Eingangsbereich der Kinder- und Jugendpsychatrie an der Uniklinik in Homburg (Foto: dpa/Oliver Dietze)

Aufarbeitungskommission erhebt Vorwürfe gegen Staatsanwaltschaft

Thomas Gerber   05.06.2023 | 07:01 Uhr

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission zu den Missbrauchsfällen an der Uniklinik-Homburg hat in ihrem kürzlich vorgestellten Abschlussbericht die Verantwortlichen von damals heftig kritisiert. Außerdem wirft die UAK unter Federführung von Ex-BKA-Chef Jörg Ziercke der Staatsanwaltschaft zudem mangelnde Unterstützung vor.

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission (UAK) wollte sämtliche Akten der rund 800 Patienten, die Assistenzarzt Matthias S. in Homburg behandelt hatte, auf Verdachtsmomente für pädophile Handlungen untersuchen. Dazu bekam die Ziercke-Kommission zwar das Go des Datenschutzes, die Staatsanwaltschaft aber legte sich quer, so dass die Kommission am Ende den umgekehrten Weg gehen musste. Nicht sie ging auf mögliche Opfer zu, sondern potentielle Opfer sollten sich bei ihr melden.

Unabhängige Aufarbeitungskommission kritisiert Staatsanwaltschaft
Video [SR.de, (c) SR, 05.06.2023, Länge: 00:25 Min.]
Unabhängige Aufarbeitungskommission kritisiert Staatsanwaltschaft

Ziercke hatte von der Staatsanwaltschaft einen rechtlichen Hinweis gewollt, ob denn das zunächst geplante Vorgehen strafrechtlich hinsichtlich der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht bedenkenlos sei. Der leitende Oberstaatsanwalt teilte der UAK im Dezember 2021 zu deren Überraschung mit, dass dies nicht möglich sei, da es sich um eine "Rechtsdienstleistung" handele. Ziercke möge sich an einen Rechtsanwalt wenden.

Aufarbeitung UKS Missbrauchsskandal: DNA-Probe blieb unbearbeitet liegen
Audio [SR 3, Thomas Gerber, 06.06.2023, Länge: 03:23 Min.]
Aufarbeitung UKS Missbrauchsskandal: DNA-Probe blieb unbearbeitet liegen

Justizministerium weist Vorwürfe zurück

Die UAK kann dies nicht nachvollziehen, wirft der Staatsanwaltschaft in ihrem Abschlussbericht zumindest indirekt vor, die Arbeit der Kommission behindert zu haben. Ein Vorwurf, den das Justizministerium zurückweist. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft sei nicht zu beanstanden.

Es sei rechtlich nun mal nicht möglich, dass die Behörde eine "verbindliche Auskunft" über eine eventuelle Strafbarkeit erteile, da eine Entscheidung darüber Sache der Gerichte sei. Eine verbindliche Auskunft war laut UAK aber auch gar nicht verlangt, sondern nur ein Hinweis.

Dem Ministerium ist nach eigenen Angaben "das überragende öffentliche Interesse an einer umfassenden Aufarbeitung der Geschehnisse (zwar) bewusst". In seiner Antwort auf eine SR-Anfrage argumentiert das Ministerium letztlich jedoch rein formaljuristisch.

Ein als nicht verbindlich gekennzeichneter Hinweis durch die Staatsanwaltschaft wäre aber sicher mit etwas gutem Willen möglich gewesen und hätte die Arbeit der UAK vermutlich nicht nur erleichtert - möglicherweise wären ja noch weitere Verdachtsfälle für sexuellen Missbrauch ans Tageslicht gekommen.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 05.06.2023 berichtet.

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