Das Château (Foto: Jochen Marmit)

Burg, Kanal, Dorf

Das lothringische Lutzelbourg ist angenehm unauffällig

 

(04.08.2013) Hier laufen fünf Täler zusammen, und damit auch viele Wasser. Ein breiter Kanal dominiert und teilt den Ort, oberhalb hatten sich schon die Römer mit befestigten Mauern einen guten Überblick verschafft: Lutzelbourg im Tal des Flusses Zorn. Hier lässt sich nicht nur per Schiff, Rad, Zug oder Auto anreisen, auch das Verweilen am Kanal samt Wanderung auf verschlungenen Pfaden lockt.

Lutzelbourg (Foto: Jochen Marmit)
Lutzelbourg

Der Ort

Egal, von wo die Anfahrt nach Lutzelbourg erfolgt – auf den Kanal trifft man immer. Er zeichnet die ursprünglich von der Zorn geformten Schlangenlinie nach, samt Schleife, an der Lutzelbourg mit seinen dreihundert Häusern liegt. Die Zorn entspringt gut 20 Kilometer entfernt bei Walscheid, verbindet über das Tal bei Lutzelbourg Lothringen mit dem Elsass und mündet schließlich in die Moder, die wiederum in den Rhein fließt. Der Name kommt übrigens von „Sorn“, was so viel wie „Fließende“ bedeutet. Zornig ist denn auch in Lutzelbourg erkennbar nichts. Rund 650 Menschen leben hier, an der Stelle, an der schon die Römer eine Villa samt Beobachtungsposten errichteten. Sie kontrollierten dadurch das Zorntal, das eine Verbindung zwischen Lothringen (Metz) und der Rheinebene (via Saverne) ermöglichte. Bis heute ist das Tal immer wieder als Verkehrsweg genutzt und erweitert worden. Waren es im Mittelalter die Reit- und Kutschwege, kam ab 1853 der Canal de la Marne au Rhin (Rhein-Marne-Kanal) dazu. Er war bis 1980 der längste Kanal Frankreichs, der vor allem für Massengüter (Kohle, Eisen, Sand, Holz) genutzt wurde – zwischen Saargebiet, Paris, Mulhouse und Ba­sel schipperten die Lastkähne (péniches) zu Hunderten auf und ab. Lutzelbourg erlebte eine Boomzeit, fast 1.000 Menschen wohnten zeitweise hier. Ebenfalls 1852 wurde die Bahnverbindung Straßburg-Metz durch das Tal fertig gestellt – bis heute fahren zahlreiche Güter- aber auch TGV-Züge diese Strecke. Der Ortskern von Lutzelbourg hat jedoch Glück gehabt. Die Züge fahren in einem Tunnel unter dem Schlossberg durch, so dass man von den Zügen kaum etwas mitbekommt.

Der Kanal schlängelt sich durch den Ort (Foto: Jochen Marmit)
Der Kanal schlängelt sich durch den Ort

1871 wurde der französische Ort deutsch, nach 1918 dann wieder französisch, in der Zeit des Zweiten Weltkriegs wieder deutsch, seit 1945 französisch. So sprechen die älteren Einwohner denn auch den Flussnamen mit einem hörbaren „Z“ aus, und Lutzelbourg wie „Lützelbourg“. In den 1950er Jahren war der Kanal erneut der Versorgungsweg für die Stahlschmieden und Fabriken an den großen Flüssen, die ihren Brenn- und Schmiedestoff aus dem lothringischen und saarländischen Kohlerevier brauchten. Er wurde vertieft, die Schiffe konnten nur bis zu 400 Tonnen transportieren. Zeitfressender Knackpunkt war jedoch der Ab- bzw. Aufstieg wenige Kilometer westlich von Lutzelbourg. Dort überwanden die 17 Einzelschleusen von Arzviller eine Höhe von rund 45 Metern. Nach fünfjähriger Bauzeit wurde 1969 der Schrägaufzug plan incliné bei St. Louis/Arzviller in Betrieb genommen. Die Bedeutung als Güterweg ging jedoch in der Folge zurück, heute transportiert der Schrägaufzug vor allem Ausflugs- und Hausboote.

Auch Lutzelbourg lebt von den Booten – 40 Liegeplätze gibt es direkt im Ortskern. Ein kleiner Rundgang entlang des Kanals bietet sich an. Nicht zuletzt verläuft auf dem ehemaligen Treidelpfad einer der schönsten Fernradwege zwischen Saarbrücken und Straßburg – auch eine Möglichkeit, in Lutzelbourg Station zu machen. Neben einem kleinen Geschäft gibt es auch eine Apotheke, eine Bank, ein Café sowie das Hôtel des Vosges. Das traditionsreiche Haus liegt unmittelbar am Fluss Zorn, der parallel zum Kanal im Ortskern verläuft. Übernachtung und reichhaltige elsässische/lothringische Küche werden zu fairen Preisen angeboten. Tipp: Wer einen Tagesausflug per Rad machen will, der kann von Saverne über Lutzelbourg bis zum plan incliné (unbedingt die stillgelegten 17 Schleusen besuchen!) und zurück machen. Ab Mai gibt es auch Ausflugsboote, die diese Tour auf dem Kanal anbieten.

Das Château (Foto: Jochen Marmit)
Das Château

Die Burg

Seinen Namen hat der Ort natürlich nach der mittelalterlichen Burg, die oberhalb des heutigen Ortes errichtet wurde. „Lützel“ bedeutet so viel wie „klein“ – sie entstand um 1100 auf dem einstigen Plateau des römischen Wachpostens als kleine Burg. 1150 griffen die Grafen von Metz nach der Burganlage, die den Vogesenübergang durch das Tal der Zorn zu einem profitablen Besitz machte. Auch Stauferkönig Barbarossa erkannte dies und ließ 1163 die Anlage ausbauen. Wichtig wird dann das Jahr 1523 – Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz lässt die Burg fast vollständig schleifen. Dann treten zwei Personen in Aktion, die überhaupt erst ermöglicht haben, dass heute Ruinen des Château noch zu sehen sind: 1840 stoppt der Notar Adolf Germain aus Phalsbourg den endgültigen Abbruch der Ruine – die Steine sollten zum Bau der Bahnlinie Straßburg-Metz eingesetzt werden. Und der Straßburger Medizinprofessor Eugène Koeberlé erwirbt Anfang des 20. Jahrhunderts die Ruine, baut sich aus einer Mischung von „romantischen Gefühlen und Verklärtheit“ einen neoromanischen Wohnbau. In den 1970er Jahren begann dann schließlich eine Bürgerinitiative mit der Restaurierung einiger ehemaliger Grundmauern und Türme.

Heute bietet sich dem Besucher eine Kopie der ursprünglichen Burg, die auf dem Felsplateau oberhalb des Ortes thront. Auf rund 100 mal 120 Metern gibt es drei Türme, der neoromanische Nachbau des Monsieur Koeberlé samt Andeutung des einstigen Klosterbaus liegt am westlichen Rand. Es gibt keine Innenräume zu besichtigen, die Kraft der Fantasie ist gefragt – unübertroffen aber der Ausblick, empfehlenswert ein Picknick zwischen Ruinen unter einem der großen Bäume.

Blick auf die Burg (Foto: Jochen Marmit)
Blick auf die Burg

Die Wanderung

Los geht es an der Mairie. Von hier folgt man der Straße Rue A. J. Kozett Richtung Saverne, rechts an der Hangseite nach 50 Me­tern den Berg hinauf. Maßgeblich ist ab hier der rote Kreis auf kleinen weißen Schildern, der Rundweg über Felsenpfad, Quelle, Château und zurück in den Ort. Gemütlich läuft sich der Weg rund eineinhalb Stunden. Zunächst führt ein schmaler Pfad den Schlossberg hinauf. Schnell verschluckt uns der Wald, links das Tal, durch das hin und wieder ein Pfeifen eines Zuges schrillt – der Tunnel für die Bahnverbindung liegt genau unter dem Schlossberg. Nach einem etwas stärkeren Anstieg (für Kinderwagen ungeeignet!) verläuft der Weg nun zum Nachbarhügel des Château. Plötzlich steht man unter tropfenden Felsen, huscht entlang knorriger Bäume und Wurzeln. Spätestens hier wird mehr als deutlich, dass die Felsen dieser Region mehrere Meter hohe gepresste Buntsandstein-Felsen und Sedimente aus Jahrmillionen von Ablagerungen sind. Auch das Plateau des Château hat diesen Unterbau.

Erste Station ist die Felsformation Le Petit Moulin, auf die eine sehr steile Leiter hinaufführt. Diese sollte man nehmen, will man zum Aussichtspunkt auf dem Felsen kommen. Dort sind auch Bänke zum Verweilen installiert. Der Blick geht zurück auf Lutzelbourg, das Tal der Zorn und linkerhand das Château. Der Weg verläuft nun auf der oberen Ebene der Felsen und führt zurück durch einen schönen Mischwald zur Fontaine Mélusine. Am Hang entspringt eine kleine Quelle. Auch hier eine Bank, dazu Wasser, Vögel, Wald und viel Ruhe. Nach gut zehn Minuten ist dann das Château erreicht. Der Weg führt an einem Neubau vorbei – ein Gebäude des Agro-Tourisme – ein Schaf- und Ziegenstall, der ganz neu erbaut worden ist. Die Tiere sollen die gerodeten Flächen auf dem und rund um den Burgberg abgrasen. Damit ist auch eine exzellente Sicht vom Château auf die fünf Täler bei Lutzelbourg gewährleistet. Und die lohnt sich allemal! Es gibt gleich mehrere Ecken zu entdecken: Mauern, Türme, an­gedeutete Gebäude, stattliche Bäume und natürlich die vielen steilen Ränder des Ber­ges. Vorsicht hier, denn Geländer gibt es so gut wie keine, Löcher und Abbruchkanten dafür umso mehr. Zurück geht es sehr steil über den schmalen Pfad zur Straße nach Hultehouse, von dort dann nach Lutzel­bourg entlang der Hauptstraße (circa 20 Mi­nuten). Wer weiter wandern will, wende sich an die Touristeninformation. Dort gibt es Infos zu den Wanderwegen der Region.

Jochen Marmit


Kontakt


Mairie und Tourismusbüro
Tel: (00333) 87 25 30 19

www.lutzelbourg.fr

Hôtel des Vosges
2, rue Charles Ackermann
F-57820 Lutzelbourg

Tel: (00333) 87 25 30 09

www.hotelvosges.com

Schiffshebewerk St.Louis/Arzviller: www.plan-incline.com/de


Eintritt


Es fallen keine Kosten für Eintritt an.


Öffnungszeiten


Ganzjährig.


Anfahrt


Von Saarbrücken aus A 4 Richtung Strasbourg, Abfahrt Phalsbourg, dann immer der Ausschilderung „plan incliné“ folgen (D 38). In Lutzelbourg Parken direkt links am Kanal oder am Hotel des Vosges (Anreise circa 85 Kilometer). Alternative Rückfahrt über den „plan incliné” über die D 98c Walscheid, Abreschviller, St. Quirin (siehe auch TdK 2013), Sarrebourg (circa 200 Kilometer) oder dem Tal der Zorn folgend über Saverne (circa 160 Kilometer).

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