Stress (Foto: dpa)

ADHS bei Erwachsenen

Reporterin: Lisa Krauser/Onlinefassung: Corinna Kern   04.07.2023 | 06:30 Uhr

ADHS - das bringen viele vor allem mit Kindern in Verbindung, die sich schnell ablenken lassen und hyperkativ sind. Doch mittlerweile ist klar: Auch Erwachsene können ADHS haben. Für die Betroffenen ist es bis zur Diagnose jedoch oftmals ein langer Weg.

"Das ist ein richtiger Zappelphilipp!" Diesen Satz hören besonders Kinder häufig, die nicht still sitzen können und sich schnell ablenken lassen. Manchmal steckt ADHS dahinter - eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Daran können jedoch nicht nur Kinder erkranken, auch Erwachsene können ADHS haben. Bei Letzteren bleibt die Störung jedoch oftmals unerkannt.

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ADHS bei Erwachsenen wird häufiger erkannt
Audio [SR 3, Lisa Krauser, 04.07.2023, Länge: 04:20 Min.]
ADHS bei Erwachsenen wird häufiger erkannt

So auch bei Sarah. Die 39-Jährige fühlt sich oft wie eine Außenseiterin. Sie hat Probleme, sich zu konzentrieren, Stimmungsschwankungen, und sie polarisiert mit ihrer zappeligen und direkten Art. Ein Buch über ADHS bei Erwachsenen sorgt für den Schlüsselmoment in ihrem Leben. "Ich habe mich wirklich in allem wiedergesehen. Das war schon so ein Gänsehaut-Moment, um zu sehen, es liegt nicht an dir, oder du bist nicht falsch oder verkehrt". Das Buch habe ihr auch gezeigt, dass es mehr Erwachsene gibt, die dieselben Probleme haben.

Erleichterung nach der Diagnose

Im März 2022 bekommt Sarah auch von ärztlicher Seite bestätigt: Sie hat ADHS. "Ich war total erleichtert. Also es war wirklich mit Freudentränen verbunden", sagt die 39-Jährige.

Erleichterung empfinden viele Betroffene, die im Erwachsenenalter ihre Diagnose bekommen, sagt Prof. Wolfgang Retz. Er ist Direktor des Instituts für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie der Universität des Saarlandes und forscht seit über 20 Jahren zu ADHS bei Erwachsenen. Er bestätigt, dass bei vielen Erwachsenen die Störung unerkannt bleibt.

ADHS bei Erwachsenen nicht beachtet

Das eigentliche Problem bestehe jedoch darin, dass ADHS über viele Jahre als eine Störung im Erwachsenenalter einfach nicht beachtet worden sei, so Retz. Er selbst habe während seines Studiums noch gelernt, dass sich ADHS im Jugendalter auswachse und im Erwachsenenalter kein Problem mehr darstelle.

Mittlerweile gibt es jedoch viele Studien, die zeigen, dass die ADHS-Symptome im Erwachsenenalter in der Regel nicht vollständig verschwinden. Trotzdem haben viele Ärzte ADHS bei Erwachsenen noch nicht als mögliche Ursache für diverse Probleme im Leben abgespeichert, sagt Retz.

Störung häufiger erkannt

Die Wahrnehmung, dass mehr Menschen die Diagnose bekommen, sei wohl richtig, jedoch starte man auf einer sehr niedrigen Ausgangssituation. Die eigentliche Anzahl der Erwachsenen, die die Diagnose ADHS erhalten, nimmt nicht zu. Laut dem Direktor des Instituts für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie wird die Störung mittlerweile von Ärzten nur öfter erkannt als früher.

Mittlerweile wird im Medizinstudium dafür sensibilisiert, dass auch Erwachsene ADHS haben können, sagt Retz. Studien gehen davon aus, dass zwei von einhundert Erwachsenen betroffen sind.

Ein Thema in der Sendung "Guten Morgen" am 04.07.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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