"Ich habe noch relativ gute Chancen, das Ende vom Zug zu sehen"

Ärger über schlechte ÖPNV-Verbindungen

Reporter: Stephan Deppen/Onlinefassung: Corinna Kern   03.08.2023 | 12:10 Uhr

Eine Studie sieht das Saarland weit vorne, wenn es um die Erreichbarkeit von Bus- oder Bahnhaltestellen geht. Doch kurze Wege sorgen nicht für gute Verbindungen. Das zeigen zwei Beispiele aus Neunkirchen. Zur Verbesserung plant Mobilitätsministerin Berg ein landesweites Netz.

Das Angebot des saarländischen ÖPNV sorgt immer wieder für Ärger. Schlechte Verbindungen oder kaum erreichbare Ankunfts- und Abfahrtszeiten halten viele davon ab, auf Bus oder Bahn umzusteigen.

Zu kurze Umsteigeszeiten - zwei Beispiele

Christian aus Remmesweiler fährt jeden Morgen von seinem Wohnort nach Saarbrücken. Eine Strecke, die über Ottweiler mit dem Bus und dem Zug gefahren werden kann - theoretisch.

Denn "wenn mein Bus am Ottweiler Bahnhof ankommt, habe ich noch relativ gute Chancen, das Ende vom Zug zu sehen", sagt Christian.

Auch der Umweg über St. Wendel - die selbe Linie, jedoch in die andere Richtung - ist nicht immer möglich. Dort habe man nur zwei Minuten Zeit zum Umsteigen. Für ältere und weniger mobile Menschen kaum zu schaffen.

ÖPNV keine Alternative

Auch Aline aus Wiesbach teilt ähnlich schlechte Erfahrungen. Richtung Saarbrücken geht es für sie zum Beispiel mit dem Bus nach Illingen und dann per Bahn weiter. Die Busse seien so unzuverlässig und verspätet, dass sie ihren Anschlusszug in Illingen häufig verpasse.

Und auch hier gibt es Probleme in die umgekehrte Richtung. Habe der letzte Zug von Saarbrücken nach Illingen nur fünf Minuten Verspätung, stehe man abends am Gleis und verpasse den letzten Anschlussbus um 22.30 Uhr.

Reaktion der Neunkircher Verkehrsgesellschaft

Klaudija Eric von der Neunkircher Verkehrsgesellschaft versteht den Unmut der Menschen, verweist aber auf die Vielzahl der weiteren Anschlüsse. Es sei ein Konstrukt aus verschiedenen Anschlüssen und als Verkehrsgesellschaft könne man nicht überall einen Anschluss herstellen, der mit fünf Minuten Umsteigezeit versehen sei, so Eric.

Betroffene sollen sich melden

Außerdem seien die Fahrer von der Neunkircher Verkehrsgesellschaft angewiesen worden, maximal drei Minuten zu warten. Bei extremen Verspätungen oder Bus-Ausfällen bittet die Verkehrsgesellschaft, dass sich Betroffene möglichst konkret mit ihren Problemen melden.

Dass entsprechende Beschwerden oder Nachfragen mitunter nicht beantwortet werden, sollte nicht sein, versichert Eric. Die Verkehrsgesellschaft werde diese Vorkommnisse prüfen.


Reaktion von der Landesregierung

Berg setzt auf Taktverkehr und landesweites ÖPNV-Netz
Audio [SR 3, Stephan Deppen, 03.08.2023, Länge: 03:08 Min.]
Berg setzt auf Taktverkehr und landesweites ÖPNV-Netz

Mehr finanzielle Unterstützung für den ÖPNV

Viele Probleme und Ärger bei den Kunden. Daran soll sich etwas ändern. Das Land hat seine finanzielle Unterstützung für den ÖPNV erhöht. 2017 hat das Saarland noch knapp 13 Millionen Euro für den ÖPNV ausgegeben, 2022 waren es schon über 50 Millionen.

Was die Verbindungen angeht, sei für das Saarland ein zuverlässiger Taktverkehr geplant, so Mobilitätsministerin Petra Berg (SPD). Dieser funktioniere auf Landesebene, müsse allerdings noch auf kommunaler Ebene und mit der Bahn abgestimmt werden.

Landesweites Netz geplant

Gespräche mit den Kommunen seien bereits angelaufen und diese zeigten Bereitschaft, sich zu einem landesweiten Netz weiterzuentwickeln. Allerdings gebe es einen hohen Abstimmungsbedarf, da die Finanzierung sehr unterschiedlich sei.

Eine Änderung der Struktur, und somit weniger Akteure, ist laut Berg ausdrücklich kein Thema. Eine weitere landesweite Gesellschaft könne die lokalen Belange nicht besser koordinieren als die Kommunen selbst.

Man werde jedoch alles dafür tun, um das aufeinander abgestimmte landesweite ÖPNV-Netz funktionieren zu lassen, so Berg weiter.

Barrierefreier ÖPNV

Ein weiteres wichtiges Thema für den optimierten ÖPNV: die Barrierefreiheit. Viele Haltepunkte sind für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, mit Kinderwagen oder Fahrrad nicht zu erreichen.

Barrierefreiheit sei als Ziel für den ÖPNV festgeschrieben, so die Ministerin. Seit 2016 seien schon 700 Haltestellen umgebaut worden. Ziel sei es, alle Haltepunkte barrierefrei erreichbar zu machen, so Berg.

Ein Theman in der Sendung "Region am Mittag" am 03.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle


Mehr zum Thema ÖPNV im Saarland

"Deine Meinung zählt!"
ÖPNV im Saarland – Weit vorne oder weit abgehängt?
Wie läuft es mit Bus und Bahn im Saarland? Über die Probleme und Baustellen im ÖPNV haben wir in der aktuellen Ausgabe von "Deine Meinung zählt!" intensiv mit Saarländerinnen und Saarländern diskutiert.

Fahrtausfälle nur "Spitze des Eisbergs"
Verdi sieht ÖPNV im Saarland in Gefahr
Die Gewerkschaft Verdi beklagt einen Instandsetzungs- und Reparaturstau bei der Saarbahn. Ein Ausfall mehrerer Bahnen sei absehbar. Zugleich kritisiert Verdi die Arbeitsbedingungen. Mit denen sei es schwierig, Personal für Fahrdienst, die Werkstätten und die Verwaltung zu finden.

"Mobilität endet nicht an der kommunalen Grenze"
Kommunales Verkehrsnetzwerk soll ausgebaut werden
Klimaschutz ist ein Ziel vieler Kommunen. Dazu muss die Mobilität ausgebaut werden, damit sich der Umstieg vom eigenen Auto auf Bus und Bahn auch lohnt. Dafür soll die Fortbildung kommunaler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Mobilitätsmanagern sorgen. Dabei handelt es sich um ein freiwilliges Angebot.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja