Stempel mit der Aufschrift Kindergrundsicherung  (Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Ohde)

Kindergrundsicherung - Was Familien im Saarland brauchen

Reporterin: Lisa Christl / Onlinefassung: Raphael Klein   19.04.2023 | 12:20 Uhr

Im Saarland ist jedes fünfte Kind von Kinderarmut betroffen. Viele Familien erhalten nur einen Bruchteil der finanziellen Mittel, die ihnen zustehen. Mit der geplanten Kindergrundsicherung soll der Zugang zum Geld vereinfacht werden. Ein Fallbeispiel.

Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 eingeführt werden. Bis dahin müssen aber noch einige Weichen gestellt werden. Einen Antrag aus dem Saarland, die Kindergrundsicherung schneller umzusetzen, hatte der Bundesrat abgelehnt. Das bedeutet: Viele Familien, die auf mehr Unterstützung hoffen, müssen noch rund zwei Jahre auf mehr Hilfe warten.

Auch im Saarland sind viele betroffen. Jedes fünfte Kind lebt hier in Armut. Was das im Alltag bedeutet, hat sich SR-Reporterin Lisa Christl bei einer saarländischen Familie angeschaut.

Video [aktueller bericht, 19.04.2023, Länge: 3:12 Min.]
Der Streit um die Kindergrundsicherung

Am Monatsende wird es knapp

Für Jacqueline und ihre Kinder gibt es Kartoffelsuppe mit Würstchen aus dem Glas. Es ist Mitte des Monats und noch kann die dreifache Mutter warmes und gehaltvolles Essen auf den Tisch stellen.

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Vor allem gegen Ende des Monats werde es finanziell knapp, erzählt Jacqueline. "Manchmal mit 60 Euro, die noch zur Verfügung sind. Dann wird da schon geguckt, dass beispielsweise auf das Brot nur eine Scheibe Wurst anstatt zwei kommt." Auch Vorausplanen bei den Einkäufen ist da angesagt: So schaue die dreifache Mutter schon zu Beginn des Monats nach Angeboten, um noch etwas für das Monatsende zurücklegen zu können.

"Eine neue Hose für 20 Euro ist da schon Luxus"

Die Mutter schützt ihre Kinder. Sie leben in einer Welt aus Halt und Geborgenheit. Von der finanziellen Lage der Familie sollen sie im besten Fall nichts spüren. Dass alle Extra-Ausgaben in Broten gegengerechnet werden, sollen vor allem die beiden älteren Söhne im Teenageralter nicht wissen.

So versucht Jacqueline vor allem bei sich selbst zu sparen: "Eine neue Hose für 20 Euro ist da schon Luxus - und selbst da habe ich dann ein schlechtes Gewissen." Dennoch bleibt bei allem Sparen der Familie vieles verschlossen - nicht mal Zoobesuche seien drin, sagt Jacqueline.

Kindergrundsicherung - Hilfe aus einer Hand

So wie ihr geht es im Saarland vielen. 47 Prozent der alleinerziehenden Familien sind laut Bertelsmann-Stiftung von Armut gefährdet. Auf Bundesebene streiten die Koalitionspartner öffentlich über die Finanzierung des Mammutprojektes.

Die aktuelle Debatte scheint aber fern von aller Realität, meint auch Eva Jung-Neumann Vorständin des Verein Pädagogisch-Soziale Aktionsgemeinschaft (PÄDSAK) in Saarbrücken. Die Einführung der Kindergrundsicherung sei notwendig und ein Schritt in die richtige Richtung, sagt sie. Denn es würde für in Armut lebende Familien bedeuten, dass Transferleistungen zum ersten Mal aus einer Hand kommen.

Viele Familien würden nicht an das Geld herankommen, das ihnen zustehe, so Jung-Neumann. Der Verein Pädsak begrüßt deshalb die angedachte Vereinfachung der Antragstellung.

Auch Jacqueline Kirsten kennt den komplexen Prozess gut. Für sie wäre die Kindergrundsicherung eine spürbare Erleichterung. Letztlich bedeute es auch eine Entbürokratisierung.

TV-Tipp

Einen ausführlichen Beitrag zu dem Thema gibt es heute Abend um 21.45 Uhr bei Plusminus in der ARD: programm.ard.de/TV/daserste/plusminus

Mehr zum Thema

Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 19.04.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.

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