Bunker 67- Übernachten in einem ehemaligen Vorposten der Maginot-Linie  (Foto: SR/Stephanie Prochnow)

Bunker 67

Übernachten in einem ehemaligen Vorposten der Maginot-Linie

Stephanie Prochnow   25.07.2022 | 06:00 Uhr

Einen Bunker im Vorgarten – das ist nicht unbedingt etwas, was sich Hausbesitzer wünschen. Besonders, wenn man so idyllisch wohnt, wie der Pferdezüchter Fabien Walt und seine Frau Patricia in dem beschaulichen Dorf Rott im Nordelsass.

Aber – Überraschung – die Rotts sind stolz. Es wäre für sie nie in Frage gekommen, sagen sie, den Bunker abzureißen, denn er sei Teil der Geschichte. Genauso wie das dahinter liegende Fachwerkhaus – gebaut um 1700 und seit Generationen im Besitz von Patricias Familie. Gestört habe sie eigentlich immer nur, dass der Vorgarten um den Bunker so unordentlich aussah. Denn nach dem Krieg hatten die Anwohner versucht, den Bunker zu verstecken und Steine und Schutt drum herum aufgeschüttet.

Ursprünglich nur als Gästezimmer für Freunde gedacht

Bei einem fröhlichen Abend mit Freunden kamen die Walts auf die Idee, den Garten umzugestalten und aus dem Bunker ein Gästezimmer zu machen. Eigentlich sei das für Besuche von Freunden gedacht gewesen, aber dann begannen sie, den Bunker zu vermieten und er sei sehr nachgefragt.

Ein eigenwilliges Doppelzimmer

Bunker 67- Übernachten in einem ehemaligen Vorposten der Maginot-Linie  (Foto: SR/Stephanie Prochnow)

Eine Nacht in dem eigenwilligen Doppelzimmer kostet 75 bis 95 Euro – inklusive Frühstück. Mit Hilfe eines Architekten und eines befreundeten Schreiners entstand ein modernes Zimmer. Viel Platz ist nicht unter den gut 400 Tonnen Beton. Aber für ein Doppelbett, eine Küchennische und eine Sitzecke reicht es. Und es gibt sogar ein komplett ausgestattetes, modernes Bad. Im Inneren ist es weniger düster als befürchtet. Denn es gibt drei Schießscharten und nach hinten hinaus eine große Öffnung, über die einst wohl eine Panzerkanone hineingeschoben wurde.

Der Bunker - ein Teil der Maginot-Linie

Bunker 67- Übernachten in einem ehemaligen Vorposten der Maginot-Linie  (Foto: SR/Stephanie Prochnow)

Gebaut wurde der Bunker 1938 als Teil der Maginot-Linie – ein Verteidigungssystem entlang der französischen Grenze, um mögliche Angriffe – vor allem von deutscher Seite – abzuwehren. Dazu gehörten riesige Artilleriewerke genauso wie Tausende kleinere Bunker. Der der Walts war vermutlich ein Vorposten des Artilleriewerks Schoenenbourg. Davon hatte es damals Hunderte gegeben. Für den Bau war die Parzelle vom Staat konfisziert worden.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die komplette Dorfbevölkerung evakuiert. Die Häuser standen also leer. Das Haus der Walts sei damals wohl von einigen französischen Soldaten bewohnt gewesen, vermutet Fabien. Die hätten sich wahrscheinlich mit der Wache im Bunker abgelöst und im Notfall Alarm schlagen sollen. Fabien hat im Haus und Vorgarten als Überbleibsel von damals noch Patronenhülsen in verschiedenen Größen gefunden. Die stehen nun als Dekoration im Gästebunker.

Mehr zur Geschichte

Wer mehr wissen will, fährt fünfzehn Minuten zum Artilleriewerk Schoenenbourg. Hier erfährt man bei einer Führung zum Beispiel, wie so eine Panzerkanone funktionierte. In den engen, dunklen Räumen waren einst 620 französische Soldaten stationiert. Sie zogen kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs ein und blieben 300 Tage – ohne die Betongewölbe mit Schlafräumen, Werkstätten, Küche und Lazarett zwischendurch verlassen zu können. Im Juni 1940 wurde das Artilleriewerk von den Deutschen stark bombardiert. Zwei französische Soldaten starben. Kurz darauf, am 22. Juni 1940, wurde beim Dorf Rethondes der Waffenstillstand unterzeichnet. Die Besatzung des Artilleriewerks kam in Kriegsgefangenschaft. Erst fünf Jahre später durften die Männer heimkehren.

Das alles scheint weit entfernt, wenn man heute auf der Terrasse vor dem Bunker in Rott sitzt. Von hier geht der Blick in die Ferne – bis zum Schwarzwald. Kaum zu glauben, was an diesem friedlichen Ort vor 80 Jahren während des Krieges geschehen ist.


Audio

Tour de Kultur: Übernachten in einem ehemaligen Vorposten der Maginot-Linie
Audio [SR 3, Stephanie Prochnow, 11.08.2022, Länge: 03:05 Min.]
Tour de Kultur: Übernachten in einem ehemaligen Vorposten der Maginot-Linie


Auf einen Blick


Kontakt
Au Bunker 67
Patricia und Fabien Walt
23, rue principale
F-67160 Rott
Tel.: (0033 6) 09 87 12 85
E-Mail:aubunker67@orange.fr
https://de-de.facebook.com/pages/ category/Travel-Company/Au-Bunker-67-1698671940400914/?form= MY01SV&OCID=MY01SV

Öffnungszeiten
März bis Oktober

Preise
Eine Übernachtung in dem Doppelzimmer mit Küchenecke inklusive Frühstück

  • unter der Woche: 75 Euro
  • an Wochenenden: 95 Euro


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 11.08.2022 auf SR 3 Saarlandwelle

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