Ein Behindertenparkausweis liegt in einem Auto. (Foto: Imago/Action Pictures)

Langer Kampf um Parkausweis für Behinderte

Julia Berdin   26.10.2017 | 21:10 Uhr

Behörden im Saarland legen die Regeln für Behindertenparkausweise äußerst streng aus. Selbst wer zeitweise auf einen Rollstuhl angewiesen ist, bekommt dieses Merkzeichen unter Umständen nicht zuerkannt. Dabei ginge es laut Sozialverband VdK auch anders.

Die Saarländerin Ulrike Reichel hat einen jahrelangen Kampf um einen Behindertenparkausweis hinter sich. Trotz einer Nerven-Erkrankung, die die Gehfähigkeit massiv beeinflusst, bekam sie die Parkkarte zunächst nicht zugesprochen.

"Ich kann noch keine 100 Meter gehen, ohne dass mir das Bein weggeht", berichtet sie aus ihrem Alltag. Das Haus zu verlassen ist für Reichel daher jedes Mal ein Kraftakt. Zwar kann sie kürzere Strecken je nach Tagesform zu Fuß bewältigen, ist aber auf die Hilfe ihres Mannes angewiesen und zeitweise auch auf den Rollstuhl.

Hohe Hürden für Betroffene

Trotzdem erkannte ihr das Landesamt für Soziales das Merkzeichen "aG" für außergewöhnliche Gehbehinderung nicht an. Aber gerade dieses kleine Kürzel bestimmt maßgeblich darüber, ob ein Betroffener einen Behindertenparkausweis erhält oder nicht.

Ein "aG" zu bekommen, ist laut Sozialverband VdK für viele Betroffene überaus schwierig. "Die Hürden sind aus unserer Sicht sehr hoch", sagt VdK-Jurist Raphael Collet. Als Vergleichsmaßstab zur Vergabe des Merkzeichens diene der Doppelt-Oberschenkel-Amputierte. "Es wird immer geprüft: Ist der Zustand der Betroffenen vergleichbar mit einer Person, die eben an beiden Oberschenkeln amputiert ist", erklärt der Jurist.

Erfolg nach drei Jahren

Ulrike Reichel bekam nach drei Jahren doch einen Behinderten-Parkausweis zugesprochen. Aber nicht, weil sie zeitweise auf den Rollstuhl angewiesen ist, sondern wegen der Folgen einer Diabeteserkrankung: Im vergangenen Jahr kam zu der Geh- eine Sehbehinderung dazu. Sie ist fast blind, sieht nur noch schemenhaft und bekam deshalb den Ausweis.

Dabei lässt die deutsche Straßenverkehrsordnung Ausnahmeregelungen in den Ländern zu. Doch warum nutzt das Saarland diesen Spielraum nicht aus? Das Verkehrsministerium verweist aufs Sozialministerium. Das widerum hält sich auch nicht für zuständig. Man handele nach Bundesvorgaben, heißt es.

Ausnahmen möglich

"Das ist grundsätzlich richtig", bestätigt Collet vom VdK. "Es ist allerdings auch geregelt, dass die Länder auf eigene Initiative hin, noch zusätzliche Ausnahmen schaffen können." So könnten dann Betroffene, die kein Merkzeichen 'aG' haben, trotzdem etwa Behindertenparkplätze nutzen. "Und wir wünschen uns, dass das Saarland auch hier aktiv wird, und so wie andere Bundesländer vorher auch schon, diesen Spielraum nutzen."

Doch dazu wird zunächst einmal zu klären sein, wer hier überhaupt zuständig ist. So lange werden sich viele Betroffene in Geduld und Hartnäckigkeit üben müssen.

Über dieses Thema wurde im aktuellen bericht vom 26.10.2017 berichtet.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja