Vogesen-Urlaub bei den Angoraziegen
Das Gästehaus und Mohair-Lädchen „La ferme sous les Hiez“
Der Hof unter den Almen – La ferme sous les Hiez – bei dem Namen wähnt man sich als Feriengast in den Alpen. Doch ganz so weit ist es nicht. Tatsächlich liegt der Bergbauernhof einsam auf 750 Metern Höhe in den Vogesen bei Cornimont, nahe des bekannten Skiortes La Bresse. Daniel und Florence Martinent haben den 1860 erbauten Hof gekauft, renoviert und hier ein Gästehaus mit fünf Zimmern eröffnet.
Auf den besagten Almen rund um den Hof grasen rund 40 weiße Ziegen. Es sind Angoraziegen, aus deren Wolle – Mohair – Florence feine Sachen strickt. Handarbeiten hat sie schon als Kind geliebt. Aber dass sie davon einmal einen guten Teil ihres Lebensunterhalts verdienen würde, hätte sie wohl selber nie gedacht.
Wenn Angoraziegen das Leben verändern
Noch vor acht Jahren hatten Daniel und Florence als Ingenieur und Informatikerin bei großen internationalen Firmen in Paris gearbeitet. Als Florences Stelle gekündigt werden sollte, um den Posten auf die Philippinen zu verlagern, beschlossen sie, ihr Leben vollständig zu verändern.
Ausschlaggebend dafür war eine besondere Begegnung: Florence hatte damals in Paris von einer Ziegen-Züchterin Mohairwolle zum Stricken gekauft – und sie dann besucht, um sich die Tiere anzusehen. Es sei quasi Liebe auf den ersten Blick gewesen, erzählt sie. Angoraziegen seien ziemlich intelligent, etwas tollpatschig und liebten Streicheleinheiten.
Alles selbst gemacht
Mit dem Umzug in die Vogesen haben die beiden auch ihren Lebensstil vollkommen verändert. Daniel und Florence Martinent kaufen Lokal- und Bio-Produkte. Für die Übernachtungsgäste macht Florence alles selber. Zum Frühstück jeden Tag ein anderes Gebäck, Joghurt und Marmelade. Zum Abendessen – auf Vorbestellung – einfache, familiäre Küche aus frischen Produkten. Auf Wunsch kocht sie vegetarisch.
Auch die Renovierung ihres Hofes haben sie zum großen Teil selber in die Hand genommen: die Wände isoliert und das Parkett verlegt. Zur Unterstützung engagierten sie eine deutsche Architektin, die in den Vogesen lebt und viel mit Naturmaterialien arbeitet. Daher dominiert Holz – nicht nur an der Fassade, sondern auch im Esszimmer und in den Gästezimmern, die sie jeweils für 88 Euro für zwei Personen pro Nacht vermieten – Frühstück inklusive.
Die vier Doppel- und das Familienzimmer sind schlicht und authentisch im Hüttenstil gehalten – mit einigen liebevollen Dekorationsdetails. Jedes Zimmer ist in einer anderen dezenten Pastellfarbe gestaltet. Dafür hat Florence Kissen und Vorhänge aus karierten Vogesenstoffen genäht. Von allen Zimmern hat man einen schönen Ausblick in das Moselotte-Tal.
Draußen gibt es immer Arbeit. Daniel bessert die Zäune der Weiden aus und befreit die Wiesen von Gestrüpp. Jeden Morgen bringt er die Ziegen aus dem Stall auf die Weide und abends zurück. Dabei können ihn die Feriengäste begleiten. Immer in der Nähe: der Hütehund, Border Collie Meg, die Ziegen fest im Blick.
Angoraziegen in Frankreich
Die Angoraziege, die ihren Namen wegen ihrer Herkunft aus der Gegend bei Ankara erhielt, wird seit den 1980er Jahren in Frankreich gezüchtet – vor allem im Süden. In den Vogesen gibt es nur noch einen weiteren Mohair-Produzenten, denn mit Ziegenkäse lässt sich hier mehr verdienen.
Alle 60 bis 80 französische Hersteller sind in einer Kooperative zusammengeschlossen und treffen sich zweimal im Jahr in Südwestfrankreich. Die Wolle ihrer Ziegen lassen sie dort, damit sie in einer Spinnerei verarbeitet und danach gefärbt wird – das ist günstiger für alle.
Von der Wolle zur selbstgestrickten Kleidung
Daniel schert die Ziegen im Frühjahr und im Herbst. Dann werden die Haare gesäubert und nach ihrer Feinheit in zwei Stärken sortiert. Das machen Daniel und Florence auf einem Gitter vor dem Hof, damit die Haare, die kürzer als fünf Zentimeter sind, hindurch fallen. Insgesamt produzieren sie im Jahr gut 80 Kilogramm Wolle. Einen kleinen Teil lassen sie direkt in Südfrankreich zu Socken oder Decken verarbeiten. Das meiste wird ihnen als Wollknäuel in den gewünschten Farben zurückgeschickt.
Daraus entwirft Florence ihre eigenen Modelle: Strickjacken, Pullover, Schals, Mützen, Haarbänder – gestrickt per Hand oder mit einer Strickmaschine. Sie mag schlichte Sachen. Das Material an sich sei so edel, sagt sie, dass es keine komplizierten Entwürfe brauche. Ihre Mohairkleidung verkauft sie auf Märkten, auf ihrer Internet-Seite und in dem kleinen Hofladen.
Wanderungen rund um den Hof
Hier findet sich bestimmt ein Souvenir, das in der kalten Jahreszeit sofort zum Einsatz kommen kann. Denn vom Hof können die Urlauber direkt loswandern. Daniel und Florence haben die Wege erkundet und Karten für ihre Gäste zusammengestellt – für ein- bis fünfstündige Wanderungen.
Den Beginn der Wege rund um ihren Hof haben sie sogar markiert, damit sich niemand verläuft, bevor er auf den „offiziellen“ Wanderwegen ankommt. So ist Natururlaub garantiert, wie er in den Alpen kaum besser sein könnte.
Auf einen Blick
Kontakt
La ferme sous les Hiez
Florence & Daniel Martinent
6, chemin dessous les Hiez
F-88310 Cornimont
(2 Kilometer entfernt von La Bresse)
Tel.: (00336) 61 45 91 97
E-Mail: fermesousleshiez@free.fr
www.fermesousleshiez.fr/
www.facebook.com/fermesousleshiez/
Mohair-Onlineshop:
www.fermesousleshiez.fr/boutique/
Öffnungszeiten
ganzjährig
Check-in zwischen 17.00 – 21.00 Uhr.
Preise
Zimmer für zwei Personen mit Frühstück Mo. – Do. 83,- €, Fr. – So. 88,- €. Bei längerem Aufenthalt wird ein Preisnachlass gewährt.
Ein Thema in der "Region am Mittag" am 16.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle.
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