An der Wiege der saarländischen Stahlindustrie. (Foto: Hans-Peter Lorang)

Der Hammer im Wald

Bei Züsch liegen die Wurzeln der saarländischen Stahlindustrie

Nadine Thielen  

Fast schon versteckt liegt er da: der Züscher Hammer. Wer zu dem ehemaligen Industriegelände will, muss dafür erst einmal durch den Wald. Vorbei an den riesigen, für den Schwarzwälder Hochwald so typischen dunkelgrünen Tannen, entlang des Altbachs, der idyllisch vor sich hinplätschert, zeigt sich der Züscher Hammer dann endlich in einem kleinen Tal.



An der Wiege der saarländischen Stahlindustrie. (Foto: Hans-Peter Lorang)
Überwachsen, aber immer noch ein Zeugnis saarländischer Stahlindustrie.

Auf den ersten Blick sieht man nur ein Holzhaus, davor ein Grillpavillon. Einladend sieht es aus, aber nach großer Industriekultur? Dazu muss man schon genauer hinschauen. Im Inneren des Holzhauses lässt sich erahnen, warum genau hier gut 150 Jahre lang die Eisenindustrie blühte.

„In diesem Schutzgebäude haben wir versucht alles so nachzubauen, dass unsere Besucher einen Eindruck davon bekommen, wie das Eisen früher verarbeitet wurde“, sagt Otmar Rausch. Er ist der Erste Vorsitzende des Fördervereins Züscher Hammer.

Der Hammer gab dem Werk den Namen

Man sieht eine Feuerstelle, ein großes Brett, an dem die Schmiedewerkzeuge hängen, große Holztische, die zur Pause einladen. Aber was die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist natürlich der Hammer. Das Werkzeug, ohne das das Eisen nicht zu schmieden war.

Audio

Tour de Kultur 2019: Der Hammer im Wald
[SR 3, (c) Nadine Thielen, 08.07.2019, Länge: 03:12 Min.]
Tour de Kultur 2019: Der Hammer im Wald
SR-Reporterin berichtet wie der "Züscher Hammer" zu seinem Neman kam.

Und dieser Hammer hinterließ offenbar so viel Eindruck, dass er gleich zum Synonym für dieses ehemalige Eisenhüttenwerk geworden ist. „Der Hammer im Haus ist so schwer, dass zwei Männer ihn stemmen mussten“, erklärt Otmar Rausch.

Mit dem Blasebalg wird entfacht

Jeden ersten Sonntag im Monat öffnet der Förderverein die Holzhütte, in der Besucher den Hammer sehen können. Für angemeldete Gruppen setzt sich der Hammer dann auch in Bewegung. „Das braucht immer ein bisschen Vorbereitung“, sagt Otmar Rausch.

An der Wiege der saarländischen Stahlindustrie. (Foto: Hans-Peter Lorang)
Wasser brauchte es für die Stahlproduktion. Viel Wasser.

Alleine schon das Feuer, das das Eisen zum Glühen bringt, braucht seine Zeit. Ein riesiger Blasebalg bringt die Holzkohlen zum Brennen. Der Schmied hält das Eisen mit einer Zange in die Flammen, bis es zu glühen anfängt. Das Schmieden beginnt.

Erst die Wasserkraft bringt das Glühen

Dafür müssen die Zuschauer aber erst einmal aus dem „Schutzgebäude“ rausgehen, wie Otmar Rausch die Holzhütte nennt. An der Hinterseite der Hütte bewegt sich ein mannshohes Wasserrad.

Von oben plätschert das Wasser auf das Rad, fast schon wasserfallartig. Das Wasserrauschen sorgt hier draußen neben dem Vogelgezwitscher für ordentlich Lärm. Das Wasserrad dreht und dreht sich und dreht dabei die Welle mit – eine Art dicker runder Holzbalken, der von außen ins Innere des Gebäudes reicht.

Die Funken stieben

Am anderen Ende der Welle ist so etwas wie eine Nockenwelle befestigt: eine Art Holzband mit Nocken in regelmäßigen Abständen. Die Nocken drehen sich im Kreis und Stoßen an das Ende des Hammers. Und genau das bewegt den Hammer – die Nocke hebt ihn an, er fällt herunter.

Die nächste Nocke hebt den Hammer wieder an und erneut fällt er herunter. Und zwar auf das glühende Eisen, das der Schmied in der Hand hält. Tok, Tok, Toktok. Unregelmäßig und laut ist es, wenn der Hammer trifft. Mit jedem Schlag fliegen die Funken vom Eisen.

