Ein Arzt trägt ein Stethoskop um den Hals. (Foto: picture alliance/Rolf Vennenbernd/dpa)

Assistenzarzt schon 2013 aufgefallen

Thomas Gerber   26.06.2019 | 19:00 Uhr

Der vor drei Jahren verstorbene Assistenzarzt der Homburger Kinder- und Jugendpsychiatrie stand bereits 2013 im Visier der Ermittlungsbehörden. Aufgefallen war ein Facebook-Chat mit einem 12-jährigen Patienten. Das Verfahren wurde zwar eingestellt, der Mann erhielt aber eine "Gefährderansprache".

Die Ermittler wurden im Jahr 2013 nach einem Hinweis des Jugendamts in Dudweiler aktiv. Sozialarbeitern war ein Facebook-Chat zwischen dem Arzt und einem 12 Jahre alten Patienten aufgefallen. Die Korrespondenz erschien ihnen laut Staatsanwaltschaft „einem Arzt-Patientenverhältnis nicht angemessen“.

Das Verfahren war damals nach wenigen Monaten mangels Tatnachweis eingestellt worden. Trotzdem hielten es die Ermittler offenbar für notwendig, eine sogenannte „Gefährderansprache“ durchzuführen. Das heißt, dem Assistenzarzt, der einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte, wurde von Beamten deutlich gemacht, dass man ihn auf dem Schirm habe. Außerdem wurde er auf die strafrechtlichen Konsequenzen eines möglichen sexuellen Missbrauchs hingewiesen.

Private Treffen unter Aufsicht

Im Laufe der Ermittlungen hatte sich der Verdacht des Jugendamts nicht bestätigt. Zwar hatte sich der Mann zweimal mit dem 12-Jährigen auch privat zum Eisessen und im Schwimmbad getroffen. Dabei sollen aber jeweils andere Erwachsene anwesend gewesen sein, unter anderem die Mutter. Der Junge selbst hatte laut Staatsanwaltschaft in seiner Vernehmung erklärt, dass es keinerlei sexuelle Übergriffe durch den Arzt gegeben habe.

In diesem Ermittlungsverfahren waren weder die Sozialarbeiter des Jugendamts befragt, noch war die Uniklinik über den vorliegenden Verdacht informiert worden. Der Assistenzarzt wurde so erst Ende 2014 fristlos entlassen. Nachdem sich Hinweise auf pädophile Neigungen und sexuelle Übergriffe verdichtet hatten, erstattete die Uniklinik schließlich Strafanzeige. Die Ärztekammer hatte dem Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu diesem Schritt geraten.

Arzt war als Trainer im Judoclub aktiv

Inzwischen wurde zudem bekannt, dass der Mediziner nach seinem Rauswurf in der Klinik noch als ehrenamtlicher Trainer in einem Homburger Judoclub aktiv war. Erst als Ermittler 2015 das Foto eines Kindes aus dem Judoclub in der Wohnung des Arztes fanden, hat der Club offenbar von dem Missbrauchsverdacht erfahren. Der Club suspendierte den Trainer nach eigenen Angaben kurz darauf, Anfang 2016.

Westpfalz-Klinikum prüft Patientenkontakte

Unterdessen hat sich ein weiterer früher Arbeitgeber des beschuldigten Arztes gemeldet. Das Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern teilte am Mittwochabend mit, der Arzt sei in der Zeit von April 2014 bis zu seinem Tod im Juni 2016 in der Klinik für Neurologie im Westpfalz-Klinikum beschäftigt gewesen. Nach derzeitigem Kenntnisstand habe der Mann allerdings dort keinen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen gehabt. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe habe die Geschäftsführung des Westpfalz-Klinikums eine Taskforce eingerichtet, hieß es. Derzeit sei man dabei, die Patientenkontakte des ehemaligen Assistenzarztes "im Detail zu ermitteln".

Über dieses Thema hat auch die SR 3-Rundschau am 26.06.2019 berichtet.

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