Deutlich mehr Besucher bei Drogenhilfe
Die Drogenhilfe Saarbrücken schlägt Alarm. Im vergangenen Jahr haben deutlich mehr Menschen bei ihr Hilfe gesucht. Auf zukünftige Herausforderungen sieht sie das Saarland schlecht vorbereitet.
Erst die Corona-Pandemie, dann der Ukraine-Krieg mit all seinen Auswirkungen auch auf Deutschland und der Klimawandel sowieso: Seit einigen Jahren ist die Welt im Krisenmodus. Viele Menschen fürchten um ihre Jobs und machen sich Sorgen, wie sie ihr Haus heizen sollen. Nach Einschätzung des Geschäftsführers der Drogenhilfe Saarbrücken, Sven Schäfer, führt das zu steigendem Drogenkonsum.
„Diese ganzen Debatten machen etwas mit dem Menschen. Was kann ich tun, um der Sache zu entfliehen? Und da wird vermehrt zu Drogen gegriffen“, erzählt Schäfer. Dem Alltag entkommen, aber auch die eigene Leistung steigern – das wollen viele Konsumentinnen und Konsumenten erreichen.
Amphetamine und Crack auf dem Vormarsch
Im Saarland breiten sich nach Beobachtungen des Drogenhilfezentrums unter anderem Crack, Amphetamine und Kokain weiter aus. Amphetamine machen wach und fördern das Leistungsvermögen. Sie werden in breiten Gesellschaftsschichten konsumiert. Konsumierende können so zum Beispiel Nachtschichten oder lange Arbeitstage besser durchstehen. Auch Crack, eine Variante von Kokain, die rauchbar ist, werde im Saarland immer häufiger konsumiert.
Mehr Süchtige suchen Hilfe
Im Schnitt dauere es vom Erstkonsum an fast zwölf Jahre, bis Betroffene sich beim Drogenhilfezentrum in Saarbrücken beraten ließen. Es würden aber immer mehr. 2022 seien 653 Konsumierende bei Beratungen gewesen. Im Vorjahr waren es noch 100 weniger.
Auch Präventivmaßnahmen etwa in Schulen wurden verstärkt durchgeführt. Die Zahl stieg von 180 auf 458. Das allmähliche Ende der Corona-Pandemie erklärt nach Einschätzung von Sven Schäfer nur einen Teil des Anstiegs.
Die Drogenhilfe könnte noch mehr tun, aber sie stößt an ihre Grenzen, wie Geschäftsführer Schäfer berichtet: "Wir könnten noch mehr beraten, wenn wir mehr Personal hätten. Der Bedarf ist definitiv da. Auch in der Prävention sind uns die Hände gebunden. Hätten wir mehr Mitarbeiter, würden wir mehr machen."
Schlecht auf zukünftige Probleme vorbereitet?
Schäfer sieht das Saarland und Deutschland schlecht auf die Zukunft vorbereitet. Die Drogenhilfe Saarbrücken wird vom Land, dem Regionalverband und der Stadt Saarbrücken finanziert. Sie ist für Beratung und Prävention in der Landeshauptstadt zuständig, in anderen Bereichen auch für das ganze Land. Die aktuellen Mittel seien zwar recht sicher, aber mehr Personal wäre nötig. Auch andere Schwierigkeiten seien im öffentlichen Fokus noch nicht richtig angekommen.
Spezielle Wohneinrichtungen gefordert
Wie auch die Gesellschaft im Allgemeinen, werden die Drogensüchtigen immer älter. Der Konsument in der Saarbrücker Drogenhilfe ist im Schnitt fast 42 Jahre alt, der älteste ist Mitte 70. Wie ältere Drogensüchtige angemessen betreut werden könnten, ist oft unklar. Eine Möglichkeit mit ihnen und anderen Süchtigen mit Betreuungsbedarf umzugehen, könnten spezielle Wohneinrichtungen sein.
In anderen Bundesländern gebe es sie schon, im Saarland noch nicht. Bewohnerinnen und Bewohner hätten ihr eigenes Zimmer, dazu gäbe es Küchen und andere Gemeinschaftsräume. Qualifiziertes Personal wäre immer anwesend. Auch der Wohnungsnot unter den Konsumierenden könnte Abhilfe geschaffen werden. Fast jeder Fünfte Nutzende des Konsumraums des Drogenhilfezentrums gibt an, von Wohnungsnot betroffen zu sein.
Über dieses Thema hat auch die SR 3-Rundschau am 15.06.2023 berichtet.