Ein Mann und eine Frau in einem Labor (Foto: SR/aktueller bericht)

Arzneimittelforschung im Saarland: Künstliche Intelligenz statt Tierversuche

Mit Informationen von Herbert Mangold   22.08.2023 | 21:12 Uhr

Die Suche nach neuen und passenden Wirkstoffen für Medikamente gestaltet sich oft schwierig und langatmig. Und häufig müssen dabei Tiere zu Versuchszwecken herhalten. Pharmazeuten und Informatiker im Saarland haben sich jetzt zusammengetan, um diesen Prozess zu erleichtern.

Das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und das CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit forschen zusammen daran, wie mit höherer Geschwindigkeit und einer geringeren Anzahl an Tierversuchen neue Wirkstoffe entdeckt werden können.

Dazu nutzen die Forscher neben künstlicher Intelligenz zum Beispiel Eier und Larven der Zebrafische. "Man mag es kaum glauben, aber diese Fische haben eine über 70-prozentige Übereinstimmung mit menschlichen Genen. Damit kann man sie sehr gut einsetzen in der Wirkstofferforschung", sagt Jonas Baumann, wissenschaftlicher Leiter Zebrafisch-Testung im HIPS.

"Wir nutzen die Embryonen als Tierversuchersatzmodell um damit Wirkstoffe zu testen, bevor wir sie letztendlich im Tierversuch mit der Ratte oder Maus testen."

Video [aktueller bericht, 22.08.2023, Länge: 2:59 Min.]
Arzneimittelforschung: Dank KI weniger Tierversuche?

Versuche müssen schnell gehen

Weniger Tierversuche – das ist das Ziel von Baumann. Nachdem die Fischeier befruchtet sind, kann der Forscher unter dem Mikroskop untersuchen, wie ein Stoff auf den Organismus wirkt. Eine mühsame und zeitaufwendige Arbeit, da die Entwicklung der Larven mit dem bloßen Auge oft nur schwer zu erkennen ist.

Der Versuch muss schnell gehen: "Zum einem deshalb, weil sich diese Embryonen innerhalb von 24 bis 48 Stunden zur Larve entwickeln – in dieser Zeit muss der Test durchgeführt sein", so Baumann. "Und außerdem aufgrund der vielen Wirkstoffe, die getestet werden müssen."

KI erkennt frühzeitig unwirksame Wirkstoffe

Auf diese Weise kamen die Forscher auf die Idee: Diese optische Kontrolle könnte ja eine sogenannte KI, eine künstliche Intelligenz übernehmen. So kooperieren jetzt das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und das Cispa Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit. Dabei soll die KI transparent arbeiten.

"Der Ansatz, den wir hier wählen, ist, dass wir der KI viele Beispiele zeigen und dass sie daran lernt zu erkennen, was die Entwicklungen von diesen Reihen sind, die abnormal sind und dementsprechend dann auch frühzeitig abgebrochen werden können", so Prof. Mario Fritz vom Cispa Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit.

Wenn alles klappt, kann die KI frühzeitig zeigen, welche Wirkstoffe funktionieren könnten. Und nur für diese Kandidaten sind dann Tierversuche notwendig.

Weniger Tierversuche zur Arzneimittelforschung

Im Jahr 2021 sind im Saarland 68.440 Tiere im Rahmen von Tierversuchen für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt oder getötet worden. Zu dieser Zahl kommt der Deutsche Tierschutzbund. 

"Langfristig erhoffen wir uns, dass wir ein Viertel bis ein Drittel der notwendigen Tierversuche umgehen können", sagt Jennifer Herrmann, Teamleiterin Biologie am HIPS.

Das Projekt ist eine Initiative des Helmholtz Medical Security, Privacy, and AI Research Center. Ziel ist es, IT-Sicherheit, Datenschutz und KI sowie Medizin zusammenzubringen, um neue Weg in der Forschung zu entwickeln.

Über dieses Thema hat auch der aktuelle bericht am 22.08.2023 im SR Fernsehen berichtet.


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