Anwar Amr in seiner Kfz-Werkstatt (Foto: SR/Kerstin Gallmeyer)

Saarländische Kfz-Werkstätten in Personalnot

Reporter: Kerstin Gallmeyer | Onlinefassung: Andree Werner   22.05.2023 | 08:10 Uhr

In vielen Autowerkstätten im Saarland sind Vorlauf und Reparaturzeiten derzeit deutlich länger als gewöhnlich. Denn auch hier mangelt es an Fachpersonal. SR-Reporterin Kerstin Gallmeyer hat zwei Kfz-Werkstätten in Dudweiler und Blieskastel besucht.

Es ist Samstagvormittag: Anwar Amr von AMR Reparaturservice in Dudweiler schraubt an einem königsblauen Pkw herum. Der Wagen braucht einen neuen Behälter für das Scheibenwasser. Normalerweise kümmert sich der 63-jährige Kfz-Meister samstags um die Buchhaltung. Aber gerade ist so viel Arbeit aufgelaufen, dass Amr eine Extra-Schicht einlegen muss.

Lange Wartezeiten

Draußen vor der Werkstatt steht auch noch ein Geländewagen eines Stammkunden. Der Wagen ist nicht durch den TÜV gekommen. Neue Stoßdämpfer sind zwar da, sagt Amr - aber er hat es einfach noch nicht geschafft, sie einzubauen. Der Besitzer wartet bereits seit einer Woche auf sein Fahrzeug. Er ist, wie viele Stammkunden, mittlerweile unzufrieden. Neukunden sind in dieser Situation ausgeschlossen, sagt der Kfz-Meister.

Video [aktueller bericht, 24.05.2023, Länge: 3:08 Min.]
Saarländische KFZ-Werkstätte beklagen Fachkräftemangel

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Saarländische Kfz-Werkstätten in Personalnot
Audio [SR 3, (c) SR 3 Kerstin Gallmeyer, 22.05.2023, Länge: 02:42 Min.]
Saarländische Kfz-Werkstätten in Personalnot

Auch in der Bliesgau-Garage in Blieskastel müssen die Kunden im Moment deutlich länger auf einen Werkstatt-Termin warten als sonst, sagt Geschäftsleiter Martin Bitsch. "Üblicherweise schaffen wir das innerhalb von acht Tagen. Momentan sind wir bei mindestens drei Wochen", so Bitsch.

Neben fehlendem Nachwuchs sieht Martin Bitsch aber noch einen weiteren Grund für die Situation: So ziehe die Auto-Industrie immer weiter Personal ab. "Bei uns in Homburg ist das Bosch oder Schaeffler oder in Saarbrücken ZF", so Bitsch.

Video [aktueller bericht, 24.05.2023, Länge: 3:23 Min.]
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Nachwuchs ist Mangelware

Seit 28 Jahren arbeitet Anwar Amr im KfZ-Gewerbe. Mit großer Leidenschaft. Er hat seinen Meister gemacht, mit dem AMR Reparaturservice seinen eigenen Betrieb aufgebaut - mit Azubis und Gesellen. Doch die sind auch bei ihm Mangelware. Seit ungefähr sechs Monaten arbeitet der Kfz-Meister komplett allein in seiner Werkstatt – und das bringt ihn ziemlich ans Limit, sagt er.

Um welches Fahrzeug er sich dann als Nächstes kümmert, ist für Amr deshalb immer ein bisschen Abwägungssache. Manche Kunden sind eben entspannter als andere.

Oft nur kleine Reparaturen möglich

Gerade bei TÜV-Terminen muss er sich aber auch an die Zeit halten. Denn wenn die Kontrolle zu spät erfolgt, brauchen die Kunden einen neuen TÜV, das kostet 148 Euro. So bleibt Anwar Amr kaum Luft für Notfälle. Oder wenn überhaupt nur für kleine, schnelle Reparaturen. Eine aufwändige Reparatur eines Kupplungsschadens musste er zuletzt ablehnen.

Lockangebote verschärfen Problem

Auch der Lohn ist ein Faktor. Industrielöhne können kleine Werkstätten nicht bieten. Vielleicht auch deshalb sucht Martin Bitsch seit geschlagenen anderthalb Jahren einen zusätzlichen Gesellen für seinen Betrieb. Die Situation ist derzeit ganz extrem, meint auch Kfz-Meister Anwar Amr. Denn große Werkstätten versuchen die ohnehin zu wenigen Fachkräfte mittlerweile mit hohen Sonderprämien zu locken.

10.000 Euro Wechselgeld, eine Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich ohne Probezeit - mit solchen Lockangeboten kann weder Kfz-Meister Amr aus Dudweiler, noch der Betrieb von Martin Bitsch aus Blieskastel mithalten.

Und die Situation wird für die Kunden wohl nicht besser werden – vor zwei Monaten hat Kfz-Meister Amr nämlich beschlossen: Ende des Jahres macht er die Werkstatt dicht. Auch wenn ihm das Herz blutet: Aber ganz allein kann und will er mit seinen 63 Jahren den Betrieb nicht weiterführen.

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Ein Thema am 22.05.2023 auf SR 3 Saarlandwelle in der Sendung "Guten Morgen".

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