – darunter alleinstehende Frauen und junge Betroffene.

ELLEFriede und TafF: Ein sicherer Raum – und mehr

Mit der Einrichtung von ELLEFriede und dem TafF (Tagesangebot für Frauen) wurde erstmals im Saarland ein speziell auf Frauen zugeschnittenes Schutzkonzept umgesetzt. Die Einrichtungen bieten mehr als nur einen Schlafplatz und sollen Schutzräume mit Perspektive bieten.

Neben einem sicheren Übernachtungsplatz geht es um Zugang zu Beratung, medizinischer Versorgung, psychosozialer Unterstützung – und letztlich darum, Betroffene schrittweise wieder in ein stabiles Lebensumfeld zu integrieren.

Ein Drittel der Betroffenen sind Ukrainerinnen

Erst seit 2022 werden obdach- und wohnungslose Frauen im Saarland statistisch erfasst. Zum Stichtag 31. Januar 2024 galten rund 1140 Frauen im Saarland als wohnungslos. Etwa ein Drittel von ihnen sind Geflüchtete aus der Ukraine, die trotz Schutzstatus keine eigene Wohnung gefunden haben. Im Vergleich: 2023 waren es 1255 Frauen, 2022 – im ersten Erhebungsjahr – nur 330. Damals war die Datenerhebung laut Bundesamt für Statistik noch mit Unsicherheiten behaftet.

Laut dem ersten Wohnungslosenbericht für das Saarland, der im November 2024 vorgestellt wurde, lebten zu diesem Zeitpunkt mindestens 113 Menschen ohne Unterkunft auf der Straße. Rund 272 galten als verdeckt wohnungslos – sie schliefen etwa bei Bekannten.

Was unterscheidet Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit

Wohnungslos = Oberbegriff: Kein fester Wohnsitz (inkl. Notunterkünfte, private Unterkünfte etc.)

Obdachlos = Extremform: Keine Unterkunft jeglicher Art (Straße, Notunterkünfte als letzte Option)

Landesregierung plant Housing-First-Projekt

Neben dem laufenden Ausbau der Schlafplatz-Kapazitäten plant das Sozialministerium weitere Schritte: Ein neues Modellprojekt nach dem „Housing-First“-Prinzip soll vor allem Frauen helfen. Dabei bekommen Betroffene zuerst eine Wohnung – andere Hilfen folgen später. Ein Digitalisierungsprojekt soll den Zugang zu Hilfsangeboten zusätzlich leichter machen.

Für wohnungslose Menschen mit psychischen Erkrankungen soll zudem das Projekt „WUPSY“ entstehen. Es bündelt medizinische Grundversorgung und richtet sich an alle Geschlechter.

Landesregierung will Angebote weiter verbessern

Die saarländische Landesregierung sieht im Ausbau der Hilfsangebote einen „wichtigen Schritt zum besseren Schutz wohnungsloser Frauen“. Doch sie betont auch: Nur im engen Zusammenspiel von Kommunen, Trägern, Fachkräften und Betroffenen lasse sich die Wohnungslosenhilfe zukunftsfähig gestalten. Der 2023 eingeführte Runde Tisch Wohnungsnot soll dabei als zentrales Austauschforum fungieren.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 09.05.2025 berichtet.


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