Immer weniger Schüler im Saarland besuchen den Religionsunterricht

Immer weniger Schüler im Saarland besuchen den Religionsunterricht

Kai Forst   19.05.2025 | 10:20 Uhr

Die Kirche ist in der Krise, seit Jahren verliert sie Mitglieder. Auch in den Schulen macht sich das bemerkbar. Denn der klassische Religionsunterricht im Saarland wird immer unbeliebter. Populärer wird hingegen das Fach Ethik.

Die Kirche ist in der Krise. Seit Jahren treten immer mehr Menschen aus und bringen damit ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck. Auch unter den Jüngeren verlieren die Glaubensrichtungen an Bedeutung. Das zeigt sich deutlich an den Schulen – auch im Saarland.

Denn der konfessionell gebundene Religionsunterricht wird dort immer unbeliebter. Wie das Bildungsministerium auf SR-Anfrage mitteilte, nehmen im laufenden Schuljahr 39.810 Schülerinnen und Schüler am katholischen Religionsunterricht und 13.501 am evangelischen Unterricht an saarländischen Schulen teil. Das sind 54 Prozent aller Schüler – also in etwa jedes zweite Schulkind.

Im Schuljahr 2014/2015 waren es noch 51.658 Schüler (katholisch) und 17.470 (evangelisch) – von damals rund 90.000 Schülern. Also ein Anteil von noch 77 Prozent.

Ethik immer beliebter

Gleichzeitig wird der Ethik-Unterricht im Saarland immer beliebter. Aktuell nehmen knapp 21.000 Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen im Saarland am Ethik-Unterricht teil. Vor zehn Jahren waren es mit 9400 noch deutlich weniger als die Hälfte.

Das Bistum Trier erklärte auf Anfrage, das abnehmende Interesse am Religionsunterricht spiegele gesellschaftliche Veränderungen wider, darunter eine zunehmende Säkularisierung, religiöse Pluralität und veränderte Bildungsprioritäten.

Die im Religionsunterricht behandelten Fragen würden jedoch nicht an Relevanz verlieren und blieben essenziell. "Der Religionsunterricht bleibt aus unserer Sicht ein unverzichtbarer Bestandteil schulischer Bildung. Er leistet einen wesentlichen Beitrag zur interreligiösen Verständigung", so eine Sprecherin.

Immer weniger Schüler im Saarland besuchen den Religionsunterricht
Audio [SR 3, (c) Kai Forst, 19.05.2025, Länge: 02:38 Min.]
Immer weniger Schüler im Saarland besuchen den Religionsunterricht
Die Kirche ist in der Krise, seit Jahren verliert sie Mitglieder. Auch in den Schulen macht sich das bemerkbar. Denn der klassische Religionsunterricht im Saarland wird immer unbeliebter. Populärer wird hingegen das Fach Ethik.

Ethik- oder Werterziehungsunterricht gefordert

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Saarland hält den klassischen Religionsunterricht, wie wir ihn seit Jahrzehnten kennen, mit Blick auf die aktuellen Zahlen indes für nicht mehr zeitgemäß. „Religion ist zwar nach wie vor ein relevanter Bestandteil in der Gesellschaft. Allerdings muss es dafür nicht zwingend einen eigenen bekenntnisorientierten Unterricht geben“, sagt der GEW-Landesvorsitzende Max Hewer.

Auch der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV) hält eine grundsätzliche Reform des Religionsunterrichts für sinnvoll. Religion spiele in vielen Familien keine große Rolle mehr. Immer mehr Eltern meldeten ihre Kinder vom Religionsunterricht in den Grundschulen ab, teilte der Verband dem SR mit.

Personelle Probleme in den Grundschulen

Und das stelle die Grundschulen vor personelle Probleme. Denn da es dort keinen Ersatz in Form von Ethik-Unterricht gebe, „wird die Gruppe derer, die zeitgleich anders unterrichtet bzw. betreut werden muss, immer größer“, so Brausch. Das stelle die Schulen vor personelle Probleme.

Der SLLV fordert daher, eine Alternative in Form von Ethik- oder Werterziehungsunterricht im Saarland bereits ab der ersten Klasse anzubieten. „Damit Kinder gemeinsam Weltoffenheit lernen und andere Religionen sowie Kulturen kennenlernen. Letztendlich verbinden alle Religionen doch ähnliche Werte", so der SLLV weiter.

Auch die GEW hält Ethik-Unterricht ab Klasse 1 für sinnvoll. Eine andere Möglichkeit ist laut Hewer ein gemeinsames Fach „Werteerziehung“, in dem die Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet würden. „Dadurch könnte man auch die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in Religions- und Ethik-Unterricht umgehen“.

Ethik-Unterricht ab Klasse 1?

Neben dem SLLV und der GEW könnte es sich auch die CDU-Fraktion im saarländischen Landtag Ethik-Unterricht in der Grundschule prinzipiell vorstellen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin, Jutta Schmitt-Lang, sagte dem SR man stehe klar zum konfessionellen Religionsunterricht und bedauere den Rückgang der Teilnahme.

„Gleichzeitig erkennen wir an, dass der Ethik-Unterricht an Bedeutung gewinnt und für viele Schülerinnen und Schüler eine Alternative darstellt. Dem Vorschlag, Ethik-Unterricht bereits ab Klasse 1 anzubieten, stehen wir grundsätzlich offen gegenüber – unter der Voraussetzung, dass dieser altersgerecht gestaltet wird und zusätzlich zum bestehenden Religionsunterricht erfolgt, nicht als Ersatz.“

Doch dass es mittelfristig dazu kommen könnte, ist unwahrscheinlich. Auf Anfrage teilte das Bildungsministerium mit: „Es ist derzeit nicht geplant, an saarländischen Grundschulen Ethik-Unterricht einzuführen.“

An einigen Grundschulen im Saarland werde aber bereits ein sogenannter konfessionell-kooperativenr Religionsunterricht (kokoRU) angeboten. Insgesamt nehmen derzeit laut Ministerium 2317 Schülerinen und Schüler teil. Katholische und evangelische Schüler werden dort gemeinsam unterrichtet.

Über dieses Thema haben auch die SR info Nachrichten im Radio am 19.05.2025 berichtet.


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