Eine junge Referendarin schreibt an eine Schultafel im Mathematikunterricht einer 8. Klasse (Foto: dpa/Julian Stratenschulte)

Lehrer-Ausbildung muss attraktiver werden

Nadja Schmieding   17.02.2023 | 15:50 Uhr

In Deutschland herrscht Lehrermangel - und das nicht erst seit gestern. Auch im Saarland fehlt es an Lehrkräften. Damit sich wieder mehr junge Leute für den Beruf entscheiden, müsse sowohl das Ausbildungsangebot als auch die Bezahlung während des Referendariats verbessert werden, sagen GEW und Philologenverband.

Der Lehrermangel im Saarland ist ein bekanntes Problem, das in den nächsten Jahren noch größer werden dürfte. Es fehlt an Nachwuchskräften, denn immer weniger junge Menschen entscheiden sich für den Beruf des Lehrers.

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Die Ausbildung zur Lehrkraft ist in zwei Phasen unterteilt: einmal acht bis neun Semester Studium an der Universität, dann die Praxis - das Referendariat oder der Vorbereitungsdienst an der Schule.

Fehlende Studienplätze und zu hohe Hürden

Das Problem beginne schon an der Uni, sagt Max Hewer, Chef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Saarland. Trotz Lehrermangel gebe es immer weniger Studienplätze. "In den letzten zehn Jahren wurde hier im Saarland ein Viertel der Plätze für Lehramt abgebaut." Hinzu komme, dass es auf Lehramt Studierende gebe, die sich dann doch für einen anderen Beruf entscheiden würden - selbst wenn sie schon in der Mitte des Studiums seien.

Die Zahl der Plätze für das Lehramtsstudium müsse wieder deutlich erhöht werden, und auch die Studienbeschränkungen sollten abgeschafft werden, so die Forderung Hewers. Die Hürden - besonders bei klassischen Mangelfächern wie Physik, Arbeitslehre, Musik oder Kunst - seien zu hoch.

Anpassung der Ausbildung

Und auch die Ausbildung an sich sollte angepasst werden, und zwar an den tatsächlichen Bedarf der heutigen Schulen, fordert der GEW-Mann. Hewer plädiert für ein Praxissemester über alle Schulformen hinweg, damit die Studierenden sich schon zu Beginn des Studiums besser über die Berufsbilder orientieren könnten, statt sich schon ganz am Anfang für einen Weg festlegen zu müssen.

Von einem 19-jährigen Abiturienten sei es einfach sehr viel verlangt, sich schon zum Beginn eines Studiums für eine Schulform zu entscheiden. Auch sollten beispielsweise die Förder- und Berufsschulen und das Thema Inklusion den Studierenden bereits zu Beginn des Studiums näher gebracht werden, so Hewer. Denn auch in diesen Bereichen gebe es Lehrermangel.

Drastisch sinkende Bewerberzahlen für ein Referendariat

Doch es hakt nicht nur beim Studium. Die Zahl der Bewerber für das Referendariat danach sei in den letzten Jahren bedenklich gesunken, sagt Hewer. Während es früher mehr als 300 Bewerber für 60 Plätze gab, sind es heute um ein Vielfaches weniger. Wenn es nur noch 40 Bewerber für 60 Plätze gebe, dann sei klar, dass es in wenigen Jahren einen richtigen Mangel an Lehrkräften geben werde. "Dann kriegen wir Probleme, Planstellen zu besetzen." Das Ruder müsse deshalb jetzt herumgerissen werden.

Karger Lohn und viel Aufwand schreckt ab

Stress (Foto: Imago Images/Roland Mühlanger)

Doch wie den Trend stoppen? Viele Studierende schrecke der karge Lohn während des Referendariats ab, sagt Hewer. Rund 1500 Euro brutto im Monat für eine Beschäftigung, die über Vollzeit hinausgehe, und das nach fünf Jahren Studium, seien unwürdig. Das sei nicht mal Mindestlohnniveau.

Das sieht auch Marcus Hahn so, der Vorsitzende des Saarländischen Philologenverbandes: "Die Arbeitsbedingungen im Referendariat - und dazu zählt ja auch die Bezahlung - sind katastrophal", sagt er.

Hinzu komme, dass die angehenden Lehrerinnen und Lehrer durch die Bank sehr hohen Belastungen ausgesetzt seien. "Alleine schon die organisatorischen Belastungen, der Einsatz an mehreren Schulen, die teilweise über das Land verstreut sind."

Hinzu komme, dass die Fahrten quer durch das Saarland auf eigene Kosten gehen, so Hahn. Hier müsse das Land wenigstens die Benzinkosten erstatten. "Es ist nicht einzusehen, dass Referendare zusätzlich noch Nebenjobs haben müssen, nur um ihre Benzinkosten bezahlen zu können. Die Kollegen und Kolleginnen 'verfahren' ein kleines Vermögen jeden Monat von ihrem äußerst knappen Gehalt, nur um von Einsatzschule A zu Einsatzschule B zu gelangen. Es sei ein bitteres Signal, dass es der Politik bisher nicht mal gelungen sei, einen kleinen Benzinkostenzuschuss zu zahlen.

Fazit

Unterm Strich müssten nicht nur die Ausbildungs-, sondern auch die Arbeitsbedingungen deutlich attraktiver werden, damit wieder mehr junge Leute den Beruf des Lehrers im Saarland ergreifen wollen, sagt Marcus Hahn. Es lockten einfach zu viele andere, lukrativere Angebote auf dem Markt. Arbeitszeit, Belastung, Bezahlung passten nicht zu dem, was die jungen Leute heute gerechterweise erwarten würden.

Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 17.02.2023.

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