Galeria Kaufhof Niederlassung Saaarbrücken in der Bahnhofstraße (Foto: IMAGO / Becker&Bredel)

Kaufhof in Saarbrücken schließt zum 30. Juni

mit Informationen von Peter Sauer   13.03.2023 | 18:00 Uhr

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. Auch die Kaufhof-Filiale in der Saarbrücker Bahnhofstraße ist betroffen.

Die letzte große Warenhauskette in Deutschland, Galeria Kaufhof Karstadt, will dem Gesamtbetriebsrat zufolge zahlreiche Filialen schließen. Von aktuell noch 129 Warenhäusern mit rund 17.400 Beschäftigten sollen 52 Häuser ihre Pforten schließen. Wie der Gesamtbetriebsrat weiter mitteilte, droht über 4000 Beschäftigten die Kündigung. "Dies ist ein rabenschwarzer Tag."

Kaufhof-Filiale in Saarbrücken muss schließen

Nun ist auch klar, welche der beiden Filialen es in Saarbrücken trifft: Der Sprecher der Gewerkschaft Verdi, Alex Sauer, bestätigte auf SR-Anfrage, dass die Kaufhof-Filiale in der Bahnhofstraße zum 30. Juni 2023 geschlossen wird. Die bisherige Karstadt-Filiale bleibt Saarbrücken dagegen vorerst erhalten.

Dass es doch noch Hoffnung für die Filiale geben könnte, glaubt Sauer nicht. "Es wird der Eindruck suggeriert, dass das Aus wohl endgültig ist", sagte er dem SR. Laut Verdi sind davon rund 80 Mitarbeitende betroffen.

Nach Angaben der Gewerkschaft erhalten sie jeweils eine Abfindung von maximal 7500 Euro. Wegen des laufenden Insolvenzverfahrens sei die Abfindungssumme gedeckelt. Ob es eine Transfergesellschaft für die Beschäftigten geben wird sei zurzeit noch unklar.

Verein Handel und Gewerbe sieht auch Chancen

Von Galeria war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Offenbar sind aber nicht alle Doppelstandorte von Schließungen betroffen. Nach Informationen des "Handelsblatt" und "Business Insider" bleiben beispielsweise beide Galeria-Standorte in Trier verschont.

Der Vorsitzende des Vereins Handel und Gewerbe in Saarbrücken, Michael Genth, ist natürlich enttäuscht, über die Entscheidung. Er sieht allerdings auch Chancen. Der größte Handelskonzern habe entschieden, dass sich Einzelhandel in Saarbrücken lohne. "Wir behalten eine Filiale, sogar die größere der beiden Filialen", so Genth.

OB Conradt spricht Beschäftigten Mut zu

Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) sprach den betroffenen Beschäftigten sein Mitgefühl aus und betonte gleichzeitig, dass die Innenstadt von Saarbrücken stark genug sei, die Schließung der Kaufhof-Filiale zu kompensieren. Er sehe "gute Entwicklungsmöglichkeiten" für die Immobilie, die sich in einer für Investoren hochattraktiven Lage befinde.

"Wichtig sei es nun, dass rasch die Zukunft der Beschäftigten gesichert wird", so Conradt. Angesichts des Fachkräftemangels könnten die meisten Beschäftigten optimistisch in die Zukunft blicken – allein in Saarbrücken seien mehrere hundert Stellen im Einzelhandel frei, qualifizierte Kräfte würden stark nachgefragt. „Dennoch muss es im Bedarfsfall gute Lösungen für die Menschen geben, hier ist der Konzern in der Pflicht, seiner Verantwortung gerecht zu werden.“

In Bezug auf die Karstadt-Filiale fordert Conradt Investitionen in die Immobilie. "Und ein Bewusstsein dafür, dass auch Galeria als Betreiber in Verantwortung ist, dem Wandel im Handel mit neuen tragfähigen Konzepten zu begegnen.“

Die CDU-Stadtratsfraktion sieht die Verantwortung auch beim Land, wenn es darum geht, Saarbrücken als Einkaufsstadt attraktiv zu erhalten.

Grüne im Stadtrat nehmen Conradt in die Pflicht

Die Grünen im Stadtrat nehmen derweil Conradt in die Pflicht: Er müsse nun sicherstellen, dass sozialverträgliche Lösungen für die Beschäftigten gefunden werden und eine baldige Nachnutzung der Immobilie möglich wird, erklären die Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Stadtrat, Claudia Schmelzer und Jeanne Dillschneider.

