Stimmen SR 2, Michael Thieser (Foto: Pasquale D'Angiolillo)

Kommentar: "AfD hat Zenit überschritten"

Michael Thieser   09.05.2019 | 16:36 Uhr

Der aktuelle Saarlandtrend macht deutlich: Die Große Koalition im Land ist stabil. Die Gewinner der Umfrage sind zweifellos die Grünen. Die AfD im Land hat hingegen ihren Zenit offenbar überschritten und ist "ein Total-Ausfall". Ein Kommentar von SR-Landespolitikchef Michael Thieser.

Die Welt, so scheint, es gerät aus den Fugen. Alles dreht sich immer schneller und da ist es gut, wenn wenigstens zu Hause niemand den Überblick verliert. Trotz mancher Hiobsbotschaft aus der Saar-Wirtschaft in den letzten Wochen: Mehr als vier Fünftel der Saarländer sind mit ihrer Lebenssituation zufrieden oder gar sehr zufrieden. Das ist ein enormer Wert und zeigt: Für die große Mehrheit der Menschen, die hier leben, ist das Saarland Heimat und der Ort, an dem sie sich wohlfühlen.

Und dem entspricht auch im Großen und Ganzen die politische Großwetterlage. CDU und SPD regieren geräuschlos und beide Parteien können sich im neuen Saarlandtrend mehr oder weniger behaupten. Allerdings, was die Mehrheitsbildung anbetrifft, wäre auch eine rot-rot-grüne oder erstmals sogar eine schwarz-grüne Regierungsbildung möglich, wenn bereits am kommenden Sonntag gewählt würde.

Grüne sind die Gewinner

Die Grünen sind insofern der Gewinner der aktuellen Meinungsumfrage. Die Partei kommt auf elf Prozent, der höchste im Saarland jemals gemessene Wert. Dies dürfte vor allem bundespolitische Gründe haben. Der Klimawandel und die Nachrichten über einen dramatischen Rückgang der Artenvielfalt haben nicht nur der Fridays-for-Future Generation und der eigenen Stammklientel einen Schrecken eingejagt. Es sind diese Megathemen, die aller Voraussicht nach in Zukunft darüber mit entscheiden, wer am Ende das Sagen hat und die Regierung stellt. Der Aufschwung der Grünen dürfte deshalb auch bei der bevorstehenden Europa- und Kommunalwahl sowie im gesamten Bundesgebiet anhalten.

AfD ist ein Total-Ausfall

Die AfD hingegen so scheint es, hat ihren Zenit endgültig überschritten. Die Parteispendenaffäre in Berlin, interner Streit und personelle Tricksereien hinter den Kulissen haben der Öffentlichkeit eindrucksvoll vor Augen geführt, was es mit dieser Alternative auf sich hat - nämlich nicht allzuviel außer, dass am Ende Ausländer und Einwanderer für fast alles Negative die Schuld tragen sollen.

Im Saarland jedenfalls hat die Partei in keinem einzigen Politikbereich bis dato ein geschlossenes Politik-Konzept vorgelegt, oder anders ausgedrückt: Wenn es um die mittel- bis langfristige Zukunft sowie die Lösung konkreter Probleme geht, hat die AfD an der Saar weiterhin nichts zu bieten und ist ein Total-Ausfall. Minus sieben Prozentpunkte im neuen Saarlandtrend sind ein deutliches Signal.

Linke stabil, FDP tut sich schwer

Saarlandtrend 2019
Große Koalition stabil, Grüne legen zu, AfD verliert
Wenn am Sonntag Landtagswahl wäre, würden laut aktuellem Saarlandtrend wieder fünf statt vier Parteien in den Landtag einziehen. Die CDU hat seit der Umfrage vor einem Jahr leicht an Stimmen gewonnen, die SPD leicht verloren, die Linke bliebe stabil. Den stärksten Zuwachs hätten die Grünen. Die AfD müsste deutliche Stimmenverluste hinnehmen.

Die Linke hingegen liegt stabil bei zwölf Prozent und die FDP bliebe mit vier Prozent weiterhin außerparlamentarisch, wenn bereits am kommenden Sonntag abgestimmt würde. Die Freien Demokraten tun sich gegenwärtig insgesamt schwer, um in der neuen Zeit anzukommen und die richtigen Worte zu finden. Wie viel Staat und wie viel Selbstverantwortung sollen es noch sein?

Fest steht: Mit neoliberalen Politikansätzen lässt sich momentan offenbar kein großes Konzert mehr anstimmen, denn auch Apotheker, Ärzte und Rechtsanwälte spüren, dass sich etwas ändern muss und dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, wenn die soziale Marktwirtschaft und der Planet insgesamt noch eine Zukunft haben sollen.

Das sind zwar alles keine saarländischen Themen, dürften aber dennoch die Stimmungslage auch hierzulande nicht unwesentlich mit beeinflussen, insbesondere was die kleineren Parteien anbetrifft.

Hans mit Luft nach oben

Saarlandtrend 2019
Rehlinger beliebteste Politikerin
62 Prozent der befragten Saarländer haben sich im aktuellen Saarlandtrend zufrieden über die Arbeit der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) geäußert. Mit der Arbeit des Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) ist die knappe Mehrheit der Saarländer zufrieden.

Auf der Beliebtheitsskala der Politiker hat demgegenüber Ministerpräsident Tobis Hans nach wie vor noch Luft nach oben. Nach etwas mehr als einem Jahr im Amt kommt er auf 52 Prozent Zustimmung. Das ist im bundesweiten Vergleich nicht besonders viel und damit ist er von den Traumwerten seiner Vorgängerin Annegret-Kramp-Karenbauer noch meilenweit entfernt. Im Alltag etwas mehr Kante zu zeigen, könnte ihm möglicherweise nicht schaden. Seine Vorgänger haben dies genauso gehandhabt und davon profitiert.

Ansonsten blicken die Sozialdemokraten mit Sorge auf die kommende Europawahl. Im Saarland muss die SPD mit einem Minus von zehn Prozentpunkt rechnen. Und sollte dies das Ergebnis bzw. der Trend in ganz Deutschland sein, braucht man kein Prophet zu sein: Dann dürfte das Ende der Großen Koalition in Berlin immer wahrscheinlicher werden.

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