Für Stimmung und Information sorgte das Radio schon immer, sprach den Verstand wie das Gemüt an. Kein Wunder, dass so gut wie jeder ganz persönliche Erinnerungen an sein Leben mit dem Radio hat.
Ziemlich schwierig wird es allerdings, wenn man 100 Jahre nach der Geburt des Radios in Deutschland [1] nach Erinnerungen an die ersten Jahre des Radios fragt. Wer dazu etwas erzählen kann, muss die „Hundert“ schon gefeiert haben und noch über ein gutes Gedächtnis verfügen. Im elterlichen Haushalt muss es zudem bald nach 1923 überhaupt schon ein Radio gegeben haben. Das alles trifft sehr selten zusammen. Auf den niedersächsischen Zeitungsjournalisten Rolf Zick (* 16. April 1921; † 8. März 2024) tut es das zumindest fast.
Unser ehemaliger SR-Kollege Jürgen Köster [2] hatte als Vorsitzender des Presseclub Hannover den Kontakt zu Rolf Zick vermittelt, der sehr gern seine Erinnerungen für uns aufschrieb. Ehe sie nun zum Radiojubiläum erscheinen konnten, starb er kurz vor seinem 103. Geburtstag.[3] Wir veröffentlichen seinen Text posthum in dankbarer Erinnerung an einen Zeitungskollegen, der gern und viel Radio hörte.
Von Rolf Zick
Als 1923 das Radio in Deutschland seinen Siegeszug antrat, war ich gerade zwei Jahre alt. Ich habe in meiner Kindheit keine Berührung mit dem Radio gehabt, zumal wir selbst kein Radio-Gerät besaßen.
Das war damals noch selbstgebastelt oder ein Luxus nur für Wohlhabende. Ein Markengerät kostete etwa zwischen 200 und 500 Reichsmark. Es war auch kein Gebrauchsgegenstand, sondern ein Schmuckstück aus edlem Holz und geschmackvollem Design. Wohl nach dem Jahr 1929 schaffte mein Vater, seinerzeit Schulleiter der Volksschule in Dransfeld bei Göttingen und ein moderner Pädagoge, ein Telefunken-Radio für die Schule an, in der Hoffnung, auch Radiosendungen für den Schulunterricht nutzen zu können. Den Schulfunk gab es erst viel später.[4] Das Radio stand im Lehrerzimmer.
Nach meiner Erinnerung habe ich die erste Radiosendung meines Lebens im Jahr 1932 gehört. Es war die Übertragung eines Boxkampfes von Max Schmeling (* 28. September 1905; † 2. Februar 2005), dem damaligen Boxidol der Nation und Weltmeister. Mein ein Jahr älterer Bruder und ich brauchten ausnahmsweise nicht so früh ins Bett, sondern durften mit unserem Vater in das benachbarte Schulhaus gehen, wo sich bereits eine große Schar von Lehrern und Interessierten vor dem Radio versammelt hatte. Es war für mich, den damals elfjährigen Jungen, schon faszinierend, aus einem so relativ kleinen "Kasten" die Stimme eines Reporters aus vielen hundert Kilometern Entfernung live zu hören. Vorstellen konnte man es sich damals nicht, man musste es schon erleben.[5]
In Erinnerung geblieben ist mir auch die Radio-Übertragung eines weiteren Boxkampfes aus den USA im Sommer 1936. Neben dem "Wunder" der Live-Übertragung sind mir vor allem die schrecklichen Nebengeräusche mit Quietschen, Knacken, Brummen und Summen im Gedächtnis geblieben. Da half auch alles Drehen und ständig neues Justieren des Senders an einem der beiden vorderen Drehknöpfe nichts. Der andere Knopf war für laut und leise.
Inzwischen waren in Deutschland Hitler und die Nationalsozialisten bereits seit drei Jahren an der Macht. Für meinen politisch für die SPD engagierten Vater hatte das eine Strafversetzung in das 2000-Seelen-Dorf Schladen am Harz im Kreis Goslar zur Folge gehabt. Dorthin waren wir umgezogen. Mein Vater hatte sich so sehr an das Radio gewöhnt, dass er dort privat einen neuen Radioapparat kaufte, der auf dem Schreibtisch seines Arbeitszimmers stand.
Bei der Radio-Übertragung aus Amerika am 19. Juni 1936 ging es auch wieder um einen Boxkampf von Max Schmeling. Er war von dem bis dahin ungeschlagenen und als unschlagbar geltenden Amerikaner Joe Louis (* 13. Mai 1914; † 12. April 1981) herausgefordert worden. Wegen der Zeitverschiebung fand die Radiosendung bei uns nachts um drei Uhr statt. Der Wecker war gestellt, und pünktlich saß die Familie in Vaters Zimmer vor dem Radio. Trotz allem Fortschritt, den die Technik inzwischen gemachte hatte, war ich immer noch fasziniert. Eine Stimme aus Amerika direkt und ohne Verzögerung aus einem kleinen Gerät zu hören, grenzte für mich als damals 15 jährigen Jungen wirklich an ein Wunder. Übrigens, Max Schmeling hat den "unbesiegbaren Braunen Bomber" in der 12. Runde K.o. geschlagen.[6]
Die Machtübernahme Adolf Hitlers am 30. Januar 1933 hatte tagelang das Radio mit zahlreichen Sendungen dazu beherrscht. Doch mich als Zwölfjährigen hat das ebenso wenig berührt wie danach seine ständigen Reden, die schon seinerzeit im Wortlaut von A bis Z gesendet werden mussten. Und es gab viele Gelegenheiten für Hitlerreden, wie beispielsweise den 1. Mai, der 1933 zum nationalen Feiertag erklärt wurde, alljährlich seine Geburtstage am 20. April, die Sonnenwendfeiern am 21. Juni, Erntedankfest im Herbst, den von den Nazis so genannten Heldengedenktag, und vor allem den 9. November als Gedenktag an die nationalsozialistischen Opfer des niedergeschlagenen Hitler-Putsches 1923 in München.
Aus jener Zeit der vielen Hitler-Reden im Radio habe ich einen Ausspruch meines Vaters mein Lebtag bis heute nicht vergessen. Es war 1934, als Hitler seinen ältesten Kampfgefährten, den Chef des Stabes der SA, Ernst Röhm, erschießen ließ, weil der angeblich mit einem Putsch den Führer ablösen wollte. Weitere rund 200 alte Kämpfer und Gefolgsleute Röhms wurden ermordet. Da sagte mein Vater, dem die Nazis politisch das Rückgrat gebrochen hatten: "Nun bringt sich die Mischpoke schon selber um!" Er sagte es in der Hoffnung, die auch ein großer Teil der Bevölkerung noch hatte, der "Spuk" der NS-Herrschaft würde bald ein Ende haben. Die Geschichte hat uns das Gegenteil gelehrt.
Auf der 10. Großen Deutschen Funkausstellung wurde im August 1933 in Berlin der Volksemfänger vorgestellt.[7] Durch den Minister für Volksaufklärung und Propaganda, Josef Goebbels, waren alle Rundfunkgerätehersteller verpflichtet worden, den Volksempfänger zu produzieren, um mit dem Massenmedium Radio die gesamte Bevölkerung zu erreichen und indoktrinieren zu können. Ein solcher Volksempfänger kostete 76 Reichsmark. Das war ein für mehr Familien noch erschwinglicher Preis.
Hierhin gehört eine schöne Geschichte, die ausgerechnet mir im Jahre 1938 passiert ist. Bei uns im Dorf fand eine Jubiläums-Tanzveranstaltung statt, an der wir als Tanzstunden-Jünglinge natürlich teilnahmen. Als Höhepunkt gab es zum Schluss eine Tombola mit einem Volksempfänger als Hauptpreis. Ich war der Glückspilz und durfte den kleinen Kasten stolz wie Bolle unterm Arm nach Haus tragen. Mein ganzes langes Leben habe ich weder vorher noch nachher etwas annähernd Gleichwertiges gewonnen, bis heute nicht.
Der Volksempfänger wurde in unserem Jungen-Zimmer, das ich mit meinem Bruder teilte, installiert, und ich konnte zu jeder beliebigen Zeit, ohne jemandem fragen oder bitten zu müssen, Radio hören. Ich habe es weidlich ausgenutzt. Wenn ich mich recht entsinne, habe ich am meisten Musik gehört, besonders die Film-Musik, die mit Zarah Leander, Ilse Werner, Marika Rökk und wie sie alle hießen, jährlich mindestens ein Dutzend Schlager herausbrachte, die die ganze Nation mitsingen konnte. Selbst die alljährlich neuen Karnevalslieder wurden zum Hit und noch jahrelang im Radio gespielt.
Ich hatte überhaupt den Eindruck, dass das Radio zu dreiviertel Musik und einem Viertel Wortsendungen brachte. Die Nachrichten oder Informationen, besser gesagt die Propaganda, interessierten mich als Jugendlichen kaum. Nicht umsonst wurde der Volksempfänger, speziell der DKE 38, im Volksmund auch "Goebbels-Schnauze"[8] genannt. Er kam zur Funkausstellung 1938 auf den MArkt und kostete nur 35 Reichsmark. Politik war in jenen Jahren noch kein Thema für mich.
Während des letzten Weltkrieges spielte das Radio für die Naziführung eine ganz entscheidende Rolle. Es war das große Massenkommunikationsinstrument für Goebbels‘ Propaganda. Jeden Tag wurde mittags im Radio der Wehrmachtbericht[9] gesendet und die Kriegslage erklärt. In der ersten Zeit überschlugen sich die Sondermeldungen, immer von Fanfarenstößen eingeleitet. Es gab nur Siege – bis deutsche Truppen fast ganz Europa und den Westteil der Sowjetunion erobert und besetzt hatten.
Als Frontsoldat hatte ich im Krieg, den ich vom ersten bis zum letzten Tag mitmachte und wie durch ein Wunder einigermaßen heil überstand, relativ wenig Gelegenheit Radio zu hören, obwohl uns selbstverständlich der tägliche Wehrmachtbericht interessierte und wo es nur ging auch abgehört wurde.
Im Radio gab es jedoch auch noch etwas Versöhnliches während des Krieges, auf das die Soldaten an der Ostfront und auch viele in der Heimat jeden Tag warteten: Pünktlich gegen 22 Uhr meldete sich der deutsche Soldatensender Radio Belgrad mit der einschmeichelnden Melodie von "Lili Marlen":
"Vor der Kaserne, vor dem großen Tor stand eine Laterne, und steht sie noch davor(...). Wenn sich die späten Nebel drehn, werd` ich an der Laterne stehn, wie einst Lilly Marlen".
Es gab wohl kein Lied, das so soft und so inbrünstig mitgesungen wurde, wie diese Melodie. Selbst feindliche Truppen sangen sie mit eigenen Texten in ihrer Landessprache.[10]
Die Wende im Zweiten Weltkrieg kam Anfang Februar 1943 mit der Niederlage in der Schlacht um Stalingrad an der Wolga. Aber wer Radio hörte, sollte und musste immer noch an den "Endsieg" glauben, denn es sollte ja noch das große Wunder kommen. Was tatsächlich kam, war allerdings die größte Katastrophe, die Deutschland je erlebt hat.
Als ich nach zehn Jahren Krieg und anschließender sowjetischer Kriegsgefangenschaft in Sibirien nach Haus zurückkehrte, lag Deutschland noch in Trümmern. Die alliierten Besatzungsmächte bestimmten das politische Geschehen. Der britische Besatzungsoffizier Sir Hugh Carleton Green[11] (sein Bruder Graham Green ist als Schriftsteller vielleicht bekannter) hatte in der britischen Besatzungszone den Auftrag, den Rundfunk als öffentlich-rechtliche Einrichtung wieder aufzubauen. Dabei ist es ihm gelungen, die britisch besetzten deutschen Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein in einer Rundfunkanstalt (NWDR)[12] zusammenzuführen. Sie stand zunächst noch unter britischer Oberaufsicht. Von Anfang an war es aber das Ziel, nach der Nazi-Diktatur die Presse- und Meinungsfreiheit wieder herzustellen – als wesentlicher Teil des demokratisch verfassten Nachkriegsdeutschlands.
In der deutschen Bevölkerung gab es allerdings nach Kriegsende zunächst nur noch wenige Radiogeräte. Viele waren von den Besatzern beschlagnahmt und hatten abgegeben werden müssen oder waren gestohlen worden. Vor allem aber hatte die geschundene und darbende Bevölkerung andere Sorgen.
Etwa Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts begann das Fernsehen seinen Siegeszug. Das Radio bekam damit einen ernst zu nehmenden Konkurrenten. Dennoch konnte sich das Radio bis heute (2023) daneben behaupten – zumal es die tragbaren und mit Batterien betriebenen Geräte gab. Hinzu kam auch, dass das Radio in den Autos bald serienmäßig mitgeliefert wurde.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich in den 60er Jahren mein zweites Auto mit eingebautem Radio bekam. Wenn man den Zündschlüssel im Schloss drehte, sprang auch gleich das Gerät an. Musik oder Wortsendungen waren ebenso gut zu hören, wie bei stationären Radiogeräten. Der nächste Schritt war dann ein Cassetten-Radio, mit dem man Radiosendungen mitschneiden und später abhören oder beliebige Cassetten einlegen konnte. Welch ein Genuss! Am meisten wurde von mir nebenbei Musik gehört, gelegentlich auch Nachrichten oder Hörspiele. Das scheint auch heute noch so zu sein. Wenn mich meine Tochter (ich habe mein Auto mit 95 Jahren abgegeben) oder mein 40jähriger Enkelsohn in ihrem Auto mitnehmen, höre ich beim Einsteigen schon die Musik aus dem Autoradio. Aber diese Musik ist nicht mehr meine Welt.
Als über Hundertjähriger kann ich zwar über die Geschichte des hundertjährigen Radios etwas erzählen, aber seit längerem habe ich nirgendwo in meiner Wohnung noch ein Radio stehen, so dass die Entwicklung vor allem in letzter Zeit an mir vorbeigegangen ist. Dennoch möchte ich den abgedroschenen Satz zitieren: "Wenn es das Radio nicht gäbe, müsste es schleunigst erfunden werden!" Mir hat es in den vergangenen 80 Jahren viel genutzt und auch viel Freude bereitet – mehr, als dass ich mich über Sendungen geärgert hätte.
[1] Das erste regelmäßige Radioprogramm für das allgemeine Publikum sendete die Berliner Funkstunde ab dem 29. Oktober 1923. Sendebeginn der „Norag“ (Nordische Rundfunk AG) zuerst im Raum Hamburg war am 2. Mai 1924. An der Saar gab es einen Radiosender erst ab 1935.
[2] Jürgen Köster (* 30. November 1948) arbeitete von 1968-1985 beim SR. Er war als redaktioneller Mitarbeiter in den aktuellen politischen Magazinsendungen und in der Unterhaltungsabteilung der Europawelle Saar tätig. Insbesondere trat er als Mitorganisator der ersten Schülerferienfeste hervor und betreute redaktionell das „Städtequiz“ mit Peter Hahne, der moderierte und Jan Hofer, der die Musik dafür auswählte. Sehr gern und ebenso erfolgreich organisierte er große Höreraktionen. Nach seinem Ausscheiden beim SR wurde Jürgen Köster leitender Mitarbeiter und Programmdirektor verschiedener Sender im privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Seit 2004 ist er Vorsitzender des Presseclubs Hannover.
[3] Rolf Zick (* 16. April 1921; † 8. März 2024) war ein niedersächsischer landespolitischer Journalist, Buchautor, langjähriger Vorsitzender und Ehrenvorsitzender der niedersächsischen Landespressekonferenz, Mitgründer und Ehrenpräsident des Presseclubs Hannover, ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, dem Großen Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens und der niedersächsischen Landesmedaille, Träger des LeibnizRingHannover.
[4] Die erste Schulfunksendung strahlte die NORAG (Norddeutsche Rundfunk A.G.) 1924 aus – ein Jahr nach der Geburtsstunde des Radios.
[5] Max Schmeling verlor am 21. Juni 1932 nach 15 Runden seinen Weltmeistertitel im Schwergewicht an den US-Amerikaner Jack Sharkey. Der Boxkampf fand in der New Yorker Madison Square Garden Outdoor-Arena statt. Von diesem Kampf hat das SWR2 Archivradio eine Reportage ins Netz gestellt. https://www.swr.de/swr2/wissen/archivradio/reportage-max-schmeling-verliert-weltmeistertitel-100.html]
[6] Der Radioreporter dieser Übertragung war Arno Hellmis (* 19. März 1901; † 6. Juni 1940 als Kriegsberichterstatter in Frankreich). Seine Reportage ist erhalten geblieben. Die 28 Tonfolien werden im Deutschen Rundfunkarchiv aufbewahrt und sind ein Zeitdokument für die (wechselseitige) politische Instrumentalisierung des Sports. Hellmis nannte – weitgehend im rassistischen Nazi-Sprech – Joe Louis meist nur den „Neger“. NS-Propagandaminister Joseph Goebbels schrieb in sein Tagebuch, Schmeling habe „für Deutschland gefochten und gesiegt. Der Weiße über den Schwarzen, und der Weiße war ein Deutscher." Der Kinofilm über diesen Boxkampf trug denn auch den Titel: "Max Schmelings Sieg – Ein deutscher Sieg". Zwei Jahre später freilich – nachdem Schmeling am 22. Juni 1938 im Rückkampf gegen Joe Louis nach gerade mal zwei Minuten und vier Sekunden bereits in der ersten Runde ausgeknockt worden war – gingen die Nazis auf Distanz zu dem Boxer, der nie ein Nazi war und nie einer werden wollte. Das Radio hatte wesentlich dazu beigetragen, Max Schmeling zu einem Idol zu machen. Und er umgekehrt hat dem Radio auch als Boxsport-Medium zu größter Beliebtheit verholfen. Förmlich hineingekrochen in ihre Radios seien die Hörer damals, erinnerte sich als Zeitzeuge der Sänger und Schauspieler Johannes Heesters (* 5. Dezember 1903, † 24. Dezember 2011).
[7] Die Typenbezeichnung war „VE 301. Die Zahl stand für den 30. Januar. An diesem Tag hatten 1933 die Nazis die Macht ergriffen.
[8] Joseph Goebbels, (* 29. Dezember 1897; † 1. Mai 1945) NS-Gauleiter von Berlin ab 1926, NS-Reichspropagandaleiter ab 1930, NS-Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ab 1933.
[9] Der Wehrmachtbericht begann mit einer Fanfare und dem immer gleichen Satz: „Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt“. Im Netz sind Beispiele zu finden, z. B. auch der letzte Wehrmachtbericht, den der Reichssender Flensburg am 9. Mai 1945 gesendet hat.
[10] Am 18. August 1941 präsentierte Leutnant Karl Heinz Reintgen im Belgrader Soldatensender als „junger Wachtposten“ zum ersten Mal Hörergrüße von der Front in die Heimat und umgekehrt. Am Ende der Sendung „Wir grüßen unsere Hörer“ spielte der Kriegsberichterstatter das Lied von Lili Marlen. Und das tat er fortan regelmäßig jeden Abend. Der von Lale Andersen gesungene Titel entwickelte sich so zum wohl bekanntesten Soldatenlied des Zweiten Weltkriegs. 1964 produzierte der SR-Showregisseur Truck Branss ein FS-„Porträt in Musik“ mit Lale Andersen, vgl. Fundstück zur SR-Geschichte „Machte Stars und war selbst einer“.
Karl Heinz Reintgen (* 3.11.1915; † 17. 09.1990) volontierte nach dem Abitur 1935 beim Deutschlandsender und beim Deutschen Kurzwellensender (bis 1937), nahm erfolgreich an einem Reporterwettbewerb des Reichsrundfunks in Berlin teil, war von 1937 bis 1945 Soldat (zuletzt Oberleutnant), war während des Zweiten Weltkriegs Kriegsberichterstatter. Von 1941 bis 1945 leitete er den Soldatensender Belgrad, wo er als „kleiner Wachtposten“ auch moderierte und regelmäßig das Lied „Lili Marleen“ ansagte. Mit dem Titel wurde der Sender weithin an der Front und in der Heimat populär. Nach dem Krieg arbeitete Reintgen u.a. als Reporter bei der Zeitung die „Rheinpfalz“ und beim Südwestfunk Baden-Baden (SWF, heute SWR). Beim Saarländischen Rundfunk wurde er Chefredakteur/Direktor Hörfunk und Fernsehen und stv. Intendant. Mehr über Reintgen im Fundstück zur SR-Geschichte „Die Anfänge der aktuellen Landesberichterstattung im SR-Fernsehen: Es begann mit der „Abendschau“.
[11] Sir Hugh Carlton Green (*15.11.1910; † 19.2.1987) war Journalist und u. a. Korrespondent in Nazideutschland. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er Leiter des Deutschen Dienstes der BBC. Der „Feindsender“ wurde – obwohl es streng verboten war – auch in Nazideutschland viel gehört. Als hoher Besatzungsoffizier baute Green nach 1945 den deutschen öffentlich-rechtlichen Nachkriegsrundfunk in der britischen Besatzungszone auf. Das Vorbild dafür war die BBC, deren Generaldirektor Green schließlich bis 1969 war.
[12] Der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) wurde als öffentlich-rechtlicher Sender bereits 1948 gegründet. Er hatte auch ein Studio/ Funkhaus in Westberlin, wo er gut gehört werden konnte. Ab 1. Juni 1954 gab es in West-Berlin den öffentlich-rechtlichen „Sender Freies Berlin“. 1956 wurde der NWDR in den Norddeutschen Rundfunk (NDR) und den Westdeutschen Rundfunk (WDR) aufgeteilt.
Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte, Rahmentext und Fußnoten: Axel Buchholz (AB); Illustration: Burkhard Döring, Magdalena Hell; Layout/Gestaltung: Magdalena Hell; Standbilder: Sven Müller (Fernseh-Archiv)