„Ein bisschen weniger Diskriminierung ist immer noch Diskriminierung“

„Ein bisschen weniger Diskriminierung ist immer noch Diskriminierung“

Mit Informationen von Sarah Sassou   23.12.2023 | 17:52 Uhr

Queere Paare dürfen künftig in der katholischen Kirche gesegnet werden. Das hat der Vatikan Anfang der Woche verkündet. Der katholische Priester Wolfgang Rothe spricht im SR-Interview über diese Erlaubnis aus Rom – und erklärt, warum er trotzdem noch Diskriminierung gegenüber Homosexualität sieht.

Wenn katholische Priester homosexuelle Paare gesegnet haben, haben sie das bislang entgegen der Weisung des Vatikans getan. Seit Anfang der Woche gibt es jetzt die offizielle Erlaubnis aus Rom. Der Trierer Bischof Ackermann hat die Vatikan-Erklärung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare als "theologischen Durchbruch" bezeichnet. Dem Lesben- und Schwulenverband im Saarland hingegen geht sie nicht weit genug.

Ähnlich äußert sich der katholische Priester Wolfgang Rothe im SR-Interview. Er habe sich selbst schon länger dafür eingesetzt, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen und war trotzdem nach eigener Aussage „vollkommen überrascht“ von der Nachricht aus Rom.

„Nachdem es kaum drei Jahre zurückliegt, dass ein komplett gegenteiliges Signal aus dem Vatikan kam, war eine solche Kehrtwende in so kurzer Zeit nicht zu erwarten“, sagt er.

Laut Rothe "allenfalls ein Anfang"

Seiner Ansicht nach habe es großen Druck gegeben, die katholische Kirche moderner zu gestalten, vor allem von Gläubigen der westlichen Länder, auch aus Deutschland. „Ich denke, der Vatikan hat erkannt, dass einfach Handlungsbedarf besteht“, sagt Rothe.

Er selbst sehe die Entscheidung des Vatikans als „kleinen Schritt in die richtige Richtung“. Allerdings sei es noch „ein viel zu kleiner Schritt, der allenfalls ein Anfang sein kann“, so Rothe. „Ein bisschen weniger Diskriminierung ist halt immer noch Diskriminierung. Und das ist nach wie vor der Fall.“

Positive Resonanz aus eigener Gemeinde

Die Gläubigen in seinem Umfeld sind froh über diese Öffnung der Kirche „In meiner Gemeinde wurde diese Entscheidung mit großer Freude aufgenommen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen“, sagt Rothe. Er habe zuvor schon lange versucht, dieses Thema in die Gemeinde hineinzutragen und ein Problembewusstsein zu schaffen, dass Menschen diskriminiert werden.

„Es gibt in jeder Gemeinde eine ganze Menge Leute, die unter diesen Diskriminierungen leiden“, so Rothe. In seiner Gemeinde sei es seit langem Gang und Gäbe gewesen, dass solche Segensfeiern stattfinden und dass über dieses Thema auch ganz offen gesprochen werde.

Rothe hofft auf mehr Offenheit

In anderen Gemeinden sei man zuvor noch auf mehr Hürden gestoßen. Dadurch, dass es jetzt die offizielle Erlaubnis des Vatikans gibt, queere Paare zu segnen, erhofft sich Rothe auch bei anderen Geistlichen mehr Offenheit dafür.

Über dieses Thema hat auch die SR 2-Sendung "Religion und Welt" am 23.12.2023 berichtet.


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