Die Braut trägt schwarz

Sonntagnachmittag in Binsfeld, Nord-Luxemburg. Die Dorfstraße ist leer. Die Häuser sind herausgeputzt und die Autos stehen in den Einfahrten. Wie es hier wohl vor 300 Jahren ausgesehen hat? Man kann niemanden fragen, aber man kann ins Dorfmuseum, das Musée Rural, gehen und bekommt dort einen Eindruck früherer Zeiten.

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Tour de Kultur: Das "Musee Rural" in Binsfeld

Bis in die 1950er Jahre waren die meisten Dorfbewohner Bauern. Das Leben war sehr einfach. Lange gab es weder Strom noch fließendes Wasser in den Häusern. Zu essen gab es nur, was die Felder und der Garten hergaben. Wer eine Kuh hatte, hatte wenigstens Milch und Butter.

Man hat im Dorf gelebt und kam selten in die Stadt. Also waren die Menschen Selbstversorger. Um die Schafe im Dorf kümmerte sich der Schäfer. Sein Haus ist das älteste Gebäude im Ort, und als es abgerissen werden sollte, rettete es die Interessengemeinschaft von Binsfeld-Holler-Breidfeld.

Die ländliche Kultur erhalten

Wie es dazu kam? Das kann Fred Huet, der Präsident der Interessengemeinschaft, blumig schildern. In den 1960er Jahren wurden viele Bauernhäuser in Binsfeld und Umgebung saniert. Die alten Möbel, Werkzeuge und Kleider wurden weggeschmissen oder landeten bei Trödelhändlern im nahen Belgien.

Das ging den luxemburgischen Landwirten mächtig gegen den Strich. „Die Leute dachten, die stehlen unsere Kultur“, erzählt Fred Huet. Und so entstand die Idee, die Dorfgeschichte zu dokumentieren und ein Museum aufzubauen. Als das ehemalige Schäferhaus a Schiewesch leer stand, kaufte es der Verein. Denn es schien dafür mehr als geeignet. Es war schließlich das älteste Gebäude im Dorf.

Neuigkeiten gab's beim Schmied

Seither haben die umtriebigen Museumsgründer viele Schätze zusammengetragen. Schon im Eingangsbereich kann man sehen, wie der Schuster im Dorf gearbeitet hat. Ein grobes Paar Lederschuhe steht in der Werkstatt, denn hier wurde vielmehr repariert als Neues hergestellt. Das konnten sich die Menschen im 18. und 19. Jahrhundert nicht leisten. Gezahlt wurde selten, eher getauscht, gegen Fleisch oder Eier. Im Dorf gab es auch einen Schmied. Seine Werkstatt sorgte für die Geräuschkulisse im Dorf und war gleichzeitig Treffpunkt für die Dorfbewohner. Es gab schließlich kein Fernsehen und kein Radio. Irgendwo musste man ja Neuigkeiten erfahren.

Einen Bäcker brauchten die Binsfelder nicht. Gebacken wurde im Holzbackofen, den kann man im Schäferhaus nicht nur sehen, sondern auch erleben. Der Interessenverein wirft ihn für Besuchergruppen an. Dann wird Kuchen gebacken oder Pizza. Und es wird erzählt über das Leben auf dem Land.

Warum das Brautkleid schwarz war


Der Schäfer in Binsfeld hat zu Beginn in der Scheune geschlafen. Ein eigenes Haus konnte er sich erst später leisten. Als er heiratete, gönnte er sich einen Fotografen. „Die Braut trägt schwarz, das war so üblich bis vor dem Krieg“, sagt Fred Huet. Die Menschen hatten damals nicht viele Kleider. Ein schwarzes Kleid konnte einfach als Sonntagskleid weitergetragen werden. Das war praktisch. Weil das Museum bei vielen Themen die Brücke zur Gegenwart schlägt, ist auch das Hochzeitsbild der Kinder ausgestellt – mit weißem Kleid, wie wir das heute kennen.

Die Familien auf dem Land hatten viele Kinder, die Familie Rinnen zum Beispiel ein ganzes Dutzend. Die waren alle musikalisch. Neun spielten Instrumente, und so hatte nicht nur die Familie ihre Unterhaltung. Die Rinnens spielten bei Dorffesten oder auf der Kirmes und hatten sich damit Geld verdient.

Führung mit Verkostung

Der Webstuhl im Schäferhaus ist das älteste Gerät im Museum. Er stammt aus dem Jahr 1846 und steht, wo er immer gestanden hat. Auch Spinnräder sind in der Kammer. Hier wurden Flachs und Wolle verarbeitet. Wer neue Kleider haben wollte, musste sie selber herstellen. „Viel Auswahl gab es nicht“, berichtet Fred Huet. Jeder bekam dasselbe Modell, und so sahen die Leute im Dorf alle gleich aus.

Zwei eingerichtete Küchen, Schlafräume und die gute Stube mit Ofen, eine Scheune mit Dachkammer für den Knecht – das alles haben die Museumsgründer mit Hingabe eingerichtet und aufbereitet. Das Schäferhaus wurde erweitert und das Nachbarhaus aufgekauft. In 22 Räumen dokumentiert das Dorfmuseum jetzt 300 Jahre Landleben im nördlichen Luxemburg.

Was hier gezeigt wird, gilt für das Leben in der Großregion. Im Jahr 2015 wurde die Ausstellung neu eröffnet. Seither ist das Museum nach Themen geordnet. Sie werden in luxemburgischer und englischer Sprache erklärt. Empfehlenswert ist aber in jedem Fall eine Führung, die bietet der Verein mit Verkostung aus dem Holzbackofen an. Ein Ausflug nach Binsfeld sollte man vorbereiten, aber er lohnt sich.

Kontakt

Musée Rural Binsfeld
8, Elwenterstross
L-9946 Binsfeld
Tel.: (00352) 97 98 20
E-Mail: museebinsfeld@pt.lu
www.museebinsfeld.lu

Öffnungszeiten/Termine

Ostern bis November: täglich 14.00 - 18.00 Uhr.
Kartenverkauf bis 17.00 Uhr.

Eintritt/Preise

Erwachsene: 7,- €
Gruppen: 5,- € (mindestens 10, maximal 20 Personen)
Führungen nach Vereinbarung.

Anfahrt

Ab Saarbrücken: A 8 nach Luxemburg, A 13, A 7, dann E 421 über Weiswambach bis Binsfeld. Über die A 1 und die A 60 bis St. Vith, Belgien, weiter über die E 421 über Weiswambach bis Binsfeld.

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