Michael Schneider (Foto: Michael Schneider)

Auf den Spuren von Geistern und Hexenmeistern

Unterwegs auf den Mauern von Metz

Michael Schneider  

Turm der Kerzenmacher, Schneiderturm, Hexen- oder Geisterturm. All dies sind Stationen eines außergewöhnlichen Rundgangs, den man jenseits der bekannten Sehenswürdigkeiten in Metz unternehmen kann. Alte Mauern und Gemäuer geben Einblick in die bewegte Geschichte der alten Stadt. Die Tour dauert rund zwei Stunden und endet am Deutschen Tor, dem Übergang zum modernen Metz.

Einen kurzen Fußweg von der Metzer Kathedrale entfernt, unten am Ufer der Mosel, beginnt ein Stadtrundgang der etwas anderen Art. Wer bereits das Pflichtprogramm der Sehenswürdigkeiten absolviert hat – von den Markthallen über das Kaiserviertel bis zur Promenade im Süden der Stadt – der findet hier zur Entspannung einen grünen Weg, der hinausführt aus dem wuseligen Treiben der Einkaufszone und tief hinein in die bewegte Geschichte der alten Stadt.

Ein Einstiegspunkt ist die kleine Fußgängerbrücke Pont Saint-Georges, wo Metz ein bisschen den Charme eines Paris im Kleinformat verströmt. An einem Ufer ragt die Kathedrale kühn hinter prachtvollen Stadthäusern empor, am anderen klebt klotzige französische Architektur der Postmoderne, und dazwischen führen schnurgerade die romantischen Quais der Mosel flussaufwärts. Zwischen wogendem Schilfgras und bröckelndem Gemäuer geht es am Fluss entlang bis zu einem unscheinbaren Torbogen: das Portal zum Mittelalter.

Michael Schneider (Foto: Michael Schneider)

Durchbrüche und Aussichtsplattformen

Hier, wo Mosel und Seille zusammenfließen, sind die Stadtmauern am besten erhalten. Wehrtürme, Schießscharten, sternförmige Befestigungsanlagen bewachen die Flussmündung, und der Besucher verschwindet beinahe zwischen den trutzigen Mauern. Ein Überbleibsel der einst kilometerlangen Wälle, die Metz in alle Richtungen vor Invasoren schützen sollten.

Doch im 19. Jahrhundert ließen Stadtplaner einen Großteil davon abtragen – das enge Korsett der Mauern nahm der wachsenden Stadt die Luft zum Atmen. Geblieben ist dieser knapp zwei Kilometer lange Streifen entlang der Seille. Der Fluss selbst allerdings ist im ersten Abschnitt des Rundweges nur zu erahnen, er verschwindet hinter hohen Zinnen. Durchbrüche und Aussichtsplattformen geben aber immer wieder den Blick auf das friedliche Unterholz am Wasser frei.

Michael Schneider (Foto: Michael Schneider)

Mit jedem Schritt geht es nun weiter zurück in der Vergangenheit. Von barocken Sternschanzen durch die Torbögen der frühen Neuzeit, bis sich der Weg öffnet zur grünen Allée des Tours de Diable. Über Hunderte von Metern ist hier die mittelalterliche Mauer erhalten. In ihrem Schatten erstreckt sich heute die grüne Lunge der Stadt.

Legenden um die Gemäuer

Walker, Hundebesitzer, junge Paare und Familien bevölkern die Wiesen und Wege zwischen Blumenrabatten. Bewacht wird das lebhafte Treiben von halbverfallenen Türmen, die geheimnisvolle Namen tragen: Turm der Kerzenmacher, Schneiderturm, Hexen- oder Geisterturm. Einst waren es die Zünfte der Stadt, die für die Instandhaltung der Türme zuständig waren.

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[SR 3, Michael Schneider, Länge: 3:14 Min.]
Audio: Tour de Kultur: Auf den Mauern von Metz
[SR 3, Michael Schneider, Länge: 3:14 Min.]

Als die Tradition in Vergessenheit geriet, begannen wilde Legenden um die Gemäuer zu ranken. Und so wurde bald von mysteriösen Hexenmeistern getuschelt, die sich in dunklen Nächten im Schatten der Türme versammelten. Heute ist kaum einer der Wachtürme noch intakt. Der Zahn der Zeit, eine Reihe von Kriegen und zuletzt amerikanische Fliegerbomben haben Gucklöcher ins Gemäuer gefressen, die nun den Blick auf wilden Efeu und Spitzbögen aus dem 14. Jahrhundert freigeben.

Wer sich näher für die Geschichte hinter den historischen Steinen interessiert, der findet in den vor Ort angebrachten Tafeln allenfalls ein paar Basisinformationen. Stolze Besitzer eines Smartphones können sich gegen eine kleine Gebühr die App Metz Monument Tracker herunterladen, die Detailwissen zu herausragenden Bauwerken verspricht.

Michael Schneider (Foto: Michael Schneider)

Auch deutschsprachige Führungen

Gerade rund um die alten Stadtmauern wird der Besucher aber öfters im Stich gelassen – und muss sich die Geschichte hinter den Steinen selbst zusammenreimen. Deutlich spannender und persönlicher ist eine Führung mit einem Tourguide des Metzer Touristenbüros, das regelmäßig auch deutschsprachige Führungen entlang des Mauerrundwegs anbietet. Übrigens ein echter Geheimtipp – der Circuit des Remparts ist bislang bei Touristen eher unbekannt.

Michael Schneider (Foto: Michael Schneider)

Am Ende des Spaziergangs erhebt sich eines der Wahrzeichen der Stadt Metz. Die Porte des Allemands – das Deutsche Tor – ist eins von nur noch zwei erhaltenen Stadttoren und das einzige, das bis ins Mittelalter zurückdatiert. Das Tor, mehr Festung als bloßer Durchgang, thront majestätisch über dem rauschenden Wasser des Flusses. Über eine Steinbrücke geht es zwischen hohen Pforten und armdicken Gittern in den Innenhof.

Mauerrundweg dauert zwei Stunden

Vier Türme sichern die Porte des Allemands, und auch ihnen sind die Spuren der Jahrhunderte anzusehen: Immer wieder wurden sie umgebaut, teilweise abgetragen, neu errichtet und den Bedürfnissen der Zeit angepasst. Zuletzt ließen die Deutschen Besatzer nach dem deutsch-französischen Krieg zierliche Zinnen anbringen, was dem Tor heute das Aussehen eines verwunschenen Märchenschlosses verleiht. Im Inneren informiert eine kleine Ausstellung über die bewegte Geschichte der Stadtbefestigungen, und vom Wehrgang des Tors aus eröffnet sich noch einmal ein eindrucksvoller Blick zurück auf das Seilleufer und seine Türme.

Das Deutsche Tor markiert das Ende des Spaziergangs und den Übergang zur modernen Stadt. Etwa zwei Stunden dauert der Mauerrundweg von Metz – und in dieser Zeit kommt der Besucher zum Durchatmen im Grünen, beschirmt von geschichtsträchtigen Steinen, abgeschottet von Verkehr und Alltagstrubel – bis er beinahe vergisst, dass die Großstadt stets nur einen Steinwurf entfernt ist.

Michael Schneider


Auf einen Blick


Kontakt
Tourist Information Metz
2, place d’Armes
F-57 000 Metz
Tel.: (00 333) 87 39 00 00
E-Mail: contact@tourisme-metz.com
www.tourisme-metz.com/de/parks-und-gaerten/promenade-des-remparts-et-fort-de-bellecroix-1_s.html

Öffnungszeiten
Ganzjährig geöffnet

Eintritt/ Führungen
8 Euro pro Person

Anfahrt
Von Saarbrücken über die A 6 und A 4 in Richtung Metz. Ausfahrt in Richtung Metz-Centre. Der Beschilderung in Richtung Centre-Ville folgen.



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