Industrieanlagen in Carling (Foto: SR)

Wird Carling zum grünen Industriestandort?

Lisa Huth   29.07.2022 | 16:25 Uhr

Die Chemieplattform Carling hat viele Jahrzehnte lang großen Umweltverschmutzern einen Standort gegeben. In Zeiten, in denen Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, sammeln sich dort inzwischen aber auch immer mehr Unternehmen an, die sich mit grüner Chemie labeln. Wie umweltfreundlich diese Konzerne sind, hat sich SR 3-Reporterin Lisa Huth angeschaut.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz wird auch für Unternehmen immer wichtiger. Dazu gehören unter anderem auch Energie- und Emissionseinsparungen durch kürzere Anfahrtswege. Firmen wie Resolute oder AfterBiochem suchen deshalb neue Standorte. Das aktuelle Ziel: Carling, die Chemieplattform an der Grenze zum Saarland.

Plattform Carling

Der französische Nachbar des saarländischen Ortes Lauterbach war seit den 60er Jahren Plattform für Petrochemie. Damit war Erdöl lange Zeit die Basis der dortigen Chemie. Entsprechend gefährlich: die Abfallstoffe. Total hatte dort das Sagen und ist auch heute noch der größte Betrieb. Aber es hat sich auch einiges geändert.

Immerhin sind die größten Gefährder für die Umwelt, nämlich die Kokerei und die Steamcracker, nicht mehr da. Außerdem gibt es mittlerweile mehrere andere Firmen auf der nach Seveso-II-Richtlinie zertifizierten Anlage. Das bedeutet: Die Firmen arbeiten dort meist immer noch mit hoch gefährlichen Stoffen.

Grüne Industrie in Carling?

Jetzt siedeln sich auch andere Industrien in Carling an und die arbeiten zum Beispiel mit Abfallprodukten. Das ist schon etwas ganz anderes als die hochgefährlichen Stoffe wie Dioxin, die dort vorher verarbeitet wurden. Lena Müller-Lohse von Bioconomy for Change betreut die beiden Firmen, die sich aktuell in Carling niederlassen wollen: Resolute und AfterBiochem. Ein Grund warum beide an die französisch-saarländische Grenze wollen? Der zentrale Standort.

Kurze Anfahrtswege

Für AfterBiochem verkürzen sich vor allem Anfahrtswege, da sie ihren Hauptrohstoff - Zuckerrüben - hauptsächlich aus der landwirtschaftlichen Ebene rund um die Champagne beziehen, aber auch Partner der deutschen Südzucker AG sei, so Müller-Lohse. Die Firma stelle biobasierte Moleküle her, die fossile ersetzen sollen und als Aromen für Duftstoffe, Körperpflege, Futterindustrie oder Pharmazie verwendet werden könnten.

Rohstoffe in der Nähe

Auch Resolute bezieht seinen Rohstoff aus Frankreich, aus den Vogesen, um genau zu sein. Laut dem saarländischen Umweltministerium stellt die Firma Lösungsmittel aus Biomasse her. Das Lösungsmittel aus "zellulosehaltiger Abfallbiomasse", die unter anderem bei der Papierherstellung anfällt, biete eine Alternative zu toxischen Lösungsmitteln, so Müller-Lohse. Damit könne man die fossilen Rohstoffe in beispielsweise Beschichtungen und Klebstoffen ersetzen.

Die Idee dahinter

Mit Hilfe der beiden Projekte könne man also die Abhängigkeit von nicht-erneuerbaren Ressourcen verringern, sagt Müller-Lohse. Die Idee dahinter sei, die Umweltverschmutzung einzudämmen, damit möglichst umweltverträglich produziert werden könne. So solle Biomasse die fossilen Rohstoffe ersetzen.

Ein wenig Misstrauen

Trotzdem bleibt ein Funken Misstrauen - und die Frage, wie grün die Produktion in Carling wirklich ist. "AfterBiochem und Resolute sind von der EU finanzierte Projekte", sagt Müller-Lohse. Sie würden deshalb streng kontrolliert und hätten keine Finanzierung erhalten, wenn sie Mensch und Umwelt schadeten. Außerdem würden die Produkte immer wieder neu geprüft.

Ein weiterer Vorteil? Arbeitsplätze. Insgesamt mehr als 400 direkte und indirekte Stellen werden geschaffen. Und das gibt der von Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Region entlang der Grenze neuen Schwung.

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 29.07.2022 auf SR 3 Saarlandwelle

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