Maßnahmenpaket gegen Straßenprostitution hat sich bewährt

Ministerium: "Maßnahmen gegen Straßenprostitution haben sich bewährt"

Kai Forst   10.03.2024 | 08:44 Uhr

Viele Jahre war Saarbrücken für seinen florierenden Straßenstrich berüchtigt. Das brachte der Landeshauptstadt bundesweit einen Schmuddel-Ruf ein. Vor zehn Jahren beschloss die Landesregierung ein umfangreiches Maßnahmenpaket, um dagegen vorzugehen. Offenbar mit Erfolg.

Anfang der 2010er Jahre wurde die Straßenprostitution in Saarbrücken zum großen Problem. Auf einer Gesamtlänge von 547 Kilometern des Straßennetzes war der Straßenstrich in der Landeshauptstadt erlaubt. Und das Geschäft mit der käuflichen Liebe zu billigsten Preisen florierte.

Häufig gingen Frauen aus Rumänien oder Bulgarien der Tätigkeit auf der Straße nach. Die Kunden kamen von überall her - aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und dem benachbarten Frankreich. Es war von rund 200 - meist sehr jungen Frauen aus Rumänien oder Bulgarien - die Rede, die auf dem Straßenstrich anschaffen gingen.

"Unerträgliche Ausmaße"

Bundesweit brachte das Saarbrücken den unrühmlichen Ruf einer Rotlicht-Hochburg ein - auch mit unangenehmen Folgen für die Anwohner der entsprechenden Straßenzüge. Und auch die Politik war wachgerüttelt ob der Negativschlagzeilen. Die damalige Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt, Charlotte Britz (SPD), sprach gar von „unerträglichen Ausmaßen“.

Der Straßenstrich sei schwer zu reglementieren und finde oft unter "katastrophalen hygienischen Verhältnissen" statt. Außerdem sei Menschenhandel und Zuhälterei ein großes Problem.

In einem Brief an Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte Britz damals, die Sperrgebietsverordnung des Landes zu verschärfen, um mehr Straßen für Prostituierte sperren zu können. Im Februar 2014 beschloss das Saar-Kabinett schließlich ein umfangreiches Maßnahmenpaket.

So wurden die Sperrgebiete in der Landeshauptstadt kräftig ausgeweitet. Straßenprostitution war von nun an nur noch in drei Straßenzügen auf einer Strecke von weniger als drei Kilometern möglich. Und: Eine Kondompflicht wurde eingeführt.

Schutz der Frauen konnte verbessert werden

Zehn Jahre ist es nun her, dass diese Maßnahmen gesetzlich verankert wurden. Und offenbar haben sie sich bewährt. So habe der Schutz der betroffenen Frauen und ihr Zugang zur Sozialberatung nachhaltig verbessert werden können, teilte das Sozialministerium auf SR-Anfrage mit.

Zudem sind laut Ministerium und der Fachberatungsstelle Aldona die negativen Folgeerscheinungen der Prostitution, von denen vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner beeinträchtigt waren, reduziert worden. „Aus Sicht des Ministeriums sowie aus Sicht der Polizeibehörden, die auch von der Fachberatungsstelle für Prostituierte des Vereins Aldona geteilt wird, haben sich die Maßnahmen bewährt.“

Kondompflicht greift

Auch die Einführung der Kondompflicht, die zwischenzeitlich in das Prostituiertenschutzgesetz des Bundes aufgenommen wurde, leiste - wenn konsequent umgesetzt - einen wichtigen Beitrag zum Gesundheitsschutz der Prostituierten.

Zudem haben die Maßnahmen dazu geführt, dass die Zahl der Prostituierten laut Fachberatungsstelle Aldona auf den Straßen nur noch gering ist. Pro Abend seien – bezogen auf alle drei Standorte – zwischen fünf bis acht Frauen auf dem Straßenstrich unterwegs.

2017 trat dann auch das Prostituiertenschutzgesetz des Bundes in Kraft: Von da an mussten sich Prostituierte behördlich anmelden. Außerdem war eine Erlaubnispflicht für alle Formen des Prostitutionsgewerbes nötig.

CDU setzt sich für Sexkaufverbot ein

Auch die CDU im Saarland sieht die unter ihrer damaligen Führung in der Landesregierung umgesetzten Maßnahmen positiv. Jedoch müsse aus heutiger Sicht hinterfragt werden, ob das ausreiche. "Denn auch heute gehen nur sehr wenige Frauen selbstbestimmt der Prostitution nach. Nach Schätzungen sind mehr als 90 Prozent der Prostituierten ihrer sexuellen Autonomie beraubt und Gewalt, Zwang sowie Erniedrigung durch Menschenhändler, Zuhälter und Freier ausgesetzt", sagte die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Dagmar Heib.

Die Frauen müssten deshalb besser geschützt werden: "Es braucht wirksame Ausstiegshilfen, mehr Aufklärung und Prävention. In der CDU-Landtagsfraktion beraten wir aber auch über die Möglichkeit eines Sexkaufverbotes, für die es in der Union eine immer stärkere Unterstützung gibt", so Heib weiter.

Zuvor hatte sich die CDU bereits im Interparlamentarischen Rat der Großregion für ein Sexkaufverbot stark gemacht. Der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses, Roland Theis, sprach sich für die Einführung des nordischen Modells aus, wie es bereits in Frankreich praktiziert wird. Dabei werden Freier bestraft und zugleich Prostituierte beim Ausstieg unterstützt.

Zahl der Prostituierten schwer zu erfassen

Wie viele Prostituierte aktuell tatsächlich im Saarland tätig sind, lässt sich unterdessen schwer beziffern. Laut Ministerium liegen keine belastbaren Daten vor. Die Fachberatungsstelle Aldona schätzt, dass es etwa 700 sein könnten. In der Vergangenheit war in der medialen Berichterstattung stets von deutlich mehr Frauen zu lesen. Regelmäßig durchgeführte Kontrollen hätten allerdings gezeigt, dass ihre Anzahl deutlich geringer sei, als angenommen.

Ohnehin, bekräftigt das Sozialministerium, sei es schwierig, von den vorliegenden Anmeldungen auf die tatsächliche Zahl tätiger Prostituierter zu schließen. So arbeiteten viele der Frauen, die sich im Saarland angemeldet hätten anschließend auch in anderen Bundesländern:

„Bedingt durch die hohe Mobilität und die im Milieu typischen kurzfristigen Aufenthalte der Prostituierten ist davon auszugehen, dass sich die tatsächliche Zahl der im Saarland arbeitenden Frauen nicht durch die Anmeldezahlen beim Regionalverband abbilden lässt.“

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 10.03.2024 berichtet.


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