Pfadfinder üben den gelegten Mastwurf (Foto: Pasquale D'Angiolillo)

Allzeit bereit und Gut Pfad!

Jessica Becker   13.03.2016 | 11:32 Uhr

„Die gehen doch nur zelten“, gehört wohl zu den am weitesten verbreiteten Vorurteilen über Pfadfinder. Doch dass dazu wesentlich mehr gehört, beweist der Pfadfinderstamm „ScheidterHaufen“. Dort übernehmen bereits 16-Jährige leitende Aufgaben. Das kommt der Jugendarbeit des Saarbrücker Stadtteils zu Gute.

Nach dem erneuten Wintereinbruch ist es den ganzen Tag über kalt und grau. Doch gerade als sich die Sippe „eifrige Erdmännchen“ des 15-jährigen Carl Jung trifft, kommt die Sonne zwischen den Wolken zum Vorschein. Spontan wird der Plan für die Stunde etwas geändert und seine Sipplinge, die mit 9 bis 10 Jahren kaum jünger sind als er selbst, dürfen entscheiden, was nun draußen gespielt werden soll. Schnell werden sie sich einig: Fahnenklauen, Groß gegen Klein. Nach der zweiten Runde steht es 1:1 und das Spiel wird beendet. Gerade rechtzeitig, denn die Wolkendecke zieht sich langsam wieder zusammen. Deshalb geht die Sippe in die Hütte des Stammes. Seit das ehemalige Gemeindehaus verkauft worden ist, ist der Stamm in zwei Gartenhäuser hinter der evangelischen Kirche umgezogen.  

Mehr als nur zelten gehen

Die Scheidter Sippe beginnt diesmal ihre wöchentliche Sippenstunde mit einem Quiz über die Pfadfinderei. In zwei Teams stellen sich die Kinder den Fragen des zweiten Sippenführers Hendrik. Abkürzungen, Bezeichnungen für Zelte, Wissen über das Stufensystem des Verbands christlicher Pfadfinder und Pfadfinderinnen (VCP). All das und sogar die Schuhgröße des Gründers der Pfadfinder Robert Baden-Powell sind Fakten, die in den Köpfen des Nachwuchses bereits verankert sind. Letztlich gewinnt das Team um die 9-jährige Fleur. Sie kam über ihren Bruder zum Stamm. „Irgendwann habe ich mir das auch einmal angeguckt und dann hat mir das gefallen.“

Für den ScheidterHaufen steht an Christi Himmelfahrt das Landeslager (LaLa) des Landesverbands im pfälzischen Hauenstein auf dem Programm. Dort sollen bereits die Erdmännchen teilnehmen dürfen. Sie sind bis dahin alt genug. Damit die Zelte beim LaLa auch stehen bleiben, lernt die Gruppe in der Sippenstunde zwei neue Knoten – den gelegten Mastwurf und den Weberknoten. Geduldig erklärt Carl wie die Knoten gemacht werden müssen, bei Bedarf mehrmals, damit sie am Ende auch halten. Denn lösen sie sich, könnten die sogenannten Schwarzzelte zusammenbrechen. Sie sollen aber Wind und Wetter standhalten.

Spielerisches Lernen zum besseren Verständnis

Sippling Tim erzählt, dass die Sippenstunden nicht nur aus Knoten besteht: „Wir spielen oft in der Natur, lernen darüber was und haben sehr viel Spaß. An schlechten Tagen sind wir drinnen und spielen Spiele oder rätseln. Wenn wir draußen sind, toben wir und gehen in den Wald.“ Darüber hinaus lernen die Kinder spielerisch weitere Techniken wie zum Beispiel Feuer machen und die verschiedenen Zelte aufstellen.

Am Ende der Stunde sammelt sich die Gruppe wieder draußen auf der Wiese für den Abschlusskreis. Sie halten sich an den Händen und Sippenleiter Carl beginnt den Abschlussgruß: „Pfadfinderinnen und Pfadfinder seid bereit!“ Die Sippe schließt ab: „Allzeit bereit! Gut Pfad!“

Früh übt sich: Verantwortung übernehmen

Damit der Nachwuchs gefördert werden kann, sind bei den Scheidtern bereits 15-jährige Mitglieder ehrenamtlich an der Stammesführung beteiligt. Carl leitet in diesem Alter nicht nur die Sippe der „eifrigen Erdmännchen“ sondern auch zusammen mit Janusz Ehrlich und Maite Andersen den Stamm. Der 15-jährige Schüler kam etwas später als seine Freunde dazu: „Irgendwann waren quasi alle meine Freunde bei den Pfadfindern.“

So ist Carl seit etwa sieben Jahren beim ScheidterHaufen und trägt heute schon viel Verantwortung. Doch für ihn ist das kein Problem: „Ich möchte den Spaß, den ich selbst hatte, an die Kleinen weitergeben. Die Jugend lebt davon, dass sie von der Jugend geleitet wird.“ Dass diese Devise seit 32 Jahren in Scheidt funktioniert, bewies die Auszeichnung mit dem Ehrenamtspreis der evangelischen Kirche im Saarland Anfang des Jahres. Die Jury prämierte unter anderem, dass Jugendliche ab 13 Jahren, dem Eintrittsalter der Pfadfinderstufe, bereits Verantwortung tragen dürfen.

Hintergrund

Seit fast 100 Jahren gibt es in Deutschland die Pfadfinderbewegung, die aus England kam. Mittlerweile gibt es zahlreiche, unterschiedliche Verbände, auch im Saarland. Unter anderem die vier großen Verbände, die sich unter den Dächern des weiblichen Rings Deutscher Pfadfinderinnenverbände (RDP) und des männlichen Pendants Ring deutscher Pfadfinderverbände (RdP) organisieren. Die meisten Stämme zählt im Saarland die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) mit 19 Stämmen. Diese Pfadfinder gehören der katholischen Kirche an. Das weibliche Gegenstück ist die Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg (PSG), die mit einem Stamm in Wiesbach vertreten ist. Der VCP hat mit Scheidt und den Römern in Saarbrücken zwei saarländische Stämme. Außerdem gibt es den konfessionslosen Bund der deutschen Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) mit vier Stämmen. Seit mittlerweile elf Jahren führt auch der Christliche Pfadfinderbund Saar (CPS), der im Ring junger Bünde (RjB) organisiert ist, drei Stämme im Saarland.

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