Hoch über dem Dreiländereck

Das kleine luxemburgische Örtchen Schengen ist in aller Welt bekannt wegen des berühmten Abkommens, das hier 1985 auf einem Schiff auf der Mosel unterzeichnet wurde.

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Ein wichtiger Schritt in der Einigung Europas. Aber oft vergisst man: das Dorf an der Mosel hat noch mehr zu bieten. Eine der weniger bekannten Sehenswürdigkeiten des Ortes ist der frisch renovierte Markusturm.

Wenn man sich etwas Zeit nimmt und nicht über die Autobahn, sondern von deutscher Seite über Landstraße nach Schengen fährt, dann sieht man ihn schon von weitem hoch oben in den Weinbergen. Ein quadratischer Turm, hell verputzt mit leuchtend rotem Ziegeldach.

Früher ein Wehr- und Wachturm

Das genaue Baujahr des Turms ist nicht bekannt, aber er stand schon zu Zeiten Napoleons. Lange diente er als Wehr- und Wachturm. Denn von dort oben konnte man gut das Moseltal überblicken und frühzeitig Feinde erspähen.

Die kleine Wanderung dorthin sollte man im Zentrum von Schengen, am Schloss beginnen. So empfiehlt es Marc Schoentgen, der Vorsitzendes des Vereins Syndicat d‘Initiative Schengen, der den Markusturm renoviert und eine kleine Dauerausstellung darin eingerichtet hat.

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Der Luxemburger Marc Schoentgen wohnt seit vielen Jahren in Schengen und interessiert sich sehr für die Geschichte des Ortes. Er weiß auch, welche Verbindung zwischen Schloss und Markusturm besteht: „Das Schengener Schloss war quasi zentrale Anlaufstelle von Schengen. 1928/29 hatten wir einen sehr strengen Winter in Schengen, und zahlreiche Rebstöcke waren nicht mehr zu gebrauchen.

Pionierarbeit im Weinbau

Das heißt, die Winzer taten sich aus der Not zusammen: Es wurde ein Verband gegründet aus 85 Schenger Winzern, und an der Spitze stand der damalige Schlossherr Marc Collar, quasi als Präsident.“ Der Verband einigte sich darauf, statt auf große Mengen lieber auf hohe Qualität zu setzen.

„Pionierarbeit im Weinbau an der Luxemburger Weinstraße“, nennt Marc Schoentgen diese Entscheidung. Dafür hat man Anfang der 1930er Jahre eine Flurbereinigung vorgenommen, das ganze Areal neu strukturiert und unter den Schutz des Heiligen Markus gestellt. Daher hat der Berg heute seinen Namen.

Eine aufgelassene Kegelbahn

Vom Schloss spaziert man durch den Ortskern am Brunnen und alten Häusern vorbei zum Fuße des Bergs. Bevor man ihn erklimmt, kann man sich in der alten Gastwirtschaft Café Oudill erfrischen. Auf freundliche Nachfrage, berichten die Inhaber dann von einer Kuriosität des Markusbergs.

Mitten im Zentrum von Schengen, aber versteckt im Garten des Café Oudill, liegt eine alte Kegelbahn. Ein verwunschener Bau, durch dessen Dach der Regen tropft und das Efeu rankt, alles überzogen von Spinnweben. Nur noch wenige Menschen in Schengen kennen diesen Ort, an dem früher getrunken, gefeiert und gespielt wurde.

Tief in den Fels gegraben

„Das ist die einzige Kegelbahn der Ortschaft Schengen, wo das Dorfleben sicher tobte. Heute ein mystischer Ort“, schwärmt Marc Schoentgen. „Man erkennt noch, dass die Kegelbahn nicht lang genug war und deshalb in den Markusberg hinein gegraben wurde, um die erforderliche Länge zu haben. Und so konnte man dann auch in Schengen endlich Kegel spielen.“

Marc Schoentgen hat die Geschichte der Kegelbahn durch viele Gespräche mit alten Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern und der ehemaligen Besitzerin des Café Oudill wieder ans Tageslicht gebracht. Im Markusturm hat er ein Foto von ihr ausgestellt und Original-Kegel von der Bahn.

Gassen mit südländischem Flair

Nach diesem Abstecher geht es nur wenige Meter links der Gastwirtschaft durch kleine Gassen mit südländischem Flair in Richtung Markusturm. Über die Treppen gewinnt man schnell an Höhe – im Sommer gesäumt von Brombeerhecken, deren Beeren einem fast in den Mund wachsen.

Oben in den Weinbergen hat man einen schönen Blick auf den Ort, und es wird klar, was die Flurbereinigung durch den Winzerverband in den 30er Jahren brachte.

Wo vorher kreuz und quer Reben gepflanzt waren, entstanden gerade Reihen, wie wir sie heute kennen – so weit auseinander, dass die Winzer mit Pflügen durchfahren konnten und die Trauben mehr Licht bekamen. Dadurch stieg die Qualität des Weins.

Zusammen für den Markusturm eingesetzt

Am 13. September 1936 feierte man den Abschluss der Flurbereinigung mit einem großen Fest und stellte Turm und Weinberg unter den Schutz eines Heiligen. „Zum Ende der Arbeiten, der Flurbereinigung, wollte der Verband dem damaligen Schlossherren, dem Marc Collar, ein ewiges Dankeschön setzen“, erklärt Marc Schoentgen auf der Bank vor dem Turm mit Blick auf die Heiligenstatue, die noch heute von der Ecke des Gebäudes auf die Reben blickt.

„Die Wahl fiel dann eben auf den Heiligen Markus. Also Marc – Markus. Und deshalb hat man sich dann für den Heiligen Markus entschieden. Und als Vorsitzender des Vereins – ich bin ja auch ein Marc – fühle ich mich halt den Markussen verpflichtet, und gemeinsam mit dem Vorstand setzen wir uns für den Markusturm ein.“

Auch Weinproben sind möglich

Über drei Stockwerke verteilt haben Marc Schoentgen und sein Verein im Markusturm Fotos aus dem Familienalbum einer Schengenerin vergrößern lassen, die als Kind bei dem großen Einweihungsfest dabei gewesen ist. Auch Erinnerungen an die Kegelbahn sind hierhin gerettet.

Die Ausstellung kann man auf Anfrage besichtigen oder den Turm für private Veranstaltungen mieten. Auch romantische Dinner oder Weinproben sind möglich. Vom obersten Stockwerk aus hat man freie Sicht in alle vier Himmelsrichtungen über Wald, Weinberge und Mosel. Für den tollen Ausblick über das Dreiländereck lohnt sich der Anstieg, auch wenn es warm ist. Nach dieser Wanderung ist klar: Schengen hat noch viel mehr zu bieten, als nur das berühmte Abkommen.

Auf einen Blick

Kontakt
Syndicat d’Initiative Schengen
Präsident Marc Schoentgen
30, Killeboesch
L-5444 Schengen
E-Mail: info@si-schengen.lu
www.si-schengen.lu

Öffnungszeiten
Man kann das ganze Jahr über selbstständig zum Markusturm wandern. Außerdem organisiert der Syndicat d’Initiative Schengen geführte Wanderungen durch die Weinberge zum Markusturm. Geöffnet und vermietet wird er auf Anfrage.

Eintritt
Selbstständig zum Markusturm wandern kostet natürlich nichts. Preise für geführte Wanderungen und Besteigen des Turms finden sich nicht auf der Internetseite. Man bekommt sie nur auf Anfrage.

Anfahrt
Autobahn ab Saarbrücken Richtung Luxemburg, Abfahrt Schengen, Beginn der Wanderung im Ortszentrum am Schloss Schengen und dem Europamuseum (6, rue Robert Goebbels, 5444 Schengen, Luxemburg).

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