Sparmaßnahmen im Saarland (Foto: SR)

"Die Tendenz ist minimal positiv"

  15.12.2014 | 15:52 Uhr

Laut des aktuellen Konsolidierungschecks des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) zählt das Saarland in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung im Deutschlandvergleich weiter zu den Schlusslichtern. Im SR-Interview nennt Ralph Brügelmann, Haushalts- und Finanexperte des IW Köln, Gründe für die aktuelle Lage und mögliche Lösungsansätze.

Der Konsolidierungscheck des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hat die Haushalte der 16 Bundesländer genau geprüft. Aktuell würden demnach nur acht Bundesländer die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten. Vor allem das Saarland muss sein Ausgaben demnach drastisch reduzieren, um seinen Haushalt in den Griff zu bekommen. SR-Online hat mit Ralph Brügelmann, Haushalts- und Finanexperte des IW Köln, über die Lage des Saarlandes gesprochen.


SR-online: Wie schätzen Sie die aktuelle finanzielle Lage des Saarlandes ein?

Ralph Brügelmann: Das Saarland ist defizitär. Es ist natürlich so, dass das Saarland ein kleines Bundesland ist und wenn man es vergleichen möchte, muss man ganz klar sehen: Es hat pro Kopf ein sehr großes Defizit. Absolut gesehen natürlich nicht so sehr. Weil es ein kleines Bundesland ist, sind aber auch die Steuereinnahmen gering und das macht dann zudem auch ein strukturelles Defizit von 666 Millionen Euro.

Ralph Brügelmann (Foto: Ralph Brügelmann)
Ralph Brügelmann, Haushalts- und Finanexperte des IW Köln

ein strukturelles Defizit von 666 Millionen Euro.

SR-online: Welche Entwicklung hat das Saarland in den vergangenen Jahren genommen?

Ralph Brügelmann: Die Tendenz ist minimal positiv, das heißt das Saarland hat es bisher geschafft, die Bedingungen zu erfüllen um weiterhin Konsolidierungshilfen zu erhalten, die es vom Bund bekommt. Als die Schuldenbremse verfassungsmäßig verankert wurde, wurde gleichzeitig die Vereinbarung getroffen, dass fünf Bundesländer – dazu gehört auch das Saarland – vom Bund Konsolidierungshilfen erhalten, damit sie die Schuldenbremse 2020 besser einhalten können. Das sind fünf hochdefizitäre und hoch verschuldete Bundesländer. Diese Länder müssen für die Hilfen Bedingungen erfüllen. Und die Bedingung lautet, dass das strukturelle Defizit des Ausgangsjahres 2010 gleichmäßig bis 2020 zurückgeführt werden muss. Das haben sie bisher geschafft. Das ist das Minimum. Aber sie haben es so eben geschafft und man muss sich einfach fragen: Wie schaffen sie es in Zukunft? Das wird sehr schwer.

SR-online: Was ist das größte finanzielle Problem des Saarlandes?

Ralph Brügelmann: Ich befürchte es gibt nicht das eine Problem. Wir haben berechnet, dass das Saarland von seinen beeinflussbaren Primärausgaben fast 24 Prozent konsolidieren muss, um das Defizit auf Null abzubauen. Und das ist unter allen Bundesländern der mit Abstand höchste Wert. Und dann muss man natürlich als Bundesland, als Entscheidungsträger, sehr harte politische Entscheidungen treffen. Wen soll es treffen, wenn rund 24 Prozent der irgendwie gestaltbaren Ausgaben eingespart werden sollen? Und dazu zähle ich auch die Personalausgaben, die werden nicht außen vor bleiben können. Manchmal wird das kritisiert. Sie können niemanden entlassen, aber sie dürfen dann Stellen nicht neu besetzen.

das ist unter allen Bundesländern der mit Abstand höchste Wert.

Welche Gründe sehen Sie für die prekäre Situation im Saarland?

Ralph Brügelmann: Das Saarland war immer defizitär und man muss einfach sagen: Es ist ein Bundesland, was den Strukturwandel – zumindest wenn ich mir die finanziellen Zahlen anschaue – bisher nicht geschafft hat, leider. Es sind aber nicht nur die Altschulden, die immer genannt werden. Die belasten natürlich. Aber es ist auch ganz einfach so, dass aktuell zu sehr über die Verhältnisse gelebt wird. Es ist nicht durch konjunkturelle Einflüsse verursacht, sondern durch einen laufenden Haushalt, der den Einnahmen nicht angepasst ist – so klar muss man es sagen. Zudem wurde auf den Länderfinanzausgleich und auf Hilfen des Bundes gesetzt.

SR-online: Welche Schritte würden Sie dem Land jetzt empfehlen?

Ralph Brügelmann: Eine Variante ist, sich einen starken Partner zu suchen. Frau Kramp-Karrenbauer hat ja auch schon gewarnt, dass einige Bundesländer möglicherweise ihre Eigenständigkeit aufgeben müssten, wenn die Schuldenbremse weiter forciert wird. Die andere Variante ist wirklich den Haushalt durchforsten – ganz grundlegend. Aber ich muss offen zugeben: Das sind Dinge, die man von außen sehr schwer sehen kann. Am Ende muss man – wie bei einem Unternehmen – auch jeden Prozess untersuchen. Man muss schauen und vergleichen, wie ein besser strukturiertes, situiertes Land diese Ziele – wo kann man denn sparen? Ich bin nicht der Meinung, dass man jetzt die Daumenschrauben ansetzen muss und öffentlich Bedienstete unter Druck setzen muss, sondern man muss schauen, wie kann ich meine Verwaltungsprozesse so reformieren, dass die Leistungen mit einem geringeren Aufwand erbracht werden können.  

Da wage ich keine genaue Prognose.

SR-online: Rechnen Sie damit, dass das Saarland ab 2020 die Schuldenbremse einhalten wird?

Ralph Brügelmann: Da wage ich keine genaue Prognose. Das Saarland wird es schwer haben. Die Anstrengungen werden und müssen groß sein. Die Herausforderungen sind ebenfalls groß und es hängt sehr stark von den Rahmenbedingungen ab. Man hat ein bisschen Zeit schon verloren. Das heißt, man wusste schon seit 2009, dass die Schuldenbremse kommt. Der Einstieg ist zu zögerlich erfolgt in die Konsolidierung. Das rächt sich und genau vor dem Hintergrund wird auch beurteilt, welche zusätzlichen Hilfen das Land bekommt und welche Einschnitte nötig sein werden.

Das Interview führte Peter Sauer

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