Verfassung des Saarlandes (Foto: imago / Becker&Bredel)

Das Saarland hat eine „lebendige und moderne“ Verfassung

  08.11.2022 | 17:02 Uhr

Sie ist älter als die Bundesrepublik: Vor 75 Jahren wurde die saarländische Verfassung verabschiedet. Verfassungsgerichtshof-Präsident Roland Rixecker über Modernität, Aktualisierungsbedarf und Grenzen des Grundlagentextes der saarländischen Politik.

Als das Saarland seine erste Verfassung bekam, war der Zweite Weltkrieg gerade mal zwei Jahre her. Die Bundesrepublik war noch nicht gegründet, das Saarland stand unter französischer Besatzung.

Unter diesen Bedingungen verabschiedete die sogenannte Verfassungsgebende Versammlung aus gewählten Vertretern am 8. November 1947 die erste Fassung jenes Dokumentes, das auch 75 Jahre danach die Leitplanken der saarländischen Politik vorgibt und ein wichtiger Bestandteil der politischen Debatte ist.

Bereits die Ursprungsfassung von 1947 enthalte Formulierungen, die „ausgesprochen modern“ seien, sagt Roland Rixecker, Präsident des saarländischen Verfassungsgerichtshofs und ausgewiesener Experte für die saarländische Landesverfassung, im SR-Interview.

So sei in dem Text vorgegeben, dass Frauen und Männer für gleiche Arbeit gleichen Lohn erhalten. „Und wenn dort steht, dass Unternehmen der Daseinsvorsorge nicht privatwirtschaftlichem Nutzen unterworfen sein dürfen, und spezifisch auf die Energiewirtschaft Bezug genommen wird, so kommt uns das heute sehr, sehr aktuell vor.“

Größere Revision bei BRD-Beitritt

Im Laufe der Jahre wurde die Landesverfassung mehrmals angepasst. Eine grundlegende Revision gab es bereits zehn Jahre nach ihrer Verabschiedung vor dem Beitritt des Saarlandes zur BRD. Dabei wurden alle Bezüge zur Eingliederung in den französischen Wirtschaftsraum und auch die saarländische Staatsangehörigkeit aufgehoben, erläutert Rixecker.

Seitdem gab es mehrere Veränderungen und Erweiterungen. So wurde beispielsweise 1992 die Unterstützung „grenzüberschreitender Zusammenarbeit“ in Europa in die Verfassung aufgenommen, 2007 Kinderrechte, 2016 das sogenannte Konnexitätsprinzip zur Entlastung der Kommunen und 2019 eine Vorgabe zur Aufnahme neuer Kredite.

Rixecker mahnt zu Vorsicht bei Veränderungen

Das Thema Kreditaufnahmen spielt auch eine Rolle bei einem Vorschlag der die CDU für eine weitere Ausweitung der Landesverfassung. Im Zuge der SPD-Pläne zur Einrichtung eines schuldenfinanzierten Transformationsfonds kommt von der Union die Forderung nach einer neuen Klausel, die verhindern soll, dass die Investitionsquote im Kernhaushalt während der Laufzeit des Fonds sinkt.

Zur grundsätzlichen Frage nach den Grenzen der Veränderbarkeit der Landesverfassung sagt Rixecker, diese sei eine „lebendige Ordnung“, allerdings: „Eine Verfassung ist kein Parteiprogramm. Es ist eine Ordnung, auf die sich eine sehr große Mehrheit der gesetzgebenden Körperschaften verständigen muss.“

Dabei gehe es um Grundsätze und Regeln, die nicht nur innerhalb einer Wahlperiode, sondern dauerhaft gelten sollten. „Deshalb muss man vorsichtig sein, politische Forderungen zu übernehmen, die vielleicht doch sehr den Blick auf das Tagesgeschäft haben“, sagt der Präsident des saarländischen Verfassungsgerichtshofes.

Plädoyer für Präambel

Für eine gute Idee hielte Rixecker eine Erweiterung durch eine modernisierte Form jener Präambel, die im Zuge der Rückgliederung des Saarlandes aufgehoben wurde. Darin wurde das Saarland deklariert als „Brücke der Verständigung zwischen den Völkern“.

Ein Thema in der SR 2-Sendung Bilanz am Mittag vom 08.11.2022.

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