Der Davidstern ist in einem Fenster der Synagoge zu sehen (Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner)

33 antisemitische Vorfälle im Saarland im Jahr 2022

  09.08.2023 | 18:13 Uhr

Im Saarland wurden im vergangenen Jahr 33 antisemitische Vorfälle dokumentiert – diese reichten von Sachbeschädigungen bis zu gezielten Einschüchterungen und Anfeindungen bereits in der Schule.

Im Saarland sind im vergangenen Jahr 33 antisemitische Vorfälle von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Saarland (RIAS) dokumentiert worden.

Wie die RIAS mitteilte, handelte es sich dabei in den meisten Fällen um Post-Schoah-Antisemitismus. Damit ist die Abwehr von Schuld und Verantwortung der Verbrechen des deutschen Nationalsozialismus gemeint, konkreter: Holocaust-Leugnung oder -Relativierung.

13 Sachbeschädigungen

In 13 Fällen sei es zu Sachbeschädigungen gekommen, sechs davon an jüdischem Eigentum und an Gedenkstätten für jüdische Opfer der NS-Verbrechen. In Saarbrücken seien das Mahnmal am Rabbiner-Rülf-Platz sowie die Infotafel am erst kurz zuvor eröffneten Denkmal für die saarländischen Opfer der Schoah („Band der Erinnerung“) direkt vor der Synagoge in Saarbrücken mehrmals beschädigt worden.

In Wiebelskirchen ist laut RIAS die Gedenktafel für den Holocaust-Überlebenden Alex Deutsch zweimal beschädigt worden, unter anderem durch eingeritzte Hakenkreuze.

Auch Minderjährige in der Schule betroffen

Besonders alarmierend seien Vorfälle, bei denen Jüdinnen und Juden im Saarland unmittelbar eingeschüchtert und angefeindet werden. In der RIAS Saarland wurden in den vergangenen zwei Jahre bisher drei solcher Fälle dokumentiert. Betroffen seien dabei Minderjährige gewesen, die von ihren Klassenkameradinnen und -kameraden angefeindet wurden.

„Es ist eine untragbare gesellschaftliche Realität, dass Kinder und Jugendliche in der Schule Antisemitismus erleben“, sagt Petra Melchert, Mitarbeiterin von RIAS Saarland. „Das zeigt auch, dass Antisemitismus ein fester Bestandteil der Bildungsarbeit werden muss" – und das nicht erst in der neunten Klasse im Kontext der NS-Zeit.

„Antisemitismus ist im Saarland ein alltägliches Problem“, konstatiert Melchert. „Das deutet sich auch in den von uns dokumentierten Fällen an, wobei diese sicher nur einen Bruchteil der tatsächlichen Ereignisse abdecken." Deshalb sei es wichtig, dass antisemitische Vorfälle immer gemeldet würden – das geht etwa online über die Internetseite www.report-antisemitism.de.

Zentralrat der Juden besorgt

Das Bundeskriminalamt zählte im ersten Halbjahr 2023 deutschlandweit 960 antisemitische Vorfälle, in etwa so viele wie im gleichen Zeitraum im Jahr zuvor. Im Saarland sind demnach sechs politisch motivierte Straftaten registriert worden, alle im zweiten Quartal. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Vizepräsidentin des Bundestags, Petra Pau, und der Links-Fraktion hervor.

Der Zentralrat der Juden zeigte sich besorgt. "Wir erleben eine Geisteshaltung, die jüdisches Leben nicht zu Deutschland zählt", sagte Präsident Josef Schuster. Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte die Zahlen beschämend. Die SPD-Politikerin sagte, Antisemitismus sei ein Angriff auf alle Werte, für die der demokratische Rechtsstaat stehe.

Minister verurteilen Vorfälle

Die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot und Innenminister Reinhold Jost (beide SPD) verurteilten die antisemitischen Vorfälle im Saarland.

"Unsere Teams an den Schulen haben eine hohe Kompetenz im Umgang mit Antisemitismus, und das Verhalten ist fester Bestandteil der Lehrpläne", so Streichert Clivot. "Dass es dennoch zu antisemitischen Vorfällen kommt zeigt, dass es richtig ist, die Demokratiebildung weiter zu stärken." Der Kampf gegen Antisemitismus sei eine Daueraufgabe, so Streichert-Clivot.

Das sieht auch Jost so: "Im Saarland gibt es keinen Platz für Antisemitismus, Hass und Hetze, schon gar nicht an Schulen." Die Behörden beobachteten entsprechende Bestrebungen und bearbeiteten alle damit in Zusammenhang stehenden Sachverhalte.

"Jede Möglichkeit, auch niedrigschwellig antisemitische Vorfälle melden zu können, wird ausdrücklich begrüßt und durch die saarländischen Behörden im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse unterstützt."

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 09.08.2023 berichtet.


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