Saarländisches Landtagsgebäude (Foto: Pasquale D'Angiolillo/SR)

Saar-Landtag setzt U-Ausschuss zum Tode Samuel Yeboahs ein

mit Informationen von Janek Böffel   21.06.2023 | 13:26 Uhr

Ein Untersuchungsausschuss im saarländischen Landtag wird sich mit dem gewaltsamen Tod von Samuel Yeboah im Jahre 1991 befassen. Er soll unter anderem Versäumnisse im Umgang mit der Tat, vor allem im Hinblick auf deren rassistische Motive, klären. Trotz Kontroversen um die Zusammensetzung des U-Ausschusses fiel der Beschluss einstimmig.

Rund dreißig Jahre nach dem tödlichen Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Saarlouis-Fraulautern, bei dem der 27-jährige Samuel Yeboah aus Ghana ums Leben kam, arbeitet der saarländische Landtag Fehler und mögliche Vertuschungen von Politik und Behörden im Umgang mit ausländerfeindlichen Straftaten im Saarland zu Beginn der 1990er Jahre auf. Einstimmig beschloss der Landtag die Einsetzung eines entsprechenden Untersuchungsausschusses.

Video [aktueller bericht, 21.06.2023, Länge: 3:09 Min.]
Landtag setzt U-Ausschuss im Fall Yeboah ein

Ergänzend zur strafrechtlichen Prüfung des tödlichen Brandanschlages vom September 1991 vor dem Oberlandesgericht Koblenz soll der U-Ausschuss unter anderem klären, wieso die Ermittlungen der Polizei damals schon nach weniger als einem Jahr eingestellt wurden. Besonders der Umgang der Justiz, des Verfassungsschutzes, aber auch der Landesregierung mit Hinweisen auf rassistische Motive sollen dabei beleuchtet werden.

Landtag setzt U-Ausschuss zum Fall Yeboah ein
Video [SR.de, (c) SR, 21.06.2023, Länge: 00:30 Min.]
Landtag setzt U-Ausschuss zum Fall Yeboah ein

Braun: Es wurde oft weggeschaut

Es wurde damals nicht richtig hin- und oft weggeschaut, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Kira Braun bei der Einbringung des gemeinsamen Antrages der SPD- und der CDU-Fraktion. Damit sei Schluss. Mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses beginne die politische Aufarbeitung.

Saar-Landtag setzt U-Ausschuss zum Tode Samuel Yeboahs ein
Audio [SR 3, Florian Mayer, 21.06.2023, Länge: 02:56 Min.]
Saar-Landtag setzt U-Ausschuss zum Tode Samuel Yeboahs ein

Ähnlich äußerte sich auch der stellvertretende CDU-Fraktionschef Roland Theis. Der Ausschuss sei notwendig, weil er die erste externe Untersuchung der damaligen Arbeit der Behörden biete, so Theis. Außerdem müsse endlich den Opfern der rassistischen Anschlagsserie aus dieser Zeit im Landtag Gehör verschafft werden. Vor allem aber müsse geprüft werden, ob sichergestellt sei, dass sich die Fehler von damals nicht wiederholen können.

Kein ordentliches Mitglied von der AfD

Die AfD äußerte sich nicht inhaltlich. Fraktionschef Josef Dörr kritisierte aber, dass seine Fraktion nur beratendes und nicht vollwertiges Mitglied im fünfköpfigen Ausschuss sei. In der Vergangenheit seien immer auch kleine Fraktionen Mitglied gewesen.

SPD und CDU wiesen die Kritik zurück. Die Zusammensetzung ergebe sich mathematisch aus den Mehrheitsverhältnissen im Landtag. Die AfD-Fraktion stelle aber gemäß Landtagsgesetz ein "ständiges beratendes Mitglied" und habe so die Möglichkeit, aktiv im Ausschuss mitzuarbeiten.

Landtag debattierte über Yeboah-Ausschuss und Wärmewende
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 22.06.2023, Länge: 183 Min.]
Landtag debattierte über Yeboah-Ausschuss und Wärmewende

Als ordentliche Mitglieder sind Sevim Kaya-Karadağ, Kira Braun und Sandra Quinten von der SPD sowie Roland Theis und Marc Speicher von der CDU vorgesehen. Am Ende der Debatte stimmten alle Fraktionen, auch die AfD, für die Einsetzung des U-Ausschusses.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 21.06.2023 berichtet.

Mehr zum Thema

Mitglieder der Szene in den 90ern
Zeugen bestätigen Anklage im Yeboah-Prozess
Im Yeboah-Prozess haben zwei weitere Zeugen weite Teile der Anklage gegen Peter S. bestätigt. Beide waren Anfang der 90er Jahre in die Saarlouiser Neonazi-Szene gekommen.

Konsequenzen der Landesregierung
Fall Yeboah: Entschädigungsfonds und U-Ausschuss
Ministerpräsidentin Rehlinger hat einen Entschädigungsfonds für Opfer rassistischer Gewalt angekündigt. Zudem soll ein Untersuchungsausschuss im Landtag den Mord an dem ghanaischen Asylbewerber Samuel Yeboah politisch aufarbeiten.

Die Podcast-Serie zum Mordprozess
Der Fall Yeboah – Rassismus vor Gericht
1991 stirbt Samuel Yeboah durch einen Brandanschlag auf die Asylunterkunft in Saarlouis. Erst über 30 Jahre später wird der Mord als rassistisch motivierte Tat verfolgt und steht möglicherweise vor der Aufklärung. Warum erst jetzt? Dieser Frage gehen die SR-Journalistin Lisa Krauser und ihre beiden Kollegen Thomas Gerber und Jochen Marmit in einem mehrteiligen Podcast nach.


Weitere Themen im Saarland

Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Saar-Justizministerium prüft Stundenlohn für Häftlinge
Häftlinge müssen für ihre Arbeit im Gefängnis mehr Geld bekommen - das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Justizministerium im Saarland reagiert darauf und will den Stundenlohn überprüfen. Einige Vorgaben aus dem Urteil seien hierzulande aber schon umgesetzt, heißt es.

Von 29 auf 32
Zahl der vermissten Kinder im Saarland leicht angestiegen
Nach insgesamt 32 Jungen und Mädchen wird aktuell im Saarland gesucht. Das teilte das Landespolizeipräsidium dem SR auf Anfrage mit. 2022 lag die Zahl der vermissten Kinder noch bei 29.

Bundespolizei, Landespolizei und Zoll im Einsatz
Mehrere Verstöße bei Kontrollen von Fahrzeugen im Raum Merzig festgestellt
Die Bundes- und Landespolizei sowie der Zoll haben am Wochenende bei Merzig mehr als 200 Fahrzeuge kontrolliert. Dabei konnten die rund 30 Einsatzkräfte, die von einem Drogenspürhund unterstützt wurden, zahlreiche Verstöße feststellen.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja