Besichtigung im Wasserwerk, Dillingen (Foto: Hummel/SR)

Integration im Wasserturm

Kasia Hummel   10.10.2015 | 08:00 Uhr

Willkommen in Dillingen – so heißt die Initiative, die dabei helfen soll Flüchtlinge, die in Dillingen ankommen, in die Gesellschaft zu integrieren. Eine der Gründerinnen ist Petra Gansen. Bei ihrer Arbeit setzt sie vor allem auf das Miteinander von Einheimischen und Flüchtlingen.

15 Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer stehen vor dem Wasserturm bei den Wasserwerken in Dillingen und werden von Geschäftsführer Arno Minn begrüßt. Alle hören gespannt zu und sind neugierig auf das, was noch kommen soll. Geplant ist eine Besichtigung der Wasserwerke. „Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Flüchtlinge unser Leitungswasser für nicht trinkbar halten, haben wir beschlossen, aktiv zu werden und aufzuklären“, erklärt Gansen von der Initiative "Willkommen in Dillingen". Auf Einladung von Minn wurde deshalb eine Besichtigung organisiert und den Flüchtlingen angeboten.

„Unser Ziel war es, bei dem Treffen im Detail zu erläutern, wie das Wasser bei uns vor Ort aufbereitet wird“, sagt Menn. Nur so könne Vertrauen in die Qualität geschaffen werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die finanziellen Mittel der Flüchtlinge sehr begrenzt seien, sei es umso wichtiger, deutlich zu machen, dass sie die vorhandenen natürlichen Ressourcen nutzen können. Seit April dieses Jahres organisiert Gansen mit ihren Mitstreitern Veranstaltungen wie die Besichtigung der Wasserwerke, um die Integration der Flüchtlinge voranzubringen.

Initiative setzt vor allem auf ein Miteinander

Entstanden sei die Idee, als sich bereits abzeichnete, dass „etwas“ auf das Land zukomme. „Ich hatte das Bedürfnis, auf die Ereignisse im Land zu reagieren, und wollte helfen, so Gansen. Mit dieser Absicht hörte sie sich zunächst im Bekanntenkreis um. Schnell wurde klar, dass sie nicht die einzige war, die die Flüchtlinge unterstützen wollte. In Zusammenarbeit mit der Mitbegründerin Dagmar Heib entstand in kürzester Zeit ein E-Mail-Verteiler über den bis heute alles organisiert und koordiniert wird.

 (Foto: SR)
Der Dillinger Wasserturm

„Von Anfang an war allerdings klar, dass wir keinen Verein gründen wollen“, sagt Gansen. Dies wäre zum einen mit viel bürokratischem Aufwand verbunden gewesen, argumentiert Gansen. Zum anderen wollte man Bürger, die ihre Hilfe vor Ort anboten, zu nichts verpflichten. Sie sollten frei entscheiden, an welchen Veranstaltungen sie teilnehmen und an welchen nicht. Großen Wert legen die Ehrenamtlichen der Initiative vor allem auf ein „Miteinander“. Integration könne nur im Zusammenwirken von Helfern und Flüchtlingen vor Ort funktionieren, argumentiert Gansen.

„Wir haben uns die Situation angeschaut und wollten herausfinden, wo bei der Hilfe angesetzt werden sollte“, sagt Gansen. Dabei habe man festgestellt, dass die Flüchtlinge erst einen Anspruch auf einen Sprachkurs erhielten, wenn sie als Flüchtlinge anerkannt wurden. „Diese Lücke wollten wir schließen. Wir entschieden, mit der Hilfe von Lehrern, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, Deutschkurse anzubieten“, so Gansen. Zunächst sollte die Sprachbarriere wegfallen. Mittlerweile würden jeden Tag Deutschkurse angeboten.

Regelmäßige Willkommensabende sollen Kennenlernen erleichtern

Darüber hinaus gibt es regelmäßig Willkommensabende, die immer unterschiedlich gestaltet werden. So gab es bereits einen Spiele- und Kochabend. „Dabei sollen die Neulinge zum Beispiel die regionale Küche sowie das Land kennenlernen“, erklärt Gansen. Immer dabei: Bürger, die in den Augen von Gansen dafür sorgen wollen, dass die Flüchtlinge ankommen und sich zu Hause fühlen. Die Abende sollen aber auch ein Kennenlernen erleichtern und jedem einzelnen die Chance geben, sich zu engagieren.  

Engagement – das ist auch in den Wasserwerken immer präsent. So erzählt Elisabeth, dass für sie von Anfang an klar war, helfen zu wollen. „Mittlerweile betreue ich insgesamt sechs Schützlinge und habe auch meine Tochter für die ehrenamtliche Tätigkeit motivieren können.“ Es sei die Pflicht aller, den Menschen, die auf der Flucht in unser Land kommen, zu helfen. Man könne zumindest versuchen, ihnen den Neuanfang zu erleichtern.

Weil er genau weiß, wie schwierig es ist, seine Heimat aufzugeben und nochmal neu anzufangen, will auch Nashat helfen. Er kam als kleines Kind mit seinen Eltern aus Syrien nach Deutschland und bezeichnet den jetzigen Zustand in seiner alten Heimat als "furchterregend". Erst mit dem Architekturstudium angefangen, entschied er kurzerhand, das Studium für ein Jahr zu unterbrechen, um ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu machen. Seit längerem übersetzt er bereits bei Veranstaltungen der Initiative. Vom FSJ verspricht er sich die Möglichkeit, noch mehr Zeit in laufende Flüchtlingsprojekte investieren zu können und so noch mehr zu helfen.

Hilfe – ein Wort, das während der Besichtigung der Dillinger Wasserwerke nicht nur oft ausgesprochen, sondern auch gelebt wird. Es wird erklärt, übersetzt und auf die Flüchtlinge eingegangen. Am Schluss der Besichtigung sind die Ehrenamtlichen bereits bei der Planung der nächsten Aktion und tauschen während der Busfahrt zurück gemeinsam Ideen aus. Sie machen sich zum Beispiel Gedanken darüber, welche Sportvereine mit eingebunden werden könnten.

Dann entsteht kurz Hektik: Die Schwestern eines Flüchtlings können nicht von der Schule abgeholt werden. Das Problem ist dank der Initiative "Willkommen in Dillingen" aber schnell gelöst: Jemand erklärt sich bereit und fährt sofort mit zur Schule.

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