Der Eingang zum botanischen Garten (Foto: SR/Pasquale D'Angiolillo)

"Wir werfen dem Land unser Schönstes vor die Füße"

Carla Sommer und Pasquale D'Angiolillo   14.01.2016 | 12:19 Uhr

Eigentlich sollte er erst zum Ende des Jahres schließen, doch jetzt steht der botanische Garten der Universität des Saarlandes schon zum 1. April vor dem Aus. Noch erblüht er aber in sattem Grün. Für Wolfgang Stein, Leiter des botanischen Gartens, kommt die Schließung einer Opfergabe gleich.

Wie ein verliebter Junge schreitet Wolfgang Stein durch die grünen Gänge des botanischen Gartens. Zu jeder Pflanze kann der promovierte Biologe eine andere Geschichte erzählen. Da ist der Kautschukbaum, dessen Name „Träne des Baumes“ bedeutet, dort ein afrikanisches Weingewächs, das schon 50 Jahre auf dem Buckel hat. „Viele unserer Pflanzen stehen unter Artenschutz. Da bin ich mir gar nicht so sicher, ob man die so einfach auf den Kompost werfen oder eingehen lassen darf“, erzählt Stein.

Ungeklärte Zukunft für rund 2200 Pflanzen

Noch knapp zweieinhalb Monate bleiben Stein und seinem Gärtnerteam mit den rund 2200 verschiedenen Pflanzen, die Stein als ihre „Kinder“ bezeichnet. Was dann mit den mitunter exotischen Gewächsen passiert, ist noch ungeklärt. „Wir sprechen mit den Pflanzen und hören mit unserem Herzen, wenn es ihnen schlecht geht. Jetzt stellen Sie sich mal vor, wir müssen die gezielt schlachten und auf den Kompost werfen. Da blutet mir das Herz.“

Doch eine Alternative sieht Stein nicht. „Immer diese Besserwisser, die sagen: Mach’s doch mit 1-Euro-Jobbern. Das ist eine Beleidigung unseres Berufsstandes. Hier braucht jede Pflanze eine andere Behandlung, eine andere Menge Wasser“, erklärt Stein. „Ein paar Tropfen zu viel und die Pflanze geht kaputt. Das kann nicht einfach irgendjemand machen, sonst bräuchten wir bald gar keine qualifizierten Leute mehr.“   

Obwohl es im Internet eine Petition zur Rettung des botanischen Gartens mit inzwischen mehr als 4.500 Unterstützern gibt - Hoffnung hat Stein kaum noch. Etwa 500.000 Euro koste der Garten jährlich. "Das ist eigentlich ein Witz. Aber ich kann die Universität verstehen. Die stehen mit dem Rücken zur Wand und der botanische Garten wird für Lehre und Forschung nun mal nicht mehr gebraucht", sagt Stein.

Der botanische Garten gehört allen Saarländern

Die eigentliche Funktion des Gartens sei viel mehr die Bildung der breiten Masse. "Der botanische Garten gehört nicht nur den Studenten und Akademikern, er gehört allen Saarländern. Jeder kann hierher kommen", so Stein. "Unser Produkt sind nicht die schönen Pflanzen, sondern die Menschen, die hier gebildeter wieder raus gehen als sie reingekommen sind."

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