Grafik Infotafel (Foto: SR)

Warum die Fernseh-Ansagerin mal "Muh" machte

Erinnerungen der ersten SR-Bildmischerin Gertrud Ecker

 

In den Anfangstagen des SR-Fernsehens konnte außer Filmen und Werbespots nichts gesendet werden. Das änderte sich erst, nachdem elektronische Kameras angeschafft worden waren und das Studio im ehemaligen Pferdestall eingerichtet war. Jetzt wurde auch elektronisch aufgezeichnet. Diese "Mazen" konnten mit Filmen und Liveteilen gemischt werden.

Damit waren die Voraussetzungen geschaffen für den Start der ersten regelmäßigen regionalen Fernsehsendung am 1. Februar 1961. Und für die Arbeit der ersten Bildmischerin auf dem Halberg, Gertrud Ecker, damals noch Gertrud Dahl. Sie ist heute 70 Jahre alt, lebt in Sulzbach und engagiert sich für den Kinderschutzbund. Neun Jahre lang war sie die Vorsitzende. Für "Fundstücke" erinnert sie sich an ihre Zeit am Fernseh-Mischpult beim SR.

Von Gertrud Ecker

Zu dem Beruf Bildmischerin kam ich über einen Artikel aus der Presse. Darin hieß es sinngemäß: Mit dem Fernsehen werden wir bald unsere Dichter wie Kleist, Schiller und Goethe in allen Wohnzimmern haben. Dazu gibt es neue Berufe wie zum Beispiel Bildmischerinnen, die in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur die Stücke in Bilder umsetzen. Das hat mich sofort begeistert. Erlernen könne man diesen schönen Beruf ab Oktober in der Schule für Rundfunktechnik (SRT) in Nürnberg, hieß es.

Um von meinem Abitur im März 1960 bis dahin die Zeit zu überbrücken, habe ich mich erst einmal beim SR für ein halbjähriges Fernseh-Praktikum beworben. Im April 1960 ging‘s los, allerdings gleich mit einer großen Enttäuschung: Da es zu der Zeit abgesehen von eingekauften Filmen und Werbespots des Werbefunks noch gar kein "eigenes" Fernsehprogramm gab, musste ich mein Praktikum beim Hörfunk noch im alten Funkhaus in der Wartburg beginnen.

Am 1. Juli 1960 durfte ich dann endlich zum Fernsehen auf dem Halberg. Da war das Studio im ehemaligen Pferdestall so weit fertiggestellt, dass mit dem Proben begonnen werden konnte. Und das nutzten wir weidlich aus. Schließlich war’s für alle Neuland. Wir, das waren unter anderem die Fernsehtechniker Horst Loch, Arthur Wilhelmy, Heinrich "Henry" Hoffmann und Walter Fleischmann unter ihrem Chef Ludwig Schüssler.

Dann die Kameraleute, Fred Ohnesorg (als erster), Willi Raber (beide SR-Chefkameramänner), Hans- Joachim ("Pitt") Weber, Werner Hoffmann (wurde später Chefkameramann beim HR), Fritz Willié, Norbert Holland, Karl-Heinz Baumgärtner, Tonmann Peter Blattner (vgl. dessen Fundstücke-Beitrag "Wie aus dem Pferdestall das SR-Fernsehen wurde") und halt ich – die Praktikantin.

SR-Fundstücke
Wie aus einem "Pferdestall" das SR-Fernsehen wurde
So manches aus der Frühgeschichte des SR-Fernsehens ist noch unklar. Aber genau wissen wir: 2011 gibt es seit einem halben Jahrhundert beim SR ein Fernseh-Regionalprogramm. Bei den Vorbereitungen dafür hat Peter Blattner tatkräftig mitgeholfen.

Da es außer mir fürs Bildmischen niemanden gab, habe ich vor allen Dingen durch Ausprobieren und Üben gelernt. Wichtige Tipps und Hinweise dafür gaben mir die Kameraleuten und die ersten Regisseure. Das muss ganz gut geklappt haben. Nach und nach erzählte ich jedenfalls auch nicht mehr gleich jedem Neuen, dass ich eigentlich nur eine Praktikantin sei. Und man scheint es nach einer Weile auch nicht mehr (oder jedenfalls nicht mehr gleich) bemerkt zu haben. So gab mir denn ein Gast-Regisseur von einem anderen Sender bei einer Fernsehaufzeichnung den Rat, die Schule gar nicht mehr zu besuchen. Da er dort auch unterrichte, wisse er, dass ich nichts mehr dazulernen würde. Und beim SR hätte ich ja schließlich eine "Position". Also blieb ich und bekam ab Oktober 1960 einen Vertrag als Bildmischerin.

Ab September hatten wir damit begonnen, erste Beiträge aufzuzeichnen. Es wurden auch schon aktuelle Beiträge gesendet, aber noch nicht regelmäßig. Die Journalisten kamen alle vom Hörfunk: Zum Beispiel Jupp Hoppen (der Sportchef) mit Sportreporter Hans Berwanger, Karl Höchst (Landfunk) und der Tontechniker Helmuth Scheuer mit einem Bastelprogramm immer mittwochs. Er setzte diese Sendung später sehr erfolgreich beim ZDF fort. Beim SR hatte man ihn wohl nicht mehr gewollt.

Damals hatten wir zwei 2-Zoll-Maschinen zur magnetischen ildaufzeichnung (MAZen). Wenn man schneiden wollte, musste man das MAZ-Band richtig durchtrennen und wieder zusammenkleben. Jeder Schnitt wäre aber aufgefallen, weil die Maschinen danach etwas brauchten, um wieder "in Takt zu kommen". Darum verzichtete man möglichst auf Schnitte, zog stattdessen Schwarz und begann die neue Einstellung wieder aus dem Schwarz. Solche Blenden machten dramaturgisch aber nur nach längeren abgeschlossenen Komplexen Sinn. Also zeichneten wir lange Passagen hintereinander auf, manchmal zwanzig Minuten am Stück. Das erforderte hohe Konzentration auch am Mischpult und war, zum Beispiel bei der Bastelsendung, ziemlich anstrengend.

Am 1. Februar 1961 begann dann die erste regelmäßige regionale Informationssendung von 19.30 bis 19.50 Uhr (Abendschau). Auch bei der saß ich natürlich am Mischpult. Sie wurde von Ruth Pfordt, der ersten SR-Fernsehansagerin angekündigt, danach kamen die Nachrichten und aktuelle (Film-)Beiträge und dann meist längere Interviews, Studiorunden oder MAZ-Aufzeichnungen. Wir machten vieles live, wie zum Beispiel Erste Hilfe-Übungen mit dem Roten Kreuz, Tipps für Gartenfreunde und Ähnliches.

Klaus Flätgen wurde der erste Fernsehredakteur fürs Regionale. Er machte (auch schon vorher) Beiträge sowie viele Interviews und kam ebenfalls vom Radio. Zuvor war er Schauspieler gewesen. Sven Trittelvitz begann als Reporter, auf "Fernsehtauglichkeit" vom Intendanten Dr. Franz Mai persönlich getestet. Abend-Regisseur bei der Sendung war in der Anfangszeit oft Truck Branss. Als ehemaliger Kameramann hatte er einen hervorragenden Blick fürs Bild, arbeitete gern intuitiv und zugleich oft ziemlich lautstark. Exakte Planung war weniger seine Sache.

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