Es entstanden Schwerter oder Nägel

Der Schmied verzieht keine Miene, zieht das glühende Eisen nur immer wieder vor und zurück und macht es damit immer flacher. Dieses Eisen wird nicht weiter verarbeitet, es ist sozusagen nur das Vorführ-Eisen für die Besucher. Anders früher: Da wurde das Eisen zu Schwertern, Messern oder auch Nägeln geschmiedet.

Der Züscher Hammer befindet sich im Hunsrück, genauer im Hochwald – im rheinland-pfälzischen Teil. Nur wenige Kilometer von Nonnweiler und damit von der saarländischen Grenze entfernt.

Zeitweilig im Besitz der Familie Stumm

„Der Züscher Hammer ist der Ursprung der Eisenindustrie im Saarland gewesen“, sagt Rausch. „Einer der letzten Besitzer war sogar die Familie Stumm.“ Die saarländische Industriellenfamilie stammte ursprünglich aus dem Hunsrück, konzentrierte sich aber gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf das Geschäft mit der Steinkohle. Für die größten wirtschaftlichen Erfolge des Züscher Hammers war aber nicht die Familie Stumm verantwortlich.

Der Wallone Joseph Hauzeur hatte das Gelände 1694 gepachtet, um dort das Eisenhüttenwerk auszubauen. Es war der Beginn einer rund 150-jährigen Hochzeit der Eisenverarbeitung am Züscher Hammer. 29 Arbeiterfamilien siedelten sich an. Der Nachbarort Neuhütten entstand. Damals war das Eisenhüttenwerk das bedeutendste im Hunsrück. Seine Anfänge liegen aber noch einige Jahrhunderte davor.

Seit mindestens 1220 offiziell bekannt

Um 1220 wird der Ort Züsch und die damalige Züscher Burg zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Um 1300 ist zum ersten Mal von der Schmelze und dem Pochwerk die Rede, also der Maschine, die das noch steinige Erz zerkleinert.

Diese Daten markieren sozusagen den Geburtstag des Züscher Hammers. Und dieser war damals fast schon das Paradies für alle, die Eisen verarbeiten wollten. Die Region hatte viel Eisenerz zu bieten. Und auch viel Holz, was gerade die Köhler für ihre Holzkohle brauchten. Damit brachten sie die Erze erst zum Schmelzen. Außerdem gab es Wasserläufe, die durch die Gefälle im Hochwald die Hammerwerke bestens antreiben konnten.

Ende des 20. Jahrhunderts neu entdeckt

Erst 1982 wurden die Grundmauern des ehemaligen Hüttenwerks freigelegt. Auch sie sieht man heute auf dem Gelände. Vor gut 20 Jahren gründete sich der Förderverein, der sich seitdem um die Anlage kümmert. Ein Gelände, das einen Eindruck davon vermittelt, was Industriekultur bedeutet hat, als die meisten das Wort „Industrie“ noch nicht kannten.

Der Züscher Hammer steht am Anfang einer Entwicklung, ohne die die großen Industriekultur-Standorte wie die Völklinger Hütte oder die Essener Zeche Zollverein gar nicht zu denken wären. Genau das macht den Züscher Hammer so besonders. Auch wenn man das so mitten im Wald, umgeben von Vogelgezwitscher kaum glauben mag.


Auf einen Blick


Kontakt
Tourist-Information Hermeskeil

Langer Markt 30
54411 Hermeskeil
Tel.: (06503) 80 95 00
E-Mail: info@hermeskeil.de
Förderverein Züscher Hammer
www.zuescher-hammer.de

Öffnungszeiten
Das Gelände ist ganzjährig geöffnet.
Besichtigung jeden 1. So. im Monat, 11.00 - 15.00 Uhr, Besichtigung und Vorführung für Gruppen nach Vereinbarung.

Eintritt
Der Eintritt ist frei.
Führung:
Gruppenpreis: 60,- € (bis 20 Personen), 3,- € je weitere Person, maximal 30 Teilnehmer,
Dauer: circa 1 Stunde.

Anfahrt
Über die A 1 in Richtung Trier, die Ausfahrt Nonnweiler-Otzenhausen nehmen. Über die Ringwallstraße und L 147 bis in die Saarstraße in Neuhütten. Kurz vor dem Ende der Straße vor dem Restaurant Le Temple links abbiegen bis zum Wanderparkplatz. Der Züscher Hammer ist etwa 500 Meter weiter zu Fuß erreichbar. Dazu einfach dem Wanderweg Dollbergschleife folgen.

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