Ein Arzt untersucht ein Kind mit einem Stethoskop.  (Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Mindestens eine Kindernotdienst-Praxis könnte wegfallen

Thomas Braun   15.06.2023 | 10:26 Uhr

In drei Praxen auf dem Kohlhof, Winterberg und in Saarlouis bieten niedergelassene Kinderärzte auch abends und am Wochenende einen Bereitschaftsdienst an, um die Notfallambulanzen der Kliniken zu entlasten. Ab dem kommenden Jahr könnte aber mindestens einer der Standorte wegfallen - denn auch die Kinderärzte und ihr Personal sind am Limit.

Die Zahl der kinderärztlichen Bereitschaftspraxen im Saarland könnte ab dem kommenden Jahr reduziert werden. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bestätigte dem SR entsprechende Überlegungen. Derzeit liefen Gespräche mit allen Beteiligten - weitere Details wollte die KV zum jetzigen Zeitpunkt nicht nennen. Welche und wie viele der bislang drei Standorte letztlich betroffen sein könnten, ist daher noch unklar.

Video [aktueller bericht am Samstag, 24.06.2023, Länge: 3:07 Min.]
Personelle Engpässe beim ärztlichen Bereitschaftsdienst für Kinder

Klar ist bislang nur, dass die Kinder- und Jugendärzte im Saarland sowie ihre medizinischen Fachangestellten am Limit sind und den Bereitschaftsdienst in seiner jetzigen Form nicht mehr aufrecht erhalten können. "Wir schaffen das so einfach nicht mehr", sagte der Sprecher der Kinder- und Jugendärzte im Saarland, Benedikt Brixius, dem SR.

20 Prozent weniger Ärzte im Bereitschaftsdienst

"Zwischen 2018 und 2023 hat sich die Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte, die am Bereitschaftsdienst teilnehmen, um 20 Prozent reduziert", so Brixius. Zeitgleich gebe es deutlich mehr Fälle in den Bereitschaftspraxen - und auch mehr Dienste, seit die Kinderärzte auch wochentags von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr die Bereitschaftspraxen besetzen.

Belastung enorm gestiegen

Und auch insgesamt ist die Belastung stark gestiegen. Als Beispiel erzählt Brixius von seinem letztem Bereitschaftsdienst in der Praxis auf dem Kohlhof. "Ich hatte an Pfingstmontag innerhalb eines halben Tages 69 Patienten versorgt. Das sind knapp sieben Minuten pro Patient." Insgesamt hätten die niedergelassenen Kinderärzte zwischen November und April an den drei Standorten jeweils bis zu 1000 Kinder pro Wochenende versorgt.

Hinzu kämen die Anrufe über die bundesweite Bereitschaftsnummer 116 117 - immer häufiger auch mit eher banalen Anfragen. Dort würden dann zum Beispiel auch nachgefragt, ob ein Kind mit 38,5 Grad Körpertemperatur schon ein Fieberzäpfchen nehmen könne, so Brixius.

"Wir schaffen das so nicht mehr"
Audio [SR 3, Interview: Gerd Heger / Benedikt Brixius, 15.06.2023, Länge: 04:45 Min.]
"Wir schaffen das so nicht mehr"

Eigenen Kindernotdienst unbedingt beibehalten

Das sei so nicht mehr zu stemmen, gleichzeitig wollten die Kinderärzte den Notdienst aber aufrecht erhalten. Die Alternative wäre gewesen, den Kindernotdienst in den normalen ärztlichen Bereitschaftsdienst mit niedergelassenen Ärzten aller Fachrichtungen zu integrieren.

Man habe also vor der Frage gestanden: "Wie schaffen wir es, mit weniger Leuten und höherer Belastung den Notdienst aufrecht zu erhalten", so Brixius. "Unser Vorschlag war, dass wir die Zahl der Bereitschaftspraxen auf eine oder zwei Praxen reduzieren." Über diesen Vorschlag wird nun innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung und mit allen Beteiligten - etwa den Kliniken - beraten.

Bislang drei Bereitschaftspraxen im Saarland

Bislang gibt es drei solcher Anlaufstellen außerhalb der normalen Sprechzeiten der Kinderärzte: Am Marienhaus-Klinikum in Saarlouis, am Klinikum Saarbrücken auf dem Winterberg und in der Marienhausklinik auf dem Kohlhof. Zunächst nur an den Wochenenden besetzt, war der Bereitschaftsdienst vor dreieinhalb Jahren auch auf die Abende unter der Woche ausgeweitet worden, um die Kinderkliniken und Notfallambulanzen zu entlasten.

30 Prozent der Ärzte kurz vorm Ruhestand

Aber nicht nur die Kliniken, auch die niedergelassenen Ärzte sind zunehmend am Limit, können teils keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Und die Situation wird sich in den kommenden Jahren eher noch verschärfen. "In den nächsten fünf Jahren gehen 30 Prozent der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte in Ruhestand", sagt Brixius. "Und wir werden nicht alle Arztstellen wiederbesetzen können."


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