Lennart- Elias Seimetz: "Total überfordert, total kaputt, total wichtig"

Ein Buch über das Schulsystem aus Schüler-Sicht

Reporter: Stephan Deppen/Onlinefassung: Corinna Kern   02.01.2024 | 16:00 Uhr

Was bringt einen 20-Jährigen dazu, ein Buch über die Schule und das Bildungssystem zu schreiben? Frust oder Lust am Lernen? Lennart-Elias Seimetz hat 2023 sein Abitur abgelegt und nun seine Schullaufbahn aufgearbeitet. So entlarvend, dass man sich als Außenstehender fragt, wie es sein kann, dass in den letzten 20 Jahren in den Schulen so wenig passiert ist.

"Total überfordert, total kaputt, total wichtig" so lautet der Titel des Buches, das der ehemalige Schülersprecher Lennart-Elias Seimetz im Dezember veröffentlicht hat. Auf 150 Seiten zieht er Bilanz seiner Arbeit als Schülersprecher auf Schul-, Landes- und Bundesebene.

Wunsch nach besserem Bildungssystem

Der heute 20-Jährige begann im Alter von 15 Jahren, sich in und für die Schule und das Bildungswesen zu engagieren. Und während andere froh sind, wenn sie den Schulabschluss in der Tasche haben und der Schule den Rücken kehren können, hat er ein Buch geschrieben.

Nicht getrieben vom Frust über die Schule, sondern von dem Wunsch, das System Schule zum Besseren zu wenden.

Der Schüler-Blick auf unser Bildungssystem werde zu wenig wahr genommen, sagt Seimetz. "Wir machen vielleicht nur zehn Prozent der Bevölkerung aus. Sind aber letztendlich 100 Prozent der Zukunft."

Föderalismus bis mentale Gesundheit

In rund 20 Kapiteln widmet sich Seimetz kurz und knapp den Themen, die die Bildungsdebatte bestimmen: Föderalismus als Hemmschuh und Sanierungsstau bei Schulgebäuden. Es gehe ihm aber auch um Notengebung, mentale Gesundheit und Hass und Hetze gegen junge engagierte Menschen, sagt Seimetz.

In seinem Buch benennt er Wünsche an den Lern-und Lebensort Schule: Wissen vermitteln, Spaß am Lernen, Nähe zum Alltag und auch Wertschätzung für die Arbeit der Lehrkräfte.

"Das ist Separation keine Inklusion"

Die einzelnen Themen werden recht knapp, aber klar abgehandelt - so auch das Thema Inklusion, das er als Rollstuhlfahrer aus Sicht eines Betroffenen besonders gut beurteilen und beschreiben kann. "Wir stecken behinderte Menschen in Förderschulen und anschließend in Behindertenwerkstätten. Das ist Separation, keine Inklusion."

Was muss sich ändern?

Neben diesen Bestandsaufnahme blickt Seimetz aber auch voraus: Was muss sich ändern?
Für ihn steht fest: Das Bildungswesen braucht mehr Geld, mehr Lehrer, mehr Digitalisierung. Vor allem aber mehr Aufmerksamkeit für die Meinung derer, die in der Schule lehren und lernen.

Entlarvende Schüler-Sicht

Manche Dinge sind, aus Schüler- und Schülerinnen-Sicht beschrieben, so entlarvend, dass man sich als Außenstehender fragt, wie es sein kann, dass in den letzten 20 Jahren in den Schulen so wenig passiert ist. Der Titel liefert die Antwort: Total überfordert, total kaputt, total wichtig.

Lennart-Elias Seimetz "Total überfordert, total kaputt, total wichtig" (Foto: Dietz Verlag)

Lennart-Elias Seimetz
Total überfordert, total kaputt, total wichtig
152 Seiten
Klappenbroschur, 18,00 Euro
ISBN 978-3-8012-0668-0
Erscheinungstermin: Dezember 2023


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