Blick in den Gerichtssaal im Mordprozess um Samuel Yeboah (Foto: picture alliance/dpa | Thomas Frey)

Yeboah-Prozess: Zeuge verweigert Aussage

Thomas Gerber   17.07.2023 | 16:55 Uhr

Der frühere NPD-Bundestagskandidat Markus Mang hat im Yeboah-Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Er war zum Zeitpunkt des tödlichen Brandanschlags auf eine Asylbewerberunterkunft einer der führenden Köpfe in der Saarlouiser Neonazi- und Skinheadszene.

Bevor der frühere NPD-Bundestags- und Stadtratskandidat Markus Mang am frühen Montagnachmittag in den Zeugenstand trat, hatte ihn ein Zeuge, ein Tätowierer aus Wallerfangen, schwer belastet.

Der Zeuge kannte Mang aus den Anfangszeiten der Skinheadszene, berichtete unter anderem von einem Stern-Interview Ende der 80er Jahre, in dem sich Mang das Pseudonym des SS-Arztes Mengele gegeben hatte. Danach habe er Mang aus den Augen verloren, ihn vor wenigen Wochen zufällig getroffen.

Mang sei wenige Tage später bei ihm zuhause erschienen, um sich ein Tattoo stechen zu lassen und habe die Rede auf den Vorabend des Anschlags gebracht. Mang sei demnach bei dem Gespräch zwischen den drei Neonazis Peter S., Peter St. und Heiko S. im Bayrischen Hof eine Art Zaungast gewesen, habe aber mitbekommen, dass die drei offenbar über einen Anschlag gesprochen hätten.

Dem Zeugen soll er dann bedeutet haben, zu schweigen. Denn es sei in seinen Kreisen so wie bei Rockern - mit der Polizei rede man nicht. Der Zeuge aber rief noch am gleichen Abend die Polizei an.

Yeboah-Prozess: NPD-Mann verweigert Aussage
Audio [SR 3, (c) Thomas Geber, 17.07.2023, Länge: 00:39 Min.]
Yeboah-Prozess: NPD-Mann verweigert Aussage

Mangs Rechtsanwalt zu den Vorwürfen

Der Rechtsanwalt von Mang erklärte gegenüber dem SR, sein Mandant sei an jenem Abend gar nicht in der Kneipe gewesen und könne sich die Anschuldigungen nicht erklären.

Ob gegen Mang ein Ermittlungsverfahren läuft, blieb am Montag zunächst offen. Der Vertreter der Bundesanwaltschaft stimmte Mangs Antrag zu - er habe ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht, laufe also Gefahr sich selbst zu belasten.

Zeugin präsentiert Online-Artikel

Zuvor war ein Beamter der Soko-Welle gehört worden. Demnach ist die Hauptbelastungszeugin Diana K., gegenüber der der Angeklagte Peter S. 2007 auf einer Grillparty die Tat eingeräumt haben soll, jüngst auf die Ermittler zugekommen. Sie habe einen Online-Artikel vom 11. Oktober 2019 präsentiert, in dem über den Mord an Samuel Yeboah berichtet worden sei. Der entsprechende Artikel war bislang nicht Teil der Ermittlungsakte.

Diana K. aber hatte sich in ihren Aussagen stets auf ihn berufen. Erst nach der Lektüre sei ihr nämlich bewusst geworden, dass Samuel Yeboah Opfer eines Brandanschlags von Neonazis geworden sei. Zwölf Jahre nachdem Peter S. ihr gesagt habe, das sei er gewesen und nie hätten sie ihn erwischt, sei ihr klar geworden, dass er ihr quasi einen Mord gestanden habe.

Einen Tag nach Erscheinen des Artikels, am 12. Oktober 2019 hatte Diana K. über die Online-Wache der Polizei über ihr Treffen mit Peter S. berichtet und damit das komplette Ermittlungsverfahren erst ins Rollen gebracht.

Mit dem jetzt präsentierten Artikel - unter anderem über den cold case Yeboah - haben die Aussagen der Hauptbelastungszeugin weiter an Glaubwürdigkeit gewonnen.

Podcast

Die Podcast-Serie zum Mordprozess
Der Fall Yeboah – Rassismus vor Gericht
1991 stirbt Samuel Yeboah durch einen Brandanschlag auf die Asylunterkunft in Saarlouis. Erst über 30 Jahre später wird der Mord als rassistisch motivierte Tat verfolgt und steht möglicherweise vor der Aufklärung. Warum erst jetzt? Dieser Frage gehen die SR-Journalistin Lisa Krauser und ihre beiden Kollegen Thomas Gerber und Jochen Marmit in einem mehrteiligen Podcast nach.


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