Vierte Nacht der Gewalt in Frankreich: Wie hier in Charenton bei Paris hatten Polizei und Feuerwehr im ganzen Land zahlreiche Einsätze. (Foto: IMAGO / ABACAPRESS)

Jugendliche fühlen sich von Gesellschaft ausgeschlossen

Im Interview: SR 3-Frankreichreporterin Sabine Wachs

Moderation: Michael Friemel / Onlinefassung: Corinna Kern   04.07.2023 | 08:41 Uhr

Seit einer Woche gibt es zum Teil heftige Ausschreitungen in Frankreich. Der Tod eines Jugendlichen aus einem Vorort von Paris lässt viele junge Menschen auf die Straße gehen. Randalierer zünden Autos an und es schon zu Übergriffen auf Bürgermeister gekommen. Auch in der Grenzregion kam es zu Ausschreitungen.

Am 27. Juni wurde in einem Vorort von Paris ein Jugendlicher mutmaßlich von einem Polizisten erschossen. Seitdem kommt es vor allem nachts zu teils gewaltsamen Ausschreitungen in zahlreichen französischen Städten. Besonders stark betroffen sind die großen Städte wie Paris und Marseille. Aber auch in der Grenzregion sei es zu Ausschreitungen gekommen, sagt SR 3-Frankreichreporterin Sabine Wachs. Auch in der Grenzregion seien Bürgermeister angegriffen worden und konnten bei den Randalen in den Städten nur machtlos zuschauen. Der Bürgermeister von Metz schätzt den entstandenen Schaden auf rund 20 Millionen Euro.

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"Ich bin geschockt und mir fehlen die Worte"
Audio [SR 3, Moderation: Michael Friemel / im Gespräch: Sabine Wachs, 04.07.2023, Länge: 07:15 Min.]
"Ich bin geschockt und mir fehlen die Worte"

Die Probleme der jungen Menschen, die den Großteil der Randalierer ausmachen, sind - ob Paris oder Forbach - dieselben. Die Armut hat sich durch Inflation und Corona-Pandemie in den letzten Jahren weiter verschärft. Die Jugendlichen, die in den Sozialwohnungen in Forbach oder den Vororten von Metz leben, fühlen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen und verbannt.

Gewalt im Alltag der Jugendlichen

Polizeigewalt oder willkürliche Kontrollen sind für junge Menschen maghrebinischer Herkunft keine Seltenheit. Für sie ist klar, dass auch sie an der Stelle des erschossenen 17-Jährigen hätten sein können.

Fehlende Perspektive und Integration

Seit Jahren wird durch Sozialprogramme versucht, die Situation der Jugendlichen zu verbessern. Beispielsweise durch ein besseres Bildungsangebot, städtebauliche Maßnahmen oder die Einrichtung von Sport- und Freizeitzentren.

Wie steht es um die Bildungsgerechtigkeit in Frankreich? - Gespräch mit Professor Frank Baasner
Audio [SR 2, Jochen Marmit, 04.07.2023, Länge: 02:02 Min.]
Wie steht es um die Bildungsgerechtigkeit in Frankreich? - Gespräch mit Professor Frank Baasner

Das große Problem der Integration lässt sich jedoch nicht mit Geld lösen und muss in vielen der prekären Vierteln als gescheitert angesehen werden. Viele Jugendliche sehen keine Perspektive und bekommen kaum Arbeitsangebote. Der Grund: Viele französische Firmen stellen ungern Menschen mit einem arabischen Vornamen ein.

Neues Ausmaß der Zerstörung

Die zahlreichen Probleme haben dazu geführt, dass sich die französischen Vororte zu einem Pulverfass entwickelt haben. Über 5500 brennende Autos, 1000 angezündete Gebäude und unzählige verletzte Personen sind die Folge der Krawalle. Auf der anderen Seite stehen über 3000 festgenommene junge Menschen, die zum großen Teil noch minderjährig sind und zeigen, wie groß die Wut unter den Jugendlichen ist.


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Ein Thema in der Sendung "Guten Morgen" am 04.07.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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