Zwei Waschbären liegen in einem Holzverschlag (Foto: IMAGO / Martin Wagner)

Waschbären fühlen sich auch im Saarland immer wohler

  14.04.2024 | 19:06 Uhr

In mindestens 25 saarländischen Jagdrevieren sind in den vergangenen beiden Jahren Waschbären gesichtet worden. Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz geht davon aus, dass die Zahl der Waschbären im Saarland deutlich höher liegt. Warum das kein Grund zur Freude ist.

Vor genau 90 Jahren kam der Waschbär nach Deutschland: Seine Einbürgerung begann vermutlich am 12. April 1934 mit zwei am nordhessischen Edersee ausgesetzten Waschbären-Pärchen. Ein dort ansässiger Pelztierzüchter bot sie damals dem Forstamt Vöhl an, weil die Weltwirtschaftskrise die Pelztierzucht unrentabel gemacht hatte. Mit den nun nicht mehr benötigten Gehegetieren wollte man die Fauna bereichern.

Eine weitere Ausgangspopulation hat es in Deutschland einige Jahre später in Brandenburg gegeben, wie Berthold Langenhorst vom Naturschutzbund (Nabu) Hessen erklärt. Dort waren 1945 einige Exemplare aus einer Pelztierfarm geflohen. Seitdem breiten sich die aus Nordamerika stammenden Raubtiere in Deutschland aus. Das Bundesamt für Naturschutz schätzt die Anzahl auf über eine Million – darunter leben auch einige im Saarland.

Wie verbreitet sind Waschbären im Saarland?

Im Saarland wurden die ersten Waschbären vor etwa 15 Jahren gesichtet. Wie viele es inzwischen genau sind, lässt sich nach Angaben von Andreas Werno, Experte für invasive Arten beim Zentrum für Biodokumentation (ZfB), nicht genau beziffern. Aufschluss geben zwar die Abschusszahlen der saarländischen Jägervereinigung – weil Waschbären als invasive Art gelten und eine Bedrohung für die heimische Artenvielfalt darstellen, dürfen sie gejagt werden.

Demnach wurde der Waschbär laut der Streckenliste der Saar-Jäger 2022/2023 in mindestens 25 saarländischen Revieren gesichtet und sechs Mal abgeschossen. 2019/2020 kam es dagegen zu 14 Abschüssen. "Wir gehen allerdings davon aus, dass es deutlich mehr sind", sagt Werno. Ihren Weg ins Saarland fänden sie häufig über Rheinland-Pfalz, entsprechend ließen sie sich meist nahe der Landesgrenzen, also in den Landkreisen St. Wendel, Merzig-Wadern und im Saarpfalz-Kreis, nieder.

"Um herauszufinden, wie verbreitet der Waschbär wirklich im Saarland ist, haben wir vor Kurzem eine Studie in Auftrag gegeben", teilte Werno dem SR mit. Mit Ergebnissen sei frühestens Anfang nächsten Jahres zu rechnen.

Sehen putzig aus, sind aber gefährlich

Zwar mag der Waschbär putzig aussehen, doch sollte seine Optik nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um ein Raubtier handelt, das "alles frisst, was es in die Finger kriegt", mahnt Werno. "Der Waschbär ist ein niedliches und knuddeliges Tierchen, aber man darf nicht vergessen, dass er ein Beutegreifer ist", bekräftigt Julian Heiermann vom Nabu Bundesverband. Vor allem für den bodenbrütenden Kiebitz, Amphibien oder auch den Rotmilan ist er eine Gefahr.

Viele Amphibienarten hätten ohnehin schon massive Probleme bei der Reproduktion, etwa durch die Ausbringung von Pestiziden und Dünger, die Zerschneidung der Lebensräume durch Verkehrswege sowie durch den fortschreitenden Klimawandel und die damit einhergehenden Dürren, bei denen Laichgewässer wiederholt austrockneten. "Und dann kommt ein Prädator wie der Waschbär noch obendrauf."

Der Nabu sieht die Bejagung des Waschbären dennoch kritisch. "Der Waschbär wird schon ewig bejagt, trotzdem hat er sich munter weiterverbreitet", so Heiermann. Wie man seiner Verbreitung auf andere Weise Einhalt gebieten kann, dafür hat der Nabu allerdings auch keine Lösung parat. "Die Frage ist aus unserer Sicht, wie wir den heimischen Populationen unter die Arme greifen können. Dazu müssen wir ihren Lebensraum stärken. Dann können sie sich wieder besser reproduzieren und Ausfälle besser kompensieren."

Waschbären niemals mit nach Hause nehmen

Auch vor einem Angriff auf Menschen schrecken Waschbären nicht zurück, warnt Werno vom ZfB. Wer dem Kleinbär also im Saarland begegnen sollte, ist gut damit beraten, auf Abstand zu gehen. "Waschbären können sehr rabiat werden, wenn man ihnen zu nahe kommt. Wenn Sie etwa versuchen, einen Waschbär mit einem Besen oder einer Schaufel zu verjagen, geht er mit Sicherheit in den Angriffsmodus über." Sein scharfes Gebiss und seine scharfen Krallen könnten dabei erhebliche Verletzungen verursachen.

Auf keinen Fall sollte man außerdem einen verletzten Waschbär oder Waschbärbabys mit nach Hause nehmen, etwa, wenn sie nach einem Wildtierunfall verwundet am Straßenrand liegen sollten – damit mache man sich strafbar. "Dabei handelt es sich um Wilderei", sagt Werno. Stattdessen: die zuständigen Behörden bzw. den zuständigen Jagdpächter kontaktieren. Wer das ist, weiß in der Regel die Polizei.


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