"Galeria Karstadt Kaufhof ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für unsere Landeshauptstadt. Ein möglicher Leerstand sollte in jedem Fall vermieden werden. Aus diesem Grund erwarten wir von Oberbürgermeister Conradt und der Wirtschaftsförderung, schnellstmöglich Szenarien für eine mögliche Nachnutzung des Standorts", hieß es weiter.

Barke hofft auch Wiederbeschäftigung der Angestellten

Der saarländische Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) drückte sein Mitgefühl für die Mitarbeiter aus: „Für die Beschäftigten ist die monatelange Hängepartie äußerst schmerzlich und bitter zu Ende gegangen. Der Personalabbau wird möglicherweise auch viele hochqualifizierte, langjährige Beschäftigte mit gut dotierten Arbeitsverträgen treffen.“

Allerdings sei der Handel auch eine der Branchen, die am stärksten vom Fachkräftemangel bedroht sei. Deshalb bestehe die Hoffnung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nun ihren Arbeitsplatz verlieren werden, zeitnah eine adäquate Weiterbeschäftigung finden könnten. Es dürfe niemand auf der Strecke bleiben.

Laut Barke habe bereits sowohl das Ministerium als auch die Stadt mit der Geschäftsführung von Galeria gesprochen. Man habe Unterstützung angeboten.

Und das Ministerium sei weiterhin gesprächsbereit: „Die Möglichkeiten der saarländischen Politik sind zwar überschaubar, dennoch haben wir der Galeria-Geschäftsführung unter anderem angeboten, mithilfe eines immobilienwirtschaftlichen Instruments der Wirtschaftsförderung nicht mehr benötigte Verkaufsflächen für alternative Nutzungen zu übernehmen und Unterstützung bei der energetischen Sanierung der Warenhäuser zu leisten.“

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"Innenstädte müssen neu gedacht werden"

Die FDP-Stadtratsfraktion bedauerte die Entscheidung von Galeria. An erster Stelle stehe jetzt die Hilfe für die ehemaligen Beschäftigten. Sie hätten auf vieles verzichtet, um ihre Arbeitsplätze und somit den Konzern zu retten. „Der Konzern hat daher nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine moralische Verantwortung für sein ehemaliges Personal. Aber auch Stadt und Regionalverband sind hier gefordert“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Stadtratsfraktion, Hermann Simon.

Da jedoch auch andere große Unternehmen mit Standorten in der Bahnhofstraße zu kämpfen hätten, wie etwa Peek & Cloppenburg, "sehen wir Liberale uns an einem Wendepunkt und verstehen es als große Chance für Saarbrücken“. Durch ein verändertes Einkaufs-, Freizeit- und Wohnverhalten müssten Innenstädte demnach neu gedacht werden. Wichtig sei dennoch, dass es keinen jahrelangen Leerstand an dieser zentralen Stelle gebe.

Herausforderung für die Kommunen

Mit der anstehenden Schließungswelle rollt auf etliche Kommunen eine riesige Herausforderung zu. Denn eine neue Nutzung für die Warenhausimmobilien zu finden ist oft alles andere als einfach. "Es wird in den meisten Fällen Jahre dauern, bis die von Galeria aufgegebenen Immobilien eine neue langfristige Nutzung gefunden haben", sagte der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Boris Hedde, der Deutschen Presse-Agentur.

Harter Schlag für kleine Städte

Das Problem: Die Gebäude wurden fast ausnahmslos zu einer Zeit errichtet, als die Anforderungen an den Handel ganz anders waren als heute. Sie haben zu viele Verkaufsetagen, zu wenig Tageslicht und oft auch zu niedrige Decken, um heutige Ansprüche zu erfüllen. In der Regel sind aufwendige Umbauten oder gar ein Abriss unvermeidlich.

"Für die großen Metropolen wird die Schließung von Galeria-Filialen kein harter Schlag sein. Denn die Warenhäuser sind dort keine großen Frequenzbringer mehr", betont Hedde. Etwas anders sei die Situation allerdings in kleineren Städten. "Der Druck, eine Lösung zu finden, ist in kleineren Städten am größten", urteilt auch Benjamin Schrödl, Immobilienexperte bei der Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers (PwC). Nach einer Warenhauschließung sei es für sie vor allem wichtig, Leben in die Stadt zurückzuholen, damit nicht noch mehr Geschäfte aufgeben müssten.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 13.03.2023 berichtet.

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