Tour de Kultur 2023: Efeu wucherte durch die Mauern

Efeu wucherte durch die Mauern

Wie zwei Saarländer das Château Saint Nicolas zum Leben erweckten

Lisa Huth   24.07.2023 | 06:00 Uhr

Wer das Château Saint Nicolas besucht, sollte als erstes die Augen schließen. Die Stille genießen, den Geruch von Wiesen, Hügeln und Feldern, von Weite und Frieden in sich aufnehmen. Und sie dann wieder öffnen. Eine große Ruhe breitet sich über diesem Anwesen aus, und das ist zu spüren.

Dieses Schloss ist im Umfeld einer keltischen Siedlung erbaut. Zwischendurch war es ein 1970er-Jahre-Party-Haus und hat durch Klaus-Peter Fuß und Markus Felten wieder zu seiner wahren Bestimmung gefunden.

Von Efeu überwuchert

Als die beiden es entdeckten, wucherten Büsche und Bäume im Hof, der Efeu hatte sich selbst durch die dicksten Wände gezogen, und die Esse, das Rückgrat des Hauses, wie Markus Felten sagt, drohte, in allernächster Zukunft einzustürzen. Gefragt, ob die lothringischen Einwohner von Evendorff die beiden Deutschen für verrückt hielten, ein solches Schloss zu kaufen, meinten die beiden, nein, sie hätten eine wunderbare Aufnahme erfahren und sehr schöne Kontakte mit den Dorfbewohnern. Ein bisschen verrückt war es aber trotzdem, was sie vorhatten.

Die Bauarbeiten beginnen

Château Saint Nicolas in Kirschnaumen (Foto: Klaus-Peter Fuß)
Château Saint Nicolas in Kirschnaumen

Der Mittenhof, wie der erste Besitzer, der Privatbankier Nicolas Félix Napoléon Dorr, ihn taufte, hat ein Haupthaus und zwei Flügel. Das Haupthaus wurde 1839 als quadratisches Gebäude mit einem Dach obendrauf erbaut: 20 mal 20 mal 20 Meter.

Die Esse, also der offene Kamin in der Küche, ist weit mehr als einen Meter tief und breit, verjüngt sich in den 20 Metern nach oben. Da drin sind die beiden rumgeklettert und haben alles gesichert und wieder so hergestellt, wie es einst war. Somit hatte das Haus sein Rückgrat wieder. Und das eigentliche Abenteuer konnte beginnen.

Der letzte Besitzer hatte neben einen der Seitenflügel ein 70er-Jahre-Schwimmbad einbauen lassen. Das haben die beiden Stein um Fliese zurück gebaut und aus dem Heizhaus ein schmuckes Ferien-Appartement gemacht. Wie überall, wenn’s in diesem Schloss ebenerdig rausgeht, werden die Gäste von einer Terrasse und einer atemberaubenden Fernsicht empfangen.

Tretet herein in das Schloss

Der Haupteingang zum Schloss ist durch den linken Seitenflügel. Hier ritten früher die Pferde ein, ratterten die Fuhrwerke durch. Dicke Feldsteine sind uneben eingelassen und zeugen von einer langen Geschichte. Ein Teil des scheunenartigen Eingangs ist aber quasi eben gepflastert: Hier steht ein Tisch mit Leuchtern und Stühlen für zwölf Personen vor einem Kamin, an den Wänden hängen Bilder, ein Anrichteschrank daneben: Im Eingang bereits werden die Gäste also standesgemäß empfangen.

Kaffee trinken im Schweinestall

Château Saint Nicolas in Kirschnaumen (Foto: SR/Lisa Huth)
Cafe im ehemaligen Schweinestall

Im gegenüberliegenden Flügel war einst der Schweinestall. Dort haben die beiden alles tipptopp gereinigt und ein großzügiges Café eingebaut. Leider haben sie zu spät erfahren, dass neue Cafés europäischen Bauvorschriften genügen müssen. Sie hätten die Türe verbreitern und einiges so umbauen müssen, dass sich auch das historische Gebäude verändert hätte. Darum kann das Café nur gemietet werden.

Alte keltische Gräber ehren

Einen Hochzeitssaal gibt es auch und genügend Platz für Feierlichkeiten aller Art. Wer sich dagegen ein bisschen besinnlich zurückziehen möchte, der kann in die Krypta hinunter gehen. Der frühere Besitzer hatte wenig Gespür für den Ort und wusste nicht um die Gräber der Keltensiedlung. Er hatte daraus einen Partykeller gemacht.

Jetzt herrscht in dem Gewölbekeller ein großer Frieden. Markus Felten und Klaus-Peter Fuß haben über den früheren keltischen Gräbern einen Ort der Stille und Einkehr geschaffen. Markus Felten meint, bislang jeder, der rein gekommen sei, habe Tränen in den Augen gehabt. Er hat Recht.

Haupthaus: Zimmer in verschiedensten Stilen

Château Saint Nicolas in Kirschnaumen (Foto: Klaus-Peter Fuß)
Zimmer im Château Saint Nicolas

Zu besichtigen ist auch das Haupthaus darüber. Jeder einzelne Raum ist liebevoll eingerichtet und dekoriert. Ob es das Renaissancezimmer, der viktorianische oder der italienische Salon sind: In acht Jahren täglicher harter Arbeit hat der handwerklich vielseitig begabte Markus Felten aus jedem einzelnen ein Schmuckstück gemacht.

Château Saint Nicolas in Kirschnaumen (Foto: SR/Lisa Huth)
Wohnzimmer mit rotem Schmucksessel

Klaus-Peter Fuß arbeitet noch weiterhin in Saarlouis, ist aber an den Wochenenden immer tatkräftig dabei. Von weither wurde vieles besorgt. Besonders bezeichnend ist die Küche: Wie überall wurden etwa die alten Fliesen gereinigt und belassen, wie sie waren, und neues Altes kam dazu. Mit einem Wort: Wer dort eintritt, und nicht nur dort, fühlt sich wohl.

Feriengäste willkommen!

Château Saint Nicolas in Kirschnaumen (Foto: SR/Lisa Huth)
Im Innenhof die Ruhe genießen

Im zweiten Stock ist dann eine Etagenferienwohnung für weitere Feriengäste untergebracht. Mit unglaublicher Liebe zum Detail und einem spektakulären Fernblick. W-LAN aber gibt es nicht. Das brauche man auch nicht. Es gibt zwar das französische Netz, aber das Handy, meinen sie, würde in ihrem Schloss ohnehin bald vergessen.

Spätestens nämlich, wenn die weiteren Entdeckungstouren beginnen; denn was hier beschrieben wurde, ist nur ein kleiner Teil der Schätze und Eroberungen aus Jahrhunderten, die die Schlossherren in acht Jahren zusammen getragen haben.

Dieses Château Saint Nicolas MUSS man selbst erforschen, um zu sehen, wie die beiden die Gemäuer wieder zum Leben erweckt haben. Ein Kleinod, das diesen Namen verdient: „Großes Kino“.


Auf einen Blick


Kontakt
Mittenhoff – Château Saint Nicolas
Route du Château d’Eau
F-57480 Kirschnaumen
Tel.: (00333) 82 81 94 75
E-Mail: info@mittenhoff.eu
www.mittenhoff.eu

Öffnungszeiten
nach Absprache

Eintritt
1 Glas Begrüßungs-Crémant, Schlossführung, Kaffee und Kuchen zusammen 30,- € pro Person.

Zwei Ferienwohnungen für Hochzeiten und Festlichkeiten zu mieten.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 01.08.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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