Tour de Kultur - Bisonsafari (Foto: Gabor Filipp)

Der Wilde Westen in Lothringen

Bisonsafari in Petit-Réderching

  27.07.2015 | 12:10 Uhr

Für eine Safari müssen Sie nicht nach Afrika: In Petit-Réderching können Sie sich auf Bisonsafari begeben und dabei viel über diese imposanten, sensiblen Tiere erfahren.

Wir kennen sie aus den Western: Sie donnern über die Prärie. Die Erde bebt. Eine Staubwolke liegt in der Luft. Bisons unterwegs – auch Indianerbüffel genannt.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie nur von den Ur-Einwohnern Nord-Amerikas gejagt. Nur so viele wie nötig. Dann kamen Buffalo Bill und andere Bleichgesichter mit ihren Gewehren. Das Abknallen von Bisons, oft vom fahrenden Zug aus, wurde zum Volkssport. Jährlich mussten rund zwei Millionen Bisons ihr Leben lassen – bis sie fast ausgerottet waren.

Fernab vom Wilden Westen, mitten im Bitcher Land bei Petit-Réderching, ist der amerikanische Bison inzwischen auch zu Hause. Auf über 100 Hektar Weideland ziehen rund 150 dieser robusten Wiederkäuer und Hornträger das ganze Jahr über umher, stehen im Sommer bevorzugt im Schatten von noch intakten Bunkern und Panzertürmen – einst erbaut für die Maginot-Linie zum Schutze Frankreichs.

Tour de Kultur - Bisonsafari (Foto: Gabor Filipp)
Tour de Kultur - Bisonsafari (Foto: Gabor Filipp)

Die Paarhufer mit dem dichten dunkelbraunen Fell, dem massiv gedrungenen Vorderkörper, auf dem ein imposanter Buckel sitzt, grasen seit 2008 auf dem weitläufigen Areal des Judenhoff.

Der Bauernhof besteht schon seit 1876 und wird seit Generationen von der Familie Chall bewirtschaftet. Wie bei den Nachbarn auch, standen hier immer Kühe auf der Weide. Aber dann traf Jungbauer Robin Chall eines Tages in Belgien auf einen Bison-Züchter und war gleich begeistert von den Tieren mit dem dreieckigen Köpfen, die kurze gebogene Hörner tragen und einen kräftigen Bart. Chall wusste damals gleich, so erzählt er heute: „Bisons und nichts anderes.“ Mit 20 Bisons fing er an. Inzwischen ist daraus der ansehnliche Bestand geworden und ein Betrieb mit dem Namen Le Ranch des Bisons.

Besucher sind willkommen. Aber die Farm ist kein Streichelzoo. Das Weideland der Bisons ist eingezäunt. Stabile Metalltore sichern die Zugänge. Sie sind weiß gestrichen, genauso wie die Gatter an anderen neuralgischen Stellen. Die Wildrinder respektieren die Farbe weiß. Ansonsten sind sie sensibel und mögen keinen Stress. Den sollte man ihnen auch nicht  machen. Ein ausgewachsener Bulle wiegt fast eine Tonne und kann seine Masse auf 50 km/h be- schleunigen.

Die Weibchen wiegen zwar nur etwa die Hälfte, verstehen aber vor allem im Frühjahr keinen Spaß, wenn sie ihre Kälbchen haben, nach neun Monaten Tragezeit zur Welt gebracht.

Hörfunkbeitrag: Der Wilde Westen in Lothringen

Tour de Kultur - Bisonsafari (Foto: Gabor Filipp)

Robin Chall hat die Bisons, um Fleisch für den Verkauf zu produzieren. Aber er will den jährlich etwa 6.000 Besuchern auch etwas über seine Tiere erzählen. Und das auf einer sogenannten Bison-Safari, die eine Stunde dauert und mitten durch die urwüchsigen Paarhufer führt.

Für die Safari hat er sich einen ausgemusterten Militärlastwagen mit Vierradantrieb zugelegt. Auf der offenen Ladefläche bieten zwei längs montierte Holzbänke zwanzig Personen Platz. Sind mal mehr zahlende Gäste da, dann zieht der Veteranen-LKW auch einen Anhänger mit ebenso vielen zusätzlichen Plätzen.

Nach dem Passieren des Tores ist gleich der erste Halt. Robin Chall verlässt Lenkrad und Fahrerkabine, platziert sich neben dem Laster, informiert über die Bisons, deren Charakter, Lebensgewohnheiten, Befindlichkeiten. Dabei hält er respektvollen Abstand zu den Tieren, behält sie im Auge, auch wenn sie ihn schon kennen und zu akzeptieren scheinen.

Tour de Kultur - Bisonsafari (Foto: Gabor Filipp)
Tour de Kultur - Bisonsafari (Foto: Gabor Filipp)

Die Safari-Teilnehmer – es kann auch mal eine Motorradgruppe aus Paris sein – fotografieren, hören zu, stellen Fragen. Robin Chall antwortet geduldig und sachkundig. Hin und wieder mutet das Ganze an wie eine Vorlesung unter freiem Himmel.

Bei der Weiterfahrt zum nächsten Halt lässt der Hang selbst den Geländewagen an seine Grenzen stoßen – vor allem wenn nach Regen der Untergrund nass und schlammig ist.

Robin Chall erzählt über den Charakter und das Leben der Bisons, aber auch über das Ende der Wildrinder. Sie werden in Zweibrücken und in Metz in die ewigen Jagdgründe befördert. Kurz und schnell geht das mit einem Schuss. Aus den Bisons werden dann Steaks, Gulasch-Fleisch, Filets oder Patés. Den Weg zum Schlachthof müssen nur die Bullen antreten, so Robins Lebensgefährtin Gloria, die auf der Farm mit anpackt. Die Weibchen sind einzig dazu da, Kälbchen zu bekommen. Gloria „adoptiert“ – wie sie sagt – immer wieder einige von den Baby- Bisons, die mit etwa 30 Kilogramm das Licht der Welt erblicken. Auch sie bestätigt, dass die Tiere sensibel sind. Nicht empfindlich sind sie jedoch, wenn es um das Ausharren im Freien geht. Bisons sind nie im Stall, sondern immer draußen, selbst von minus 40 Grad unbeeindruckt. Dabei fressen sie nur frisches Weidegras, würzige Kräuter und Flechten, bekommen allenfalls im Winter Heu zugefüttert.

Entsprechend gesund und schmackhaft ist ihr Fleisch. Es geht in Richtung gutes Rindfleisch, jedoch zarter und intensiver, mit weniger Fett und Cholesterin, ohne nach Wild zu schmecken. Kein Wunder, dass Gourmets bei den Challs Bisonfleisch bestellen, daraus Carpaccio mit Trüffel, Filet mit Barolo-Sauce oder Entrecôte in Butterschmalz mit Rosmarin zubereiten. Köstlich auch der Bison-Sauerbraten.

In einem kleinen Hofladen, gleich gegenüber dem alten Bauernhaus mit Klappläden, sind einige Bison-Produkte immer käuflich zu erwerben, etwa selbst gemachte Paté in Glas, Bison-Hörner und auch Felle. Besonders dicht und schön ist das Haarkleid, von dem sich ein Bison in den Monaten November und Dezember trennen muss.

Wer länger bei den Bisons abseits von Lärm und Hektik verweilen möchte, der kann auch mehrere Tage bleiben. Zur Ranch des Bisons gehören vier Gäste-Chalets, gebaut und gemütlich eingerichtet mit Vogesenholz. Aus so einem Aufenthalt könnte eine intensive und nachhaltige Freundschaft mit dem grünen Bitcherland und den zotte- ligen Wildrindern entstehen.

Gabor Filipp


Kontakt:

Earl du Ranch des Bisons  
3, Ferme du Grand Niedeck
F-57410 Petit-Réderching
Tel.: (00336) 72 79 50 16
E-Mail: contact@ranchdesbisons.com www.ranchdesbisons.com

Öffnungszeiten:

täglich 8.00 – 17.00 Uhr.

Eintritt:

Die Besichtigung der Ranch ohne Führung ist kostenlos. Die circa einstündige Safari mit Führung findet zwei Mal jeweils am Nachmittag statt.

Erwachsene: 6,- €,
in Gruppen ab 10 Personen: 5,- €,
Kinder von 4 – 12 Jahren: 5,- €.

Anfahrt:

Von Saarbrücken aus über Klein- oder Grossblittersdorf bis Saargemünd fahren, von dort aus weiter zunächst auf der Landstrasse D 662 und dann auf der D 35a in Richtung Bitche. Wenige Kilometer vor der Stadt auf die D 35 wechseln und über la Frohmuhl nach Petit-Réderching. Mitten im Ort ist „Le Ranch des Bisons“ ausgeschildert. Die Ranch liegt etwa zwei Kilometer außer- halb des Ortes. Die Entfernung von Saarbrücken bis zum Zielort beträgt circa 42 Kilometer.



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