Ein Bündel mit Umhüllungen für Glasfaserkabel hängt am Bildstockweg an einem Straßenschild. Im Hintergrund ist ein Wohnhaus zu sehen. (Foto: picture alliance/dpa | Uwe Anspach)

Für wen sich Glasfaser im Saarland lohnt

Thomas Braun und Axel Wagner   18.02.2022 | 16:42 Uhr

Glasfaser oder nicht Glasfaser – das fragen sich derzeit viele Saarländer, denn die Deutsche Glasfaser und die Telekom bauen das Glasfasernetz im Saarland auf und aus. Die Verbraucherzentrale rät dazu, das Angebot zu nutzen. Wir zeigen die Vorteile der Technik und erklären die Unterschiede.

Überblick

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Internet über Glasfaser - welche Vorteile hat das?

Eine Glasfaser ist eine dünne lange Faser, die aus Glas besteht. Die Daten werden darüber, anders als beim Kupferkabel (DSL, Kabelanschluss), nicht durch elektrische Impulse, sondern Lichtsignale übertragen. Das ermöglicht eine stabile Übertragung ohne Bandbreitenverluste. Das heißt, die maximale Internetgeschwindigkeit ist nicht mehr abhängig von der Entfernung zum Verteilerkasten des Netzbetreibers. Die Verbindung ist auch weniger störanfällig und abhörsicherer.

Darüber hinaus können über Glasfaser auch sehr große Datenmengen übertragen werden. Derzeit sind für Privatkunden ein Gigabit pro Sekunde möglich, für Geschäftskunden 100 Gbit/s. Potenziell können auch die aktuellen Glasfaserkabel Datendurchsätze im Terabit-Bereich erreichen, wie aktuelle Forschungen zeigen. Kurz: Es ist derzeit keine schnellere Übertragungstechnik bekannt. Hinzu kommt noch ein weiterer Unterschied: Bei Glasfaser sind die Upload-Geschwindigkeiten deutlich höher als bei Kupferkabel, Dateien lassen sich also schneller ins Netz hochladen.

Die Investition in einen Glasfaser-Hausanschluss ist eine einmalige. Weitere Tiefbauarbeiten sollen, so versprechen es die Netzbetreiber, auch bei der Aufrüstung auf höhere Geschwindigkeiten nicht mehr notwendig sein. Netzbetreiber bieten Glasfaseranschlüsse auch unter der Bezeichung FTTH an. Die Abkürzung steht für "Fiber to the home", also Glasfaser bis ins Haus.

Wozu brauche ich jetzt einen Glasfaseranschluss?

Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät dazu, das Angebot eines Glasfaseranschlusses (FTTH) möglichst gleich beim Erstausbau anzunehmen, auch wenn man die Datenraten jetzt vielleicht noch nicht benötigt. Jetzt sei der Anschluss noch kostenlos. Ein späterer Ausbau sei mit höheren Kosten verbunden, da die Tiefbauunternehmen dann extra anrücken müssten.

Hinzu kommt für Gundall: „Der Datenbedarf steigt eigentlich kontinuierlich.“ Eine Familie mit zwei älteren Kindern zum Beispiel komme bei einem 100 Mbit-Anschluss schon heute an ihre Belastungsgrenze, etwa wegen Streaming-Angeboten in ultrahochauflösendem UHD von Netflix, Amazon & Co. Kommende mögliche Dienste, zum Beispiel die Echtzeit-Analyse von Messwerten während der Videosprechstunde mit dem Hausarzt, verursachen ebenfalls riesige Datenmengen.

Was ist die Nachfragebündelung?

Bei der Nachfragebündelung prüft die Deutsche Glasfaser, ob sich der Ausbau in einem Gebiet rechnet. Damit ein Gebiet angeschlossen wird, müssen sich mindestens 40 Prozent der Haushalte für einen Glasfaseranschluss entscheiden, und das innerhalb der Phase der Nachfragebündelung.

Diese dauert in der Regel zwölf Wochen. Die Nachfragebündelung wird nur von der Deutschen Glasfaser durchgeführt. Energis arbeitet mit einer Mindestquote, von die das Unternehmen aber bei Bedarf abweichen kann. Bei der Deutschen Telekom können sich Glasfaser-Interessenten unabhängig davon registrieren lassen.

Was kostet ein Glasfaseranschluss?

Liegt das Haus nahe an der Straße (bis 20 Meter) und wird der Anschluss gleich beim Erstausbau des Netzes beauftragt, fallen für den Hauseigentümer in der Regel keine Anschlusskosten an. Bei späteren Ausbauten können zusätzliche Kosten anfallen.

Die Telekom etwa will in einem solchen Fall nach eigenen Angaben knapp 800 Euro pro Hausanschluss berechnen. Die Verbraucherzentrale geht hier sogar je nach Anbieter von 1000 bis 2000 Euro aus.

Nicht ganz so einfach ist die Situation, wenn das Haus weit von der Straße weg liegt, also etwa in zweiter Reihe gebaut ist. In den meisten Fällen muss ein gesonderter Vertrag für die Kabelverlegung auf privatem Grund geschlossen werden.

Nach Angaben der Deutschen Glasfaser ist entscheidend, ob das Haus selbst im Ausbaugebiet liegt. Das sei in den meisten Fällen so. Dann sei auch dieser Anschluss in der Erstausbauphase kostenlos.

Nicht das Teuerste nehmen

Die Verbraucherzentrale rät davon ab, bei einem Wechsel auf einen Glasfaseranschluss gleich den teuersten Vertrag abzuschließen. Für den Anfang reiche es aus, mit einem „kleinen“ Vertrag zu beginnen. Diese sind oft nur minimal teurer als bisherige VDSL- oder Kabelanschlüsse.

Außerdem, so Michael Gundall, könne man über Glasfaser je nach Vertrag auch ein Fernsehsignal empfangen. Ist der Glasfaseranschluss einmal gelegt, kann man problemlos auch auf einen Tarif mit höheren Datenraten wechseln.

Die Deutsche Glasfaser etwa bietet zwar alle Tarife im ersten Jahr für knapp 25 Euro pro Monat an. Wer jedoch gleich zu Anfang einen der „großen“ Tarife bucht, muss rechtzeitig wechseln, damit er ab dem 13. Monat nicht von hohen Kosten überrascht wird. Ab diesem Zeitpunkt kostet der Tarif mit 300 Mbit/s 45 Euro. Das steigert sich je nach Geschwindigkeit bis auf 90 Euro.

Bei der Telekom werden für die „kleinen“ Glasfaser-Tarife im ersten halben Jahr 20 Euro monatlich, danach zwischen 40 und 60 Euro fällig. Der 1 Gbit/s-Tarif schlägt von Anfang an mit knapp 80 Euro zu Buche.

Bei der VSE-Gruppe (Energis) werden in allen Tarifen in den ersten sechs Monaten knapp 20 Euro pro Monat fällig, danach bis zu 90 Euro.

Wie lange dauert es?

So schnell das neue Internet auch ist, der Anschluss kann auf sich warten lassen. Bis zu 18 Monate können zwischen der Beauftragung des Netzbetreibers durch den Kunden und dem Anschluss vergehen.

Denn erst wenn die Nachfragebündelung erfolgreich verlaufen ist, sich also genügend Interessierte gefunden haben, beginnt die Detailplanung für den Ausbau.

Alten Vertrag nicht selbst kündigen

Glasfaser-Neukunden sollten auch nicht gleich ihren alten Vertrag kündigen. Die Verbraucherzentrale rät hier, den neuen Betreiber mit der Kündigung des alten Vertrags zu beauftragen. Dadurch könne die Mitnahme der Rufnummer abgesichert werden, und falls im alten Vertrag noch eine Mindestvertragslaufzeit von bis zu zwölf Monaten besteht, berechne der neue Anbieter auch noch keine Gebühren.

Hinweis: Automatische Vertragsverlängerungen über zwölf Monate, wie sie bisher bei Internet- und Telefonanschlüssen üblich waren, sind gesetzlich nicht mehr erlaubt. Auch bestehende Verträge dürfen sich nur noch jeweils um einen Monat automatisch verlängern.

Muss ich im Haus etwas ändern?

Eine neue Netzwerkverkabelung im Haus ist nach Einschätzung von Michael Gundall von der Verbraucherzentrale in der Regel nicht notwendig, bestehende Netzwerkkabel reichen aus.

Bei Mehrfamilienhäusern mit Mietwohnungen können Vermieter eine neue Glasfaserverkabelung im Haus über das „Glasfaser-Bereitstellungsentgelt“ über die Nebenkostenabrechnung befristet auf die Mieter umlegen – maximal fünf Euro pro Monat für fünf Jahre.

Router mit eingebautem Modem nutzen

Glasfaser-Kunden sollten allerdings auf den Netzabschlusspunkt achten, also die Glasfaser-Dose im Keller. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, an der Anschlussdose einen Router mit eingebautem Glasfaser-Modem anzuschließen, zum Beispiel eines der Fritzbox-Modelle des Herstellers AVM.

Will ein Kunde einen solchen (eigenen) Router mit integriertem Modem nutzen, muss er das direkt bei der Beauftragung des Anschlusses angeben. Teilweise bieten die Netzbetreiber auch entsprechende Mietgeräte an.

Kritik an fehlender Geschwindigkeit

In Internetforen ist von einigen Glasfaser-Nutzern zu lesen, die Geschwindigkeit ihres neuen Anschlusses sei niedriger als die des alten. Michael Gundall von der Verbraucherzentrale vermutet hier eine Störung als Ursache. Das müsse individuell betrachtet werden. Auch die Deutsche Glasfaser bietet in solchen Fällen eine individuelle Fehlersuche zusammen mit dem Kunden an.

Hilft auch das nicht und bleibt die Geschwindigkeit unter dem, was vertraglich zugesichert ist, verweist Gundall auf das seit Dezember geltende Minderungsrecht. Nutzer können sich dann auf breitbandmessung.de ein kostenloses Programm herunterladen, um die geminderte Geschwindigkeit nachweisen zu können. Mit dieser Messung als Begründung können dann die Zahlungen an den Netzbetreiber gemindert werden.

Hintergrund: Glasfaser - keine neue Technologie

Neu ist die Idee der Glasfaser-Technologie nicht. Im April 1981 war die Technologie schon so weit entwickelt, dass die sozialliberale Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) alle alten Telefonleitungen der Bundespost ab 1985 durch Glasfaser ersetzen lassen wollte. Wäre dieser Plan durchgezogen worden, könnte die Bundesrepublik heute eines der besten Glasfasernetze der Welt haben.

Schmidts Nachfolger Helmut Kohl (CDU) stoppte die Pläne 1983 und setzte stattdessen auf den Ausbau von TV-Kabelanschlüssen. Heute gehört Deutschland beim Glasfaser-Ausbau weltweit zu den Schlusslichtern. Nur 5,4 Prozent der Breitband-Internetanschlüsse hierzulande sind laut einem Ländervergleich der OECD vom Dezember 2020 Glasfaser-Anschlüsse. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 30,6 Prozent, Spitzenreiter ist Südkorea mit 84,8 Prozent.

Ein Blick direkt über die Grenze macht den Rückstand umso deutlicher. Luxemburg kommt auf 50,2 Prozent Glasfaser-Anschlüsse, Frankreich auf 33,7 Prozent. In der Region Grand Est liegt die Glasfaser-Abdeckung schon heute mit wenigen Ausnahmen bei über 50 Prozent. Bis 2025 will Frankreich landesweit eine hundertprozentige Versorgung erreicht haben.


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