Im Atelier de l’Orgue von Marmoutier (Foto: L'Atelier del’Orgue/Josy'Art)

Im Bauch der Orgel

Besuch im Atelier de l’Orgue von Marmoutier

Sabine Wachs   24.07.2023 | 06:00 Uhr

Ein Blick in den Bauch einer Orgel – dieses Erlebnis ist nicht vielen Menschen vergönnt. Meist lässt sich in den Kirchen und Kathedralen dieser Welt nur die verzierte und oft aufwendig verarbeitete Fassade der Orgel betrachten. Anders ist das in Marmoutier.

In diesem kleinen Dörfchen im Elsass, gut eineinhalb Stunden von Saarbrücken entfernt, kann man nicht nur die berühmte Silbermann-Orgel in der Abteikirche besichtigen. Direkt nebenan gibt es das Atelier de l’Orgue. Herzstück des interaktiven Museums ist das Organum 21: eine Schauorgel. Sie zeigt, wie dieses beeindruckende Instrument im Detail funktioniert.

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Tour de Kultur 2023: Im Bauch der Orgel
Audio [SR 3, Sabine Wachs, 24.07.2023, Länge: 03:08 Min.]
Tour de Kultur 2023: Im Bauch der Orgel

Ein Einblick in das sonst Verborgene

Die Orgel ist ein mysteriöses Instrument. Von außen ist ihre Komplexität kaum sichtbar: Ein paar Pfeifen, ein bisschen Holz sind zu sehen. Mehr nicht. Oft hören wir ihren Klang, sehen aber nicht einmal, wer die Person ist, die die Orgel spielt.

Anders ist das im Atelier de l’Orgue in Marmoutier. Dort können die Besucher des kleinen Museums mitten in einer Orgel stehen. Einer großen Schauorgel mit dem Namen Organum 21. Dieses besondere Instrument ist der ganze Stolz von Mylène Diebold. „Dieses Instrument gibt es nur einmal auf der Welt.“, erklärt die Museumsleiterin. Entwickelt wurde die Organum 21 von Pariser Ingenieuren, gebaut in der Orgelwerkstatt Jäger und Brommer in Freiburg im Breisgau – speziell für das Museum in Marmoutier. Die Organum 21 ist eine Orgel, die pädagogischen Zwecken dient. An ihr kann spielerisch und spannend erklärt werden, wie eine Orgel funktioniert.

Ein Raum wird zur Orgel

Im Atelier de l’Orgue von Marmoutier (Foto: L'Atelier del’Orgue/Josy'Art)
Im Atelier de l’Orgue von Marmoutier

Dafür wurde das Innere der Orgel – das, was sonst hinter der Fassade verborgen bleibt – in einem hohen, hellen Raum verteilt. Überall stehen Pfeifen, einige aus Metall, andere aus Holz. In einer Art Schrank mit Glasfront sind die Register untergebracht, gegenüber die Pedale.

In der Mitte des Raumes steht der Spieltisch mit drei Klaviaturen. Spielt man einen Akkord auf der Organum 21, ertönt eine bestimmte Pfeifengruppe und wird mit einem bunten Licht angestrahlt. Aber bevor die Organum 21 erklingen kann, muss erst einmal Luft in das Instrument gepumpt werden. Das Gebläse liegt gegenüber des Spieltischs. Ausgestattet mit drei dicken Kordeln. Hier können die Besucher erst einmal selbst testen, wie viel Kraft es braucht, Luft in das Windwerk einer Orgel zu pumpen, bevor das Gebläse dann per Knopfdruck elektronisch gefüllt wird.

Spielerisch entdecken

Im Atelier de l’Orgue von Marmoutier (Foto: L'Atelier del’Orgue/Josy'Art)
Kinder stehen vor einer Orgel des Atelier de l’Orgue von Marmoutier

Vor allem für Kinder ist die große Schauorgel wie ein Abenteuerspielplatz. Alles darf angefasst und ausprobiert werden. Dazu liefern Museumsleiterin Mylène Diebold und ihre Kollegin Erklärungen zum Instrument. Und natürlich wird die Organum 21 auch gespielt. Bachs berühmtes Orgelstück Toccata d-Moll, Beethovens Freude Schöner Götterfunken und natürlich – wir sind in Frankreich – die Marseillaise erklingen auf der Organum 21 und bescheren den Besuchern, die in der Mitte des Raumes auf bequemen Sitzsäcken hocken, ein 360 Grad Klangerlebnis.

Anfassen und Mitmachen ist das Konzept des Ateliers de l’Orgue. Schon im Eingangsbereich geht es los. In einem großen Schrank präsentiert das Museum 250 Pfeifen. Sie stammen aus der ganzen Welt.

Auf einem riesigen Touchscreen können die Besucher Pfeifen auf allen fünf Kontinenten anwählen. Einmal auf die Pfeife geklickt, erklingt ihr Ton und die entsprechende Pfeife leuchtet im Schrank auf. Dazu gibt es kurz und knapp Informationen zu den Pfeifen – auf Französisch, Deutsch und Englisch.

Die Orgel verstehen und erleben

Im Atelier de l’Orgue von Marmoutier (Foto: L'Atelier del’Orgue/Josy'Art)
Mit dem Touchscreen Pfeifen aus aller Welt kennenlernen

Das Atelier de l’Orgue in Marmoutier ist ein besonderes Museum. Die Besucher, ob groß oder klein, sollen nicht nur verstehen, sondern auch selbst erleben, wie eine Orgel – dieses faszinierende und mysteriöse Instrument – funktioniert.

Neben dem Spaß an der Sache sei das auch ein pädagogischer Auftrag, sagt Museumsleiterin Mylène Diebold: „Die Orgel ist Teil unseres Kulturgutes, gerade hier im Elsass. Und die Menschen gehen heute immer weniger in Kirchen, sehen und hören keine Orgeln mehr. Wir wollen dieses Kulturgut Orgel fördern und es wieder zu den Menschen bringen.“

Direkt nebenan: die Abteikirche Saint-Etienne

Der Standort des Museums ist deshalb auch nicht zufällig gewählt. Direkt neben dem Atelier de l’Orgue befindet sich die Abteikirche Saint-Etienne von Marmoutier. Sie gehört zu den ältesten Abteikirchen im Elsass. Und sie birgt einen besonderen Schatz – eine große Silbermann-Orgel – erbaut 1706 vom berühmten elsässischen Orgelbauer Arthur Silbermann. Die Abteikirche und ihre majestätische Orgel können jeden Tag von 9 bis 18 Uhr besichtigt werden.


Auf einen Blick


Kontakt
L’ Atelier de l’Orgue
13, Rue du Général Leclerc
F-67440 Marmoutier
E-Mail: bonjour@latelierdelorgue.fr
Tel.: (0033 3) 88 71 46 84

Öffnungszeiten
Feb. – April und Okt. – Nov.: Mi. – Sa. 14.00 – 18.00 Uhr,
Mai – Sept. und Dez.: Mi. – So. 14.00 – 18.00 Uhr.

Eintritt
Erwachsene: 7,- €, Kinder ab 6 Jahre, Studierende: 5,- €, Kinder unter 6 Jahre: Eintritt frei, Familien-Pass (2 Erwachsene, 2 Kinder): 18,- €.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 24.07.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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