Mit einem Fuß in Frankreich

Wild wachsende Orchideen, urige Wälder, Wiesen und Felder - bei einer Wanderung auf dem Moselsteig kommen schnell Urlaubsgefühle auf. Und für ganz Mutige gibt es auch noch etwas Besonderes zu erleben.

Über schmale Pfade stapfen wir von Perl aus den Hammelsberg hinauf. Die vergangenen Tage hat es geregnet. Der Waldboden unter unseren Füßen ist aufgeweicht. Bei jedem Schritt gibt er nach wie ein nasser Schwamm. Die Hecken, Sträucher und Bäume um uns herum sprießen dank des Regens üppig. Ihre Blätter leuchten saftig grün. Nach einem strammen Anstieg, etwas außer Puste, treten wir aus dem dichten Blättermeer auf eine offene Anhöhe. Vor uns Weinberge und ein herrlicher Ausblick in das Moseltal.

Hörfunkbeitrag: Unterwegs auf dem Moselsteig von Perl bis "fast" nach Palzem

Es beginnt mit dem Blick auf drei Länder

„So hier sind wir am Aussichtspunkt Dreiländerblick, dem offiziellen Startpunkt des Moselsteigs“, sagt Martin Deubel von der Tourismus- und Kulturförderung der Gemeinde Perl. Der großgewachsene, schlanke Mann zeigt über das rebenbewachsene Moseltal und erklärt: „Wie der Name schon sagt, sieht man hier oben drei Länder: Frankreich, Luxemburg und Deutschland. Die Grenze verläuft genau hier“, spricht er und macht einen großen Ausfallschritt. „Man kann praktisch mit einem Fuß in Frankreich stehen und mit dem anderen in Deutschland. Luxemburg liegt auf der gegenüberliegenden Moselseite.“ Der Fluss fließt unten gemütlich durch das Tal. Der Himmel ist grau und wolkenverhangen, vereinzelt tröpfelt es. Doch das trübe Wetter tut der Schönheit des Ausblicks keinen Abbruch. Im Gegenteil, es sorgt sogar für eine besondere Stimmung.

Der Moselsteig - einer der längsten Fernwanderwege Deutschlands

Gemeinsam mit Martin Deubel bin ich auf der ersten Etappe des Fernwanderweges Moselsteig unterwegs. Sie führt vom saarländischen Perl nach Palzem in Rheinland-Pfalz. Insgesamt hat der Moselsteig 24 Etappen und eine Gesamtlänge von 365 Kilometern, damit ist er einer der längsten Fernwanderwege in Deutschland.

Er begleitet den kompletten deutschen Mosellauf von Perl an der deutsch-französisch-luxemburgischen Grenze bis zur Mündung am Deutschen Eck in Koblenz. Wir haben uns die erste Etappe vorgenommen. Mit 24 Kilometern eine der längsten und anspruchsvollsten, aber auch eine der schönsten, versichert Martin Deubel. Viele Wanderer kürzen die erste Etappe ab und übernachten nach 16 Kilometern in Sinz. Gut Trainierte schaffen die 24 Kilometer in fünf bis sieben Stunden, sagt er. Wir schauen, wie weit wir kommen und wie das Wetter mitspielt.

Grenzsteine weisen den Weg

Zunächst geht es weiter auf einem echten Grenzweg durch das Naturschutzgebiet Hammelsberg. Grenzsteine entlang des Weges zeigen, wie sich der Moselsteig zwischen Frankreich und Deutschland entlang schlängelt. Auf den Grenzsteinen ist auf der einen Seite ein F für Frankreich eingemeißelt und auf der anderen Seite ein D für Deutschland. Oben auf dem Stein zeigt eine Linie an, wie die Grenze verläuft. Unterwegs immer wieder traumhafte Ausblicke über das Dreiländereck und das Moseltal. Es geht durch urigen Wald, über weitläufige Wiesen und Felder. Im Frühsommer geschmückt von der Blütenpracht wild wachsender Orchideen, erzählt Martin Deubel. Trotz des wolkenverhangenen Himmels kommen Urlaubsgefühle auf.

Gelbe und braune Steine

Das Zeichen des Moselsteigs sind gelb übereinander liegende Steine, die an eine Steinmauer im Weinberg erinnern sollen. Zwischendurch tauchen Zeichen mit braunen Steinen auf. Sie sind Zuwege, die zu einzelnen Orten, Sehenswürdigkeiten oder zu einem Bahnhof abzweigen, erklärt mir Martin Deubel. Außerdem zweigen immer wieder zertifizierte Rundwanderwege ab, die so genannten „Seitensprünge“.

Eine kleine Fußreflexzonenmassage gefällig?

Nach knapp zwei Kilometern kommen wir an einem Barfußpfad vorbei, der von den Perler Pfadfindern gestaltet wurde. Der Wanderer kann seinen Füßen nach den strammen An- und Abstiegen eine erste Verschnaufpause gönnen und sich hier unter Buchen ausruhen. Nackten Fußes kann er den Boden erfühlen, den er bereits erwandert hat und noch laufen wird. Zwischen Baustämmen haben die Pfadfinder Kies, Moos und verschiedene Waldböden aufgeschüttet. Daneben gibt es einen kleinen Balanceparcours, um die Geschicklichkeit zu trainieren.

Auch für Fingerspitzen gibt es ein Angebot

Und dann gibt es noch Geheimnisse zu entdecken. Wer sich traut, kann in drei Fühlkästen, die wie Vogelhäuschen aussehen, erfühlen, was sich in ihrem Inneren verbirgt. „Normalerweise beiße einen auch nichts“, sagt Martin Deubel schmunzelnd. Mutig strecke ich meine Hand in die runde Öffnung und ziehe sie nach dem ersten Tasten erschrocken wieder heraus. Mein Begleiter lacht herzhaft. So geht es den Meisten. In dem kleinen Fühlkasten steckt ein Unterkieferknochen eines Rehs. In den beiden anderen verbirgt sich ein Kuhhorn und ein Stück Hirschgeweih. Bevor wir weiter wandern, befolgen wir noch den Hinweis, den die Pfadfinder auf ein Schild gepinselt haben: „Nimm Dir kurz Zeit und hör auf die Stimme des Waldes.“ Regen prasselt auf die Blätter, Vögel zwitschern um die Wette, der Wind rauscht durch die Blätter. Entspannung pur.

Damwild - und dazu ein paar Emus

Durch Laubwald geht es weiter. Nach acht Kilometern überqueren wir die Bundesstraße und erreichen Schlossgut Pillingen. Ein Bauernhof, der Rinder züchtet. Doch das Besondere ist das Wildgehege, in dem auch einige Emus zu Hause sind. Es dauert einen Moment, bis wir den großen grauen Laufvogel aus Australien unter dem Damwild entdecken. Martin Deubel sieht ihn zuerst. Die Emus seien sehr neugierig und kämen manchmal angelaufen. Heute nicht.

Verschnaufpause im schönen Wochern

Da sich der Himmel weiter zuzieht, machen wir uns fix wieder auf den Weg. Das Moseltal haben wir hinter uns gelassen. Am Waldrand entlang und über schöne Wiesen geht es weiter nach Wochern, ein typisch lothringisches Bauerndorf. Es wurde schon bei mehreren Dorfverschönerungswettbewerben auf Landes- und Bundesebene ausgezeichnet und ist eines der ältesten Dörfer der Gemeinde Perl. 1084 wurde es erstmals erwähnt. In der Dorfmitte haben die Bewohner einen Teich angelegt, in den ein renaturierter Bach plätschert. An dem schön angelegten Platz mit viel Grün und Bänken können die Wanderer ein Päuschen einlegen. Hier gibt es zwar kein Geschäft, dafür aber viele liebevoll hergerichtete alte lothringische Bauernhäuser und eine schöne alte Kapelle zu bestaunen. Besonders die Holztüren der Bauernhäuser verdienen einen Extrablick.

Idyllische Obstwiesen und dazwischen Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs

Von Wochern aus geht es über Obstbaumwiesen, durch Felder und Wäldchen. In Tettingen nur wenige hundert Meter von der Landstraße entfernt, können Reste des Westwalls besichtigt werden. Die Höcker der Panzersperren des so genannten Orscholzriegels ragen wie Drachenzähne neben der Kirche aus dem Boden. 1945 gegen Ende des Zweiten Weltkriegs war der Orscholzriegel monatelang hart von Deutschen und den Amerikanern umkämpft.

Hier erfahren Sie was eine "Doline" ist

Wir tauchen wieder in den schönen Mischwald ein. Es geht auf und ab. Nach rund zwölf Kilometern kommen wir am Pferdegestüt Birkenhof vorbei. Etwas weiter im angrenzenden Wald versteckt, erwartet den Wanderer eine geologische Besonderheit: eine Doline. Eine Infotafel informiert über den Karsttrichter und den Kalkstein, der überall in der Landschaft zu finden ist.

Frisch gezapfte Milch gibt's auf dem Waldhof

Der Regen prasselt stärker auf unsere Jacken. Es wird nass und ungemütlich. Wir steuern daher den Waldhof der Familie Rock an. Auf dem Bauernhof gibt es einen Milchautomaten, den mir Martin Deubel unbedingt noch zeigen will. Der Automat steht in einer kleinen Holzhütte. Als wir ankommen, wirft der Hoftierarzt gerade Kleingeld in den silbernen Kasten, der an eine Softeismaschine erinnert. Für einen Euro füllt er sich einen Liter der frischen Milch in einer Glasflasche ab, die man dort erwerben kann. „Die Milch könne nur gut sein“, sagt er lächelnd, schließlich gucke er hier nach den Tieren.

Neben der frischen Milch verkauft Bäuerin Gertrud Rock in der kleinen Hütte frische Eier, Quark, Nudeln, Eierlikör und Joghurt. Die Milch kommt direkt von den Kühen, die nebenan im Stall stehen, und ist naturbelassen.„Die Leute kommen teilweise nur für meinen Joghurt, unsere Eier oder die Milch gefahren“, erzählt sie und lädt uns ein, einen Blick in den Stall zu werfen.

Da der Regen nicht nachlässt, beenden wir hier unsere Tour auf dem Moselsteig. Der Fernwanderweg hätte uns auch auf den restlichen Kilometern bis nach Palzem weiter über schöne Wiesen und durch abwechslungsreiche Waldlandschaften geführt.

Zurück geht's mit dem Zug

Von Palzem kann der Wanderer bequem mit dem Zug zurück nach Perl fahren. Die Züge fahren einmal die Stunde. Aber auch unterwegs kann der Wanderer immer  aussteigen, wenn es ihm zu viel wird oder wie uns das Wetter ihm einen Strich durch die Richtung macht. „Dadurch, dass der Weg dem Moseltal folgt, kann man unterwegs öffentliche Verkehrsmittel nutzen“, sagt Martin Deubel. So besteht in Sinz zum Beispiel ein Busanschluss und in Nennig gibt es einen Bahnhof. So machen auch wir uns auf den Weg zurück nach Perl. Im Gepäck Milch und Eier von Waldhof. Die erste Etappe des Moselsteigs bietet ein tolles und abwechslungsreiches Wandererlebnis und ist nicht nur bei Bilderbuchwetter einen Ausflug wert.

Uwe Jäger

Kontakt:

Tourist-Information der Gemeinde Perl Trierer Straße 18
66706 Perl
Tel.: (06867) 660
E-Mail: info@perl-mosel.de www.perl-mosel.de

Öffnungszeiten:

Ganzjährig

Tippt:

Für das Begehen des Weges braucht man festes Schuhwerk.

Anfahrt:

Auf der A 8 Richtung Luxemburg die Anschlussstelle Perl abfahren. Links abbiegen auf die B 419 Richtung Thionville. Rechts halten auf Maimühle. Danach links auf die Bahnhofstraße abbiegen.

Parken kann man am besten am Perler Bahnhof. Am Startpunkt des Moselsteigs, dem Dreiländereck Hammelsberg, gibt es nur wenige Parkplätze.

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