"Es braucht neue, smarte Lösungen"

"Es braucht neue, smarte Lösungen"

Ein Kommentar von Steffani Balle   29.08.2023 | 16:30 Uhr

Seit Jahren herrscht Hausarzt-Mangel im Saarland. Jeder fünfte Hausarzt ist im Rentenalter und auf der Suche nach einem Nachfolger für seine Praxis. Aktuell stehen 58 Arztpraxen leer. Hier brauche es smarte Lösungen, findet SR-Reporterin Steffani Balle in ihrem Kommentar.

Man hätte es wissen können: Auch Hausärzte werden älter und erreichen irgendwann das Rentenalter, in dem sie ihre Praxis an Jüngere weitergeben möchten. Aber: Was vor 30 Jahren noch gut funktionierte, wurde im Laufe der Jahre zunehmend schwieriger.

Ein demografisches Problem

Und das hat mehrere Gründe: Vor 30 Jahren haben die Babyboomer die Arztpraxen übernommen, jetzt sind die geburtenschwachen Jahrgänge im Studium oder bald fertig.

Rein zahlenmäßig sind das schon mal schlechte Bedingungen. Diejenigen, die ihr Medizinstudium abschließen, haben keine Lust, Tag und Nacht in Bereitschaft zu stehen, um einen Hausbesuch zu machen.

Neues Berufsverständnis

Der Anspruch der Patienten ist geblieben, dass „ihr“ Hausarzt immer für sie da ist. Das war vor 30 Jahren auch noch so und die älteren Hausärzte leben das noch immer. Work-Life-Balance gehört aber heute zum Selbstverständnis der Berufseinsteiger.

Bürokratie und Kostendruck

Langjährige Praxis-Inhaber beklagen die ständig wachsende Bürokratie und Dokumentationspflicht. Die nimmt nicht selten ein Drittel der Arbeitszeit und geht letztendlich zulasten der Patienten.

Außerdem sind die Kosten in den Praxen enorm angestiegen, nicht zuletzt durch die anständigen Gehälter, die mittlerweile auch Medizinische Fachangestellte, die Damen an der Rezeption, erhalten. Von denen es auch zu wenige gibt.

Ausweg Digitalisierung?

Da wäre ein Ansatz die Digitalisierung, vor der sich alteingesessene Ärzte wegen der Kosten und dem Aufwand zum Start scheuen. Auf längere Sicht würden sich digital gesteuertes Terminmanagement und kanalisierte Anrufe an Automaten, die Rezeptwünsche entgegennehmen, sicherlich lohnen. Eine automatisierte Dokumentation, die während der Untersuchung schon Eckdaten mitschreibt würde sicher auch helfen.

Bessere Bezahlung?

„Verhungert ist in dem Beruf noch keiner“ – sagt lapidar einer der es wissen muss, weil er seit 40 Jahren Einzelkämpfer als Landarzt ist. Also finanzielle Gründe stehen tatsächlich nicht an oberster Stelle der Problemskala.

Es braucht mehr Nachwuchs

Es gibt einfach nicht genügend junge Ärztinnen und Ärzte. Ein Ansatz wäre, die Zahl der Studienplätze deutlich zu erhöhen und dafür den Zugang zu erleichtern. Denn, wie sagte es einer der Dozenten so schön: Wir brauchen für x Praxen, die aufgegeben werden, nicht x fertige Ärzte, sondern zwei Mal x! 

Kurzum: Einige alte Zöpfe gehören abgeschnitten und durch neue, smarte Lösungen ersetzt. Die Halbgötter in Weiß haben ausgedient- ebenso wie die Selbstausbeutung im Beruf. Und sei es auch eine noch so große Berufung wie den Menschen Gesundheit zu schenken.


Thementag: Hausarzt für Praxis - dringend gesucht


SR 3 Thementag am 29.08.2023
Hausarzt für Praxis - dringend gesucht
Im Saarland stehen aktuell rund 60 Hausarztpraxen leer. Der häufigste Grund dafür ist, dass kein passender Nachfolger gefunden wurde. Im Rahmen eines Thementages haben wir das Thema genauer unter die Lupe genommen.

Ein Thema in der Sendung "Region am Nachmittag" am 29.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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