Schulfernsehredakteur Dietmar Zimmermann und Kameramann Günter Burghard beim Dreh in Grönland. (Foto: D. Zimmermann)

SR-Schulfernsehen

Wie „bewegte“ Bilder bilden wollten

 

Das Zimmertelefon im NAVIGATOR INN rappelte und ich schreckte aus einem tiefen Schlaf auf: „Good morning, I am Christine from CBC North. We are ON AIR now und unsere Hörer möchten gern wissen, was ein deutsches Kamerateam hier am Ende der Welt filmen will?“ Eine quietschfidele Frauenstimme, die mich unsanft in die Wirklichkeit zurückholte …

Von Dr. Dietmar Zimmermann

Wir waren in eiskalter Nacht mit einem Transportflugzeug aus Grönland kommend – natürlich ohne Visum – in Iqaluit auf Baffin Island, Kanada, gelandet. Außer uns auf dem kaum beleuchteten Flugfeld nur ein britischer Militärjet. Die drei Piloten – unter ihnen kein geringerer als Prince Charles – vertraten sich die Füße und bereiteten sich auf den Weiterflug vor.

Wir müssten – so meinte der einsame Flughafenmitarbeiter – im kleinen unbeheizten Aufenthaltsraum bis zum nächsten Morgen auf den Zoll warten. Natürlich keine Option, die Freude macht, und so ließ er uns nach längerer Maulerei mit einem PickUp ins einzige Gasthaus weit und breit bringen, wo wir wenigstens warme Betten und die Hoffnung auf ein Frühstück hatten.
So oder ähnlich verliefen viele unserer Dreharbeiten, die immer von wenig Geld und umso mehr Improvisation geprägt waren.

Filmteam um Dr. Zimmermann (Foto: D. Zimmernann)
Das SR-Team beim Grönland-Dreh fürs Schulfernsehen (v. l.): Dietmar Zimmermann (Regie), Rainer Sahm (Ton), Bernd Kurz (Kameraassistenz), Günter Burghard (Kamera).

Schulfernsehen in Deutschland begann in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Das Wort von der Bildungskatastrophe (geprägt vom Altphilologen, Philosophen und Pädagogen Prof. Dr. Georg Picht, *1913; † 1982) war die Antriebsfeder für eine Modernisierung des schulischen und außerschulischen Lernens. Anleihen zu einer Intensivierung der Bemühungen bezog man damals aus der Entwicklung der Medientechnik und von entsprechenden Vorbildern in den USA und in Japan.

Analog zu Erfahrungen mit dem Schulfunk lag es nahe, den Siegeszug des Fernsehens auch und gerade für die Bildungsbemühungen zu nutzen. Dabei wurden unterschiedliche Konzepte diskutiert:
- Schulfernsehen als Bereicherung des Unterrichts (Sendungen zur Visualisierung von Fachinhalten/Enrichment)
- Schulfernsehen als Lehrerersatz (zur Linderung des Lehrermangels)
- Schulfernsehen zur Einführung neuer Schulfächer (z. B. Mengenlehre und Weltkunde).

Schulfernsehen hatte allerdings eine spezifische Schwierigkeit in der föderalen Bundesrepublik: das waren die unterschiedlichen Lehrpläne und pädagogischen Zielvorgaben der Bundesländer. Während das öffentlich- rechtliche Fernsehen weitgehend national aufgestellt war (Ausnahmen gab es nur, wenn Bayern aus politischen Gründen aus dem Gemeinschaftsprogramm ausstieg), musste Schulfernsehen die Bundesländer mit ihren eigenen Zielsetzungen bedienen. Deshalb nutzten die Sender ihre Dritten Programme für die Ausstrahlung. Im Südwesten war das S3, das gemeinsame Programm für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland.

1970 wurde an 273 Schulen in den drei Bundesländern ein wissenschaftlich begleiteter Pilotversuch mit Mengenlehre für die 5. und 6. Klassen und Sozialkunde für die 8. Klassen durchgeführt. Nach dessen Ende war klar: man wollte Schulfernsehen.

Der Südwestfunk sollte die Mengenlehre produzieren, der Saarländische Rundfunk die Weltkunde, der Süddeutsche Rundfunk blieb außen vor und konzentrierte sich auf den Schulfunk im Radio.

Die Produktion der Sendungen und des Begleitmaterials für Lehrer und Schüler wurde allerdings nicht den Rundfunkanstalten allein überlassen. Es wurden Lehrer aus den drei Bundesländern bestimmt, die bei der Konzeption der Sendungen und dem Erstellen des Begleitmaterials die Übereinstimmung mit den jeweiligen Lehrplänen sicherstellen sollten. Dass diese Konstellation zuweilen zu Konflikten führte, ist nicht überraschend. In der Regel und mit zunehmender Dauer kam man jedoch zu einvernehmlichen Lösungen.

Schulfernsehen. Weltkunde (Foto: Verlag)
Lehrerhandbücher für die SR-Schulfernsehreihe Weltkunde.

Weltkunde sollte für die 5. und 6. Klassen aller Schulformen das Unterrichtsfach Erdkunde ablösen und erweitern, nicht mehr nur zweidimensional die geografischen Gegebenheiten vermitteln, sondern weltweit und ganzheitlich das Leben und Wirken des Menschen im Naturraum beleuchten.

Weltkunde bestand aus 42 Unterrichtseinheiten und aus den zugehörigen Begleitmaterialien, die in zwei Büchern und einer kostenlosen Programmzeitschrift Schulfernsehen kopierfähig angeboten wurden.

Schwierigkeiten in der technischen Umsetzung waren an der Tagesordnung. Zwar hatten etwa 50 % der Schulen Fernsehempfänger, jedoch nicht in jedem Klassenraum. Und da es noch keine Videorecorder gab, musste Schulfernsehen linear gesehen werden. Der Unterricht richtete sich also nach den Sendezeiten. Erst später kamen die Kassettenrecorder auf, die einen flexiblen Einsatz der Sendungen in den regulären Schulstunden ermöglichten. Damit das in einer 45-Minuten-Unterrichtseinheit gelingen konnte, durften die Sendungen nur 15 bis maximal 25 Minuten lang sein.

Ein weiteres Problem waren die für diese Art des Unterrichts nicht ausgebildeten Lehrer. Deshalb wurden große Anstrengungen unternommen, die Lehrerfortbildung zu intensivieren und Lehrer zu ermutigen, Schulfernsehen einzusetzen. Das Begleitmaterial sollte zudem die Unterrichtsvorbereitung wesentlich erleichtern.

Messestand Bildungsmesse Trier 1982. (Foto: Dietmar Zimmermann)
Überzeugungsarbeit für das Schulfernsehen: SR-Fernseh-Redakteur Dr. Dietmar Zimmermann mit einem Messestand auf der Bildungsmesse in Trier, ca. 1982.

Die schwierige Gemengelage zwischen Schulbehörden und Fernsehredaktionen ließ sich nicht völlig aufheben. Schulbehörden beharrten auf ihrer Aufgabe, Lehrplaninhalte konsequent und ohne „Störgeräusche“ zu vermitteln, und Fernsehleute sahen auch immer die Erwartungshaltung der Zuschauer, die nicht nur belehrt sondern gleichzeitig unterhalten werden wollten.

Ich erinnere mich an eine Lehrertagung auf der Comburg, einem ehemaligen Kloster in Schwäbisch Hall, wo das Land Baden-Württemberg seine Lehrerinnen und Lehrer fortbildete. Dort habe ich die Sendung zur Unterrichtseinheit „Der Winterurlaub“ (Weltkunde 29) vorgeführt. Die Sendung hatte eine Spielhandlung, wobei es um den Urlaub einer Familie im Kleinwalsertal ging. In bestimmten Passagen wurde Musik eingesetzt, um den emotionalen Eindruck zu verstärken. Eine Teilnehmerin der Fortbildung beklagte sich dann bitterlich über diese Art von Schulfernsehsendung, die doch den üblichen Fernsehfilmen sehr nahe käme und die Schüler nur vom Lernen ablenken würde.

Während der Südwestfunk aufgrund seiner Größe ausreichend Personal und Geld einsetzen konnte, waren die Ressourcen beim Saarländischen Rundfunk eher überschaubar. Die Aufgabe allerdings nahm darauf keine Rücksicht: Weltkunde! Fern sehen im wahrsten Sinne des Wortes. Sendungen mit exemplarischen Beispielen aus aller Welt.

Das Personal der Redaktion Schulfernsehen war dagegen bescheiden zu nennen: ein Redakteur, ein Produktionsleiter, eine Sekretärin und später noch ein abgeordneter Lehrer aus Baden-Württemberg. Wären das nicht alles Idealisten gewesen, die weder auf angemessene Bezahlung noch auf geregelte Arbeitszeit geschaut haben, wären die Aufgaben nicht zu leisten gewesen. Als Redaktionsleiter habe ich an dieser Stelle in sozialer Hinsicht gründlich versagt. Ich denke aber mal, dass die Straftatbestände inzwischen verjährt sind.

Aus dem Begleitmaterial der SR-Schulfernsehsendung „Weltkunde“, Unterrichtseinheit 28. Bitte zum Vergrößern anklicken.

Der Schulfernsehvertrag der Länder mit den Rundfunkanstalten wurde schon 1972/73 unterzeichnet. Ich kam erst im Oktober 1976 ins Spiel, als Nachfolger des ersten Redakteurs. Der SR suchte nach einer dauerhaften Lösung für die Redaktionsleitung. Da ich mich schon auf der Universität mit Medien für den Unterricht beschäftigt, fünf Jahre als Lehrer gearbeitet und dann für WDR, NDR und das Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht FWU auch Lernmedien realisiert hatte, schien mein Profil in das Suchraster des Saarländischen Rundfunks zu passen. Meinem Vorgänger wurde als überfordertem Neuling ein erfahrener Kollege aus Berlin an die Seite gestellt. Der unterstützte dann auch mich für eine Übergangszeit.

Ich war mir allerdings nicht sicher, ob ich wirklich auf Dauer in einer Rundfunkanstalt arbeiten oder doch lieber Filme machen wollte. Und so einigte man sich zunächst auf einen Jahresvertrag mit der Versicherung, bei Gelegenheit selbst Sendungen realisieren zu können. Die Gelegenheit kam schneller als gedacht, die finanzielle Situation zwang uns dazu. Und so folgten dem ersten Vertragsjahr noch viele weitere.

Dr. Zimmermann in einer Schule. (Foto: SR )
Redaktionsleiter Dr. Dietmar Zimmerman zu Besuch in einer Schule.

Das Weltkunde-Programm begann gleich mit Produktionen in Australien und Afrika. Doch der Start gestaltete sich holprig: Unerfahrene Mitarbeiter, beschränkte finanzielle Möglichkeiten und Unsicherheiten allerorten erschwerten die Arbeiten. Die notwendige Bestandsaufnahme ergab, dass eine Reihe von Produktionen mit freien Mitarbeitern zwar angefangen wurde, deren Fertigstellung allerdings auf sich warten ließ und deren Finanzierung nicht absehbar war. Es musste also Struktur her, ein Plan wie, wann und von wem die Sendungen in welcher Zeit und mit welchem finanziellen Aufwand realisiert werden konnten.

Wir beschlossen Sofortmaßnahmen mit weitreichenden Folgen:
- So viel wie möglich auf die indirekte – also die vom Sender getragene Kostenseite verschieben. Nur wenig außer Haus vergeben und so weit wie möglich selber machen: Buch, Regie, Produktion. Und dazu die besten Kräfte des SR nutzen: Kamera, Ton, Licht, Postproduktion.
- Einen Plan aufstellen, der die Abfolge der Produktionen festlegt, aber auch dafür sorgt, dass jahreszeitliche Gegebenheiten an den Drehorten ebenso berücksichtigt werden wie die Kapazitäten unserer kleinen Redaktion.
- Mit Hochdruck nach Ko-Produzenten suchen, um kostensparender arbeiten zu können. Denn auch in anderen Bundesländern sind Lehrplaninhalte mit identischen Zielen zu finden.

Um die strengere Form der didaktischen Vorgaben zu umgehen, schlug ich nach Beendigung der Weltkunde-Produktion vor, einen Arbeitskreis Erdkunde zu gründen, dem die Schulfernsehproduzenten der ARD und des Schweizerischen Fernsehens (SRG) angehören sollten. Dabei ging es um die Verhinderung von Doubletten genauso wie um die Anregung von Ko-Produktionen, die größere finanzielle Spielräume und mehr Akzeptanz schaffen.

Auf diese Weise konnten wir weitere vielbeachtete und vor allem bundesweit eingesetzte Sendereihen herstellen wie z. B. „Land aus Eis und Stein“. Das wareine vierteilige Reihe über Menschen in der Arktis, auf Grönland und in Nordkanada.

Kameramann Günter Burghard auf Grönland. (Foto: D. Zimmermann)
Kameramann Günter Burghard beim Dreh mit einer Arriflex-Filmkamera auf Grönland (ca. 1980).
Günter Burghard und Bernd Kurtz (Foto: D. Zimmermann)
Kameramann Günter Burghard und Assistent Bernd Kurz beim Dreh in Grönland.

Damals Anfang der 1980er Jahre war die Arktis noch so, wie man sie sich immer vorgestellt hat: das Inlandeis intakt, die Davis Straight (ein nördlicher Arm des Atlantiks zwischen Grönland und Baffin Island) voller treibender Eisberge. Und am Ende des Eisfjords bei Ilusissat hörte und sah man, wie das Eis vom Gletscher abbrach und in riesigen Brocken im Wasser schwamm. Insofern ein Dokument aus der Zeit vor dem heute auch dort sichtbaren Klimawandel.

Auch die achtteilige Reihe vom Leben der Menschen in der damaligen DDR „Zwischen Ostsee und Thüringer Wald“ entstand als Koproduktion. Zwei Folgen dieser Reihe sind übrigens über YouTube im Netz zu finden. 
Diese Sendungen waren nicht unumstritten, da sie weitgehend nur die Sachverhalte beschrieben und auf Systemkritik verzichteten. Es wurden Menschen portraitiert, die natürlich von den Behörden ausgesucht waren und als systemtreu galten, dennoch durch ihre Äußerungen einen Einblick in ihr Leben und Denken gaben.
Einen Kritikpunkt bot z. B. der Name Karl-Marx-Stadt, das frühere und heutige Chemnitz, den eine Folge im Titel führte. Aber so hieß die Stadt nun mal, ob es einen störte oder nicht.

Dreharbeiten in der damaligen DDR. (Foto: D. Zimmermann)
Die DDR 1984/85 von ihrer Vorzeige-Seite: Dreh der SR-Schulfernsehreihe „Zwischen Ostsee und Thüringer Wald“ mit Kameramann Hans Schugg, Peter Stenger (Kameraassistent) und Thomas Molitor (Ton).

Eine nur negative Darstellung der Verhältnisse hätte zudem dazu geführt, keine Drehgenehmigung mehr zu bekommen. Auch das konnte nicht unsere Absicht sein. Ich denke im Rückblick, dass diese Sendereihe einmalig und sehr nützlich war.

Dreharbeiten in der damaligen DDR. (Foto: D. Zimmermann)
Dreh der selben SR-Schulfernsehreihe mit Kameramann Günter Burghard und Assisten Peter Stenger.

Eine der wenigen unschönen Erfahrungen während der Dreharbeiten war von uns selbst verschuldet: Ein Teammitglied hatte im Saarbrücker Bahnhof DDR-Geld besorgt, leider auch einen nicht mehr gültigen 100-Mark-Schein bekommen und diesen dann beim Abendessen in Erfurt einzulösen versucht. Am nächsten Morgen standen zwei Trenchcoat-Männer (also Mitarbeiter der Staatssicherheit) im Hotel. Ich musste mit in die Filiale der Staatsbank, wo mir der Geldschein präsentiert wurde.
Ich hatte keinen Grund zu leugnen und erst recht nicht, einen Namen zu nennen. Nach längeren Telefonaten mit Berlin hat man es dann bei der Ermahnung belassen, die Devisenbestimmungen künftig ernster zu nehmen.

Buchcover „Miteinander – Gegeneinander“. (Foto: Beltz-Verlag)
Begleitbuch von Heinrich Kalbfuss zur Reihe „Miteinander – Gegeneinander“.
Dreh zur Schulfernsehreihe „Bildende Kunst“. (Foto: D. Zimmermann)
Dreh zur Schulfernsehreihe „Bildende Kunst“ mit (v. l.) Elmar Solzbacher (Ton), Fredi Müller (Kamera) sowie die Regisseurin Margit Saad.

Die bessere finanzielle Situation erlaubte uns auch Produktionen für andere Fachgebiete. Dabei waren nicht nur Schüler und Lehrer als Zielgruppe angedacht sondern generell junge und junggebliebene Leute. „Miteinander/Gegeneinander“ war eine sechsteilige Spielfilmreihe, zu der auch ein Buch mit psychologischen Kommentaren unseres Kollegen Heinrich Kalbfuss erschien.

Diese Sendungen erzählen die Geschichte von Heiko, der mit dem Kopf durch die Wand will, aber immer wieder in der Realität landet. Sie wurden mit Hilfe von überzeugenden Laiendarstellern und sympathischen Profis für die jugendlichen Zuschauer zu authentischen Beispielen aus der eigenen Erlebniswelt. Zu Zeiten hatte diese Reihe das Zeug zur Kultserie. 
„Julia“ war ein Zweiteiler über Träume und Realität beim Heranwachsen Jugendlicher. „Bildende Kunst“ eine achtteilige Sendereihe zum gleichnamigen Schulfach.
Diese Produktionen wären ohne die Beteiligung anderer Sendeanstalten nicht möglich gewesen. Auch die Verbreitung in der Fernsehlandschaft mit vielen Wiederholungen und Ausstrahlungen – selbst bei regionalen Sendern in Südtirol – machten den Aufwand lohnenswert. Dabei schienen wir von der Redaktion Schulfernsehen für die SR-Programmpolitik relativ unwichtig zu sein: Hauptsache keine Forderungen nach mehr Personal und Geld.

Regiebesprechung beim Dreh der Schulfernseh-Sendung „Julia“ (Foto: K. P. Weber)
Beim Dreh der Schulfernseh-Sendung „Julia“, v. l. Redakteur Dietmar Zimmermann, Thomas Westenburger (Ton) und Kameramann Klaus Peter Weber.

Und immer wieder mussten wir die Gemischte Kommission (regelmäßig tagendes Gremium aus Vertretern der Kultusministerien und der beteiligten Rundfunkanstalten) so informieren, dass kein Verdacht ob der inhaltlichen Treue zu den geltenden Lehrplänen aufkommen konnte.

Zum Ende ließ die anfängliche Begeisterung auf allen Seiten nach: Die Kultusbehörden, die Rundfunkanstalten, die Lehrervertreter, sie alle standen nicht mehr geschlossen hinter dem Projekt. Wenn es auch niemand öffentlich aussprach, so nahmen doch die Zweifel überhand. Mitte der 80er Jahre hat der Saarländische Rundfunk nach mehr als 10 Jahren das Schulfernsehen eingestellt. Diese schwerwiegende Entscheidung wurde einvernehmlich zwischen saarländischem Kultusministerium, dem SR und der Schulfernsehredaktion getroffen.

Die Gründe waren vielfältig, sie hatten zu tun
- mit der technischen Entwicklung zur jederzeit verfügbaren DVD,
- mit dem Selbstbewusstsein von Lehrern, die sich nicht gerne eine fremde Methodik aufzwingen lassen,
- mit dem Misstrauen der Ministerialbeamten, die keine fremden Einflüsse in ihre Sphären dulden,
- mit Rundfunkanstalten, die um ihre Unabhängigkeit fürchten
- mit Redakteuren, die sich ihrer Kreativität beraubt fühlen und
- mit der öffentlichen Meinung, die damals wie heute andere Prioritäten setzt (die gucken sowieso schon zu viel Fernsehen und dann noch in der Schule …, dabei gab es Google, Facebook und Twitter noch nicht einmal).

Ich glaube übrigens, dass die damalige Entscheidung, auf Schulfernsehen zu verzichten, richtig war. Die komplizierte Konzeption, Beratung und Begleitung von Schulfernsehen hat in keinem Verhältnis zu seinem Erfolg gestanden. Die Produktionen, die wir später weitaus selbständiger angehen konnten, waren effektiver und hilfreicher als die unter häufig widerstreitenden didaktischen Vorgaben hergestellten Sendereihen zuvor.
Und Lehrer, die schon vorher mit Schulfernsehen gearbeitet hatten, haben uns oft genug berichtet, dass sie auch die weniger didaktisch strukturierten Sendungen einsetzen würden. Für den Lernerfolg seien schließlich sie selbst verantwortlich.

Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz; Illustration Burkhard Döring, Magdalena Hell und Dietmar Zimmermann; Layout und Gestaltung: Eva Röder; Standbilder: Sven Müller (Fernseh-Archiv); Mitarbeit Bild-Recherche: Klaus Peter Weber.